Die Sitzplätze im Gemeindesaal von Pforzheim Hohenwart sind alle besetzt. "So voll war es hier noch nie", murmeln die Besucherinnen und Besucher. Mehr als 50 Menschen sind am Mittwochabend zur Ortschaftsratssitzung in Hohenwart gekommen. Nach dem Tod von drei Mädchen am Aussichtsturm "Hohe Warte" ist das Interesse in der Bevölkerung sehr groß - und der Gesprächsbedarf.
Um 19:30 Uhr beginnt die Sitzung mit einer Schweigeminute für die drei Mädchen. Sie waren Ende November am Aussichtsturm "Hohe Warte" ums Leben gekommen. Und dann: Baubürgermeister Tobias Volle (parteilos) beginnt mit seinem Bericht über einen neuen Vereinsraum und den Ausbau des Kindergartens. Die Menschen im Saal hören still zu.
Nach Tod von Mädchen in Pforzheim: Turm soll abgesichert werden
Unter dem Tagesordnungspunkt fünf "Bekanntgaben / Berichterstattungen" kommt das Thema zur Sprache, auf das die Menschen dort warten. Ortsvorsteher Siegbert Morlock berichtet: Anfang Februar soll es eine Veranstaltung in Hohenwart geben, auf der verschiedene Lösungen zur Absicherung des Turms vorgestellt werden. Aktuell prüft eine Firma im Auftrag des Baudezernats, wie der Aussichtsturm in Hohenwart abgesichert werden soll. Bis Sicherungsmaßnahmen angebaut sind, soll der Turm geschlossen bleiben. Ein Raunen geht durch die Menge der Zuschauerinnen und Zuschauer.
Anschließend haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, Fragen an den Gemeinderat und Bürgermeister Volle zu stellen. Hier wird klar, wie sehr die Gerüchte die Menschen verunsichert haben. Ein Mann fragt: "Ich habe gehört, der Turm soll abgerissen werden. Stimmt das?" Die Reaktion der Menge: laute Rufe und allgemeine Aufregung. Als wieder Ruhe eingekehrt ist, erklärt der Baubürgermeister: Ein klares Nein, ein Abriss wird nicht als mögliche Lösung geprüft.
Gerüchte verunsichern Menschen in Hohenwart nach Tod von drei Mädchen
Die Bürgerinnen und Bürger haben Gesprächsbedarf, aber einen wirklichen Austausch oder Antworten gibt es kaum in dieser Sitzung. So gibt es auch keine Reaktion auf die zweite Wortmeldung in der Runde: "Die Menschen aus Hohenwart meiden den Turm, ihr Wahrzeichen, aus Angst, dort jemanden tot zu finden." Ortsvorsteher Morlock möchte Anja Hoffmann vom Arbeitskreis Leben zu Wort kommen lassen, wird jedoch aus dem Publikum unterbrochen.
"Wie kommen Gerüchte über Suizidzahlen zustande?", will eine Frau wissen. Ortsvorsteher Morlock ruft zur Ordnung auf. Wie die Gerüchte zustande kommen, könne er auch nicht erklären. Die kursierende Zahl sei laut Polizei und Staatsanwaltschaft auf jeden Fall falsch und zu hoch. Konkrete Zahlen habe die Verwaltung aber auch nicht.
Später wird klar: Viele Menschen aus Hohenwart werfen der Stadt in diesem Hinblick schlechte Kommunikation vor. Sie hätten sich eine klare Positionierung der Stadt gewünscht. Und klare Aussagen zu den Gerüchten, die im Umlauf sind.
Arbeitskreis Leben: Absicherung von Turm in Pforzheim sinnvoll
Dann spricht Anja Hoffmann vom Arbeitskreis Leben. Bei ihrer Arbeit hat sie oft mit Suiziden und Suizidprävention zu tun. Sie hält eine Absicherung des Turms für sinnvoll, auch wenn damit nicht alle Todesfälle verhindert werden können, erklärt sie.
"Wird das Turmfest weiterhin stattfinden?" Die nächste Frage betrifft das eigentlich beliebte Fest am Aussichtsturm "Hohe Warte". Der Ortsvorsteher reagiert mit Unverständnis: "Das müssen Sie die Veranstalter fragen." Die Gemeinde habe da keinen Einfluss darauf.
Abschließend kommt die Frage auf, warum jetzt erst über eine Absicherung nachgedacht wurde. Es sei nicht der erste Todesfall am Turm gewesen. "Die Verwaltung tut so, als ob niemand weiß, wie viele da immer sterben", ruft eine Frau. Die Sicherung hätte schon viel früher stattfinden müssen. Die Stadt erinnert: Jetzt würde er ja abgesichert.
Nach dem Zwischenruf: "Jeder ist einer zu viel" und dem darauf folgenden Applaus beendet Ortsvorsteher Morlock den öffentlichen Teil der Ortschaftsratssitzung. Die Besucherinnen und Besucher verlassen das Gemeindezentrum. Vor den Türen diskutieren sie weiter. Viele zeigen sich enttäuscht, dass keine richtige Aussprache stattgefunden habe. Die Menschen machen sich Sorgen, erzählen sie. Um ihre Kinder, um ihre Nachbarn und um ihre Freunde.