Neue Stolpersteine in Karlsruhe

Max und Valentin Billmann - wegen Homosexualität verfolgt und in den Suizid getrieben

Stand
Autor/in
Markus Volk
Markus Volk, Reporter und Redakteur im SWR Studio Karlsruhe

Über 300 Stolpersteine erinnern in Karlsruhe an Opfer des Nationalsozialismus. Bisher gab es nur einen für eine wegen Homosexualität verfolgte Person. Jetzt gibt es zwei weitere.

Max und Valentin Billmann stammten aus einer einfachen Karlsruher Arbeiterfamilie. Beide wurden nur 29 Jahre alt. Beide waren homosexuell und wurden aus diesem Grund von den Nazis verfolgt.

Ein verhängnisvoller Brief

Die Brüder wurden in Karlsruhe geboren, Valentin am 25. Dezember 1906 und Max am 19. November 1907. Sie hatten drei ältere Geschwister. Sonst ist nicht viel über ihre Kindheit und Jugend bekannt. Von den beiden Brüdern gibt es keine Fotos. Ein verhängnisvoller Brief brachte vor allem den jüngeren Bruder Max Billmann in große Schwierigkeiten:

"Lieber Max, als der Zug aus Karlsruhe weggefahren ist, habe ich gewusst, dass ich in Karlsruhe mein Herz verloren habe."

Während der Verfolgung von Homosexuellen im Jahr 1936 in Karlsruhe wurde ein zwei Jahre alter Liebesbrief von Max Glass bei Max Billmann gefunden. Beide wurden daraufhin verhaftet.

Von den Nazis beobachtet

Und auch Valentin scheint zu dieser Zeit unter der Beobachtung der Polizei in Karlsruhe gewesen zu sein, wie diese schriftlich festhielt:

"Bei Billmann scheint in seiner Veranlagung erbliche Belastung vorzuliegen. Der Onkel des Billmann wurde wiederholt wegen widernatürlicher Unzucht bestraft. Auch der hier wohnende Valentin Billmann ist homosexuell veranlagt."

Valentin wurde nicht verhaftet oder verurteilt. Sein Bruder Max saß dagegen zuerst in Untersuchungshaft und musste anschließend für fünf Monate ins Gefängnis. Als verurteilter "Sittlichkeitsverbrecher" wurde einen Tag nach der Verhandlung der Name und Wohnort von Max in der Zeitung veröffentlicht.

Der Tod des jüngeren Bruders

Während Max im Gefängnis saß, scheint der Druck und die Angst bei Valentin immer größer geworden zu sein. Er sah bei seinem Bruder und seinem Onkel die Strafen, die für Homosexualität verhängt werden. Ob es auch ein Ermittlungsverfahren gegen Valentin gab, kann heute nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden.

Am 10. Dezember 1936 wurde Valentin tot in seiner Wohnung in der Kaiserstraße in Karlsruhe aufgefunden. Dass sein Tod am selben Tag durch die Staatsanwaltschaft als eingestelltes Ermittlungsverfahren gemeldet wurde, weist auf einen Suizid hin. Valentin Billmann wurde 29 Jahre alt.

Stolperstein für Valentin Billmann, der für seine Homosexualität verfolgt wurde und sich das Leben nahm

Max Billmann kommt aus dem Gefängnis

Als Max im Januar 1937 aus dem Gefängnis entlassen wurde, war der Bruder bereits tot. Max erfuhr zu diesem Zeitpunkt, dass sein Onkel zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und vermutlich auch, dass er in ein Konzentrationslager deportiert wurde.

Am 14. September, nur wenige Monate nach Valentin, starb auch Max. Auch sein Tod wird wenige Tage später durch die Staatsanwaltschaft gemeldet, allerdings starb er im Karlsruher Krankenhaus. Es ist laut mehrerer Forscher anzunehmen, dass er versuchte, sich das Leben zu nehmen und an den Folgen im Krankenhaus verstarb. Auch Max Billmann wurde 29 Jahre alt.

Stolperstein Max Billmann, der für seine Homosexualität verfolgt und verurteilt wurde

Die Stolpersteine in Karlsruhe

Die zwei Stolpersteine, die in Karlsruhe für Max und Valentin Billmann eingelassen werden, gehen auf die Forschungen von Jürgen Wenke zurück. Mit seiner Initiative "Stolpersteine Homosexuelle" erforscht er vor allem die oft eher wenig beachteten Fälle von verfolgten Homosexuellen.

Zusammen mit den beiden für die Brüder Billmann gibt es jetzt insgesamt drei Stolpersteine für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus in Karlsruhe. Es gab aber deutlich mehr Fälle in Karlsruhe: in den Jahren 1937 und 1938 sind fast 600 Anklagen aufgrund des Paragrafen 175 in Karlsruhe aufgezeichnet. Der Paragraf 175 bestrafte sexuelle Handlungen zwischen Männern.

Jürgen Wenke, der die Geschichten von homosexuellen im Nationalsozialismus erforscht
Jürgen Wenke vor der Viktoriastraße 7, dem letzten Wohnort von Max Billmann.

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