Eine Studie zeigt, dass Baden-Württemberg seine ambitionierten Klimaziele kaum erreichen kann. Bei der Landespressekonferenz erklärte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag, es sei "gut möglich", dass die Ziele nochmal überarbeitet werden. Einerseits müsse man grobe Ziele formulieren, so der Ministerpräsident. Aber das Problem sei, ob man die Instrumente habe, die Ziele auch durchzusetzen. Anfang Mai hatte Kretschmann eine Aufweichung der Ziele bereits in Aussicht gestellt, musste das damals aber auf den Druck seiner Partei hin zurücknehmen.
Heizungsgesetz sorgte für "steile Lernkurve"
"Wir haben eine steile Lernkurve hinter uns - wenn Sie an das Heizungsgesetz vom Habeck denken", gab Kretschmann zu. Künftig solle mehr darauf geachtet werden, ob man auch die Mittel habe, die jeweiligen Ziele zu erreichen. Die Ziele seien zudem auch im Hype rund um die Klimabewegung Fridays for Future entstanden. "Fridays for Future hat uns aber nicht die Instrumente an die Hand gegeben in ihrer Debatte", so Kretschmann.
Wie gut man Dinge durchsetzen kann, hänge auch immer von der Stimmung der Bevölkerung ab, so der Ministerpräsident und erklärte: "Uns bläst der Wind gerade voll ins Gesicht." Dafür seien aber auch Faktoren verantwortlich, für die man seiner Meinung nach nicht verantwortlich gemacht werden könne. "Das marode Schienennetz stammt doch nicht von uns", so Kretschmann. Andere Krisen habe man beim Abschluss des Koalitionsvertrags noch nicht wissen können, wie beispielsweise den Ukrainekrieg. In der Folge sind die Energiepreise in Deutschland stark gestiegen.
BW verfehlt Klimaziele im Verkehrssektor wohl deutlich
Insbesondere der Verkehrssektor in Baden-Württemberg droht die gesteckten Ziele weit zu verfehlen. Bis 2030 will Baden-Württemberg hier den CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken im Vergleich zum Jahr 1990. Laut einem Bericht für das Landesumweltministerium, an dem das Fraunhofer-Institut in Karlsruhe und das Öko-Institut in Freiburg beteiligt waren, verpasst das einzige von den Grünen geführte Bundesland auch das Ziel, im Jahr 2040 gar keine Emissionen mehr auszustoßen. Laut der Studie ist lediglich ein Minus von 67 Prozent zu erwarten.
Das führt Kretschmann auf die lahmende Nachfrage bei der E-Mobilität zurück. Schnelle Erfolge seien nur möglich, wenn man beim Individualverkehr ansetze und nicht durch andere Maßnahmen. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) sei ein "träges System". Das zeige in seinen Augen auch die Montagabend gestartete Sanierung der Riedbahnstrecke zwischen Mannheim und Frankfurt: "Was das schon für Kosten verursacht und wie lange das dauert."
Klare Ansage von Umweltforschern Klimaziele in BW kurz vor Scheitern - hartes Gegensteuern nötig
Grüne und CDU wollten Baden-Württemberg zum Klimaschutzland Nummer eins machen. Und schraubten die Klimaziele nach oben. Doch die sind in weite Ferne gerückt.
An der Elektrifizierung des Autoverkehrs führt in Kretschmanns Augen daher kein Weg vorbei. Das könne man auf Landesebene aber nur bedingt beeinflussen. Immerhin - die Ladeinfrastruktur im Land sei unter anderem aufgrund der Investitionen der EnBW in Schnell-Ladestationen auf einem guten Weg, so der Ministerpräsident. Auch Maßnahmen vom Bund, wie die Verbesserung der Abschreibung bei Elektro-Dienstwagen, würden helfen. Debatten um ein Aus vom Verbrenner-Aus seien allerdings wenig hilfreich.
Weltweite Flaute bei E-Auto-Produktion
Aus der weltweiten Flaute bei der E-Auto-Produktion müsse man wieder herauskommen. In anderen Bereichen, sagte Kretschmann, "haben wir unsere Hausaufgaben absolut gemacht". So seien die Ziele bei der Photovoltaik übererfüllt. Zudem habe seine Regierung die Genehmigungszeit bei Windkraftanlagen um den Faktor 10 verkürzt - von durchschnittlich sieben Jahren auf weniger als sechs Monate. Allerdings stockt auch hier der weitere Ausbau. Ursache dafür sind unter anderem Lieferkettenprobleme, aber auch Zurückhaltung bei den Investoren.
Für die Zukunft sieht Kretschmann die Erweiterung des Emissionshandels auf den Verkehrssektor eine Möglichkeit, den Zielvorgaben doch noch näher zu kommen.