Professor aus Karlsruhe war schon mit "Titan" auf dem Weg zur Titanic

Alexander Waibel im Interview: "Es ist eine Tragödie, die sich vor unseren Augen abspielt"

Stand
Onlinefassung
Mirka Tiede
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro
Autor/in
Matthias Stauss
Ein Bild von Matthias Stauss

Fünf Personen sind an Bord des verschollenen Tauchboots "Titan". Ein Professor vom KIT in Karlsruhe war mit einem der Vermissten schon zu Forschungszwecken beim Wrack der Titanic.

Seit Sonntag ist das Tauchboot "Titan" des Unternehmens OceanGate Expeditions verschollen. An Bord sind fünf Menschen. Alexander Waibel ist Professor am KIT in Karlsruhe. Er war letztes Jahr zu Forschungszwecken in der "Titan" bei der Titanic. SWR Aktuell-Reporter Matthias Stauss hat mit dem Forscher gesprochen. 

Hier gibt es das Interview zum Nachhören:

SWR Aktuell, Matthias Stauss: Herr Waibel, Sie verfolgen die große Suchaktion, die jetzt schon seit Tagen läuft. Langsam läuft den Vermissten, aber auch den Helfern die Zeit davon, weil der Sauerstoff knapp wird. Was geht gerade emotional in Ihnen vor?

Alexander Waibel: Unwahrscheinlich deprimierend. Es ist eine Tragödie, die sich vor unseren Augen abspielt. Ich kenne zwei der Wissenschaftler, die dort in dem Boot sind. Mit denen bin ich zusammen auch in diese Tiefen abgetaucht.

Die Tiefen sind so enorm, sodass eben auch die Rettungsmöglichkeiten sehr erschwert sind. Und der Druck ist so gigantisch, dass ein Aussteigen oder Umsteigen natürlich außer Frage ist.

SWR Aktuell: Das Tauchboot mit den Vermissten ist sehr klein. Sie waren selber drin. Kurz zusammengefasst: Wie sieht es darin aus?

Alexander Waibel: Grundsätzlich ist es eigentlich sehr angenehm. Man fährt runter und erzählt sich Sachen. Zwei Stunden geht es nach unten. Und dann fängt eigentlich der Besuch und das Explorieren des Bodens an. Es ist hochinteressant, sowohl von der Flora und Fauna als auch das Wrack zu besichtigen.

SWR Aktuell: Aber wie sieht das Tauchboot selber aus? Wie sieht es da drin aus?

Alexander Waibel: Wir sind in einem kleinen eingeschränkten Raum - fünf Personen passen rein. Man hat ein bisschen was zu Essen dabei. Man sitzt auf dem Boden. Es gibt also keine Stühle oder so, sondern ein relativ engen Raum. Aber eigentlich ist es ganz passabel und für die Tauchfahrt ist das möglich.

Es wird sehr kalt, wenn man nach unten kommt, weil dort in der Tiefe nicht mehr dieselben Temperaturen sind wie oben. Oben muss man wegen der Wärme kühl angezogen sein und unten warme Kleidung dabei haben.

SWR Aktuell: Sie sprechen es an, in 4000 Meter Tiefe ist es kühl, dunkel und eng. Können sie noch mal das Gefühl beschreiben, was Sie hatten, als Sie da unten waren?

Alexander Waibel:  Für uns war das Begeisterung. Wir sehen den Boden. Wir sehen die Titanic. Wir erleben die forscherischen Sachen. Wir testen unsere Experimente. Wir machen unsere forscherische Mission. Man denkt da eigentlich nicht über Gefahren nach, sondern führt das aus.

Wenn man sich nun aber eine Notsituation vorstellt, zum Beispiel wenn der Strom weg wäre, dann ist es da dunkel und kalt und man sieht gar nichts. Und das wäre ziemlich deprimierend und unwahrscheinlich schwer, sich vorzustellen.

Am Abend war Waibel auch bei SWR Aktuell zugeschaltet. Das Gespräch mit Moderatorin Stephanie Haiber können Sie hier ansehen:

SWR Aktuell: Jetzt wird viel über mögliche Mängel diskutiert, die an diesem Boot sein könnten. Haben Sie bei ihrer Fahrt irgendwelche Mängel festgestellt?

Alexander Waibel: Nein. Die strukturelle Stärke des Bootes wird jedes Mal geprüft. Da sind zwölf verschiedene Sensoren, die das sogar während der Tauchfahrt testen. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, als Alternativen wieder einen Aufstieg durchzuführen, falls so eine Notsituation ausgelöst werden sollte.

Die Manövrierfähigkeit des Bootes ist eigentlich gut durchdacht. Im Großen und Ganzen hat man sich schon sehr viel dabei gedacht. Aber es gibt nicht viele Boote, die so was überhaupt in der Tiefe tun, sodass ein Risiko immer da ist.

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