Enz, Nagold, Murg, der Rhein - die Flüsse der Region waren jahrhundertelang wichtige Transportwege. Über sie brachten Flößer das Holz aus dem Schwarzwald dorthin, wo es gebraucht wurde - in Holland zum Beispiel. Vor etwa 100 Jahren starb das Handwerk aus - seither halten nur noch historische Vereine und Museen die Erinnerung an diesen einst so wichtigen Wirtschaftszweig wach, wie etwa das Flößermuseum in Bad Wildbad-Calmbach (Landkreis Calw) im Nordschwarzwald.
Von Krempen, Wieden und Gestöhren
Das obere Enztal vor 200 Jahren: die Blütezeit der Flößerei. Ganze Hänge werden abgeholzt, um den gewaltigen Hunger in den Städten nach Bauholz zu stillen. Über hölzerne Rutschen sausen die Stämme ins Tal, wo sie in den sogenannten Einbindestuben zu Gestöhren zusammen genagelt werden. Mehrere Gestöhre bilden schließlich das 100 bis 150 Meter lange Floß.
Zusammengehalten wird es von Wieden - quasi die Lebensversicherung der Flößer. Wie reißfest die Wieden waren, auch das kann Wolfgang Plappert im Calmbacher Flößermuseum zeigen. Beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT), erzählt er, hab man einmal eine Zugbelastung gemacht. Dabei sei nicht die Wieder kaputt gegangen, sondern die Maschine, die sie testen sollte.
Das Museum hat zahlreiche weitere Zeugnisse der Flößerei im Oberen Enztal zusammengetragen. So sind Floßmodelle zu sehen, aber auch Kefen, Krempen und Wendehaken - die wichtigsten Werkzeuge der Flößer, mit denen das Floß manövriert wurde.
Einträglicher, aber lebensgefährlicher Job
Immer im Frühjahr starten die Floßfahrten. Über Enz und Neckar geht es meist bis nach Mannheim. Eine nicht ungefährliche Reise, wie Stefan Bengs von der Flößergilde Calmbach schon häufig auf selbst gebauten Floßen erfahren hat.
Ein echter Knochenjob sei das, erzählt er. Gerade das Durchfahren von Stellfallen und Wehren ist für meist vierköpfige Besatzungen eine heikle Aufgabe. Hier mussten die Flößer aufpassen, nicht vom Floß zu fallen. Zahlreiche Todesfälle seien belegt, weiß Museumsführer Plappert.
Holländische Städte auf Schwarzwälder Holz gebaut
Auf dem Rhein angelangt, werden mehrere Flöße zu hunderte Meter langen Kapitalflößen zusammengebunden – und weiter geht die Fahrt bis nach Holland. Auf den Baustellen Amsterdams etwa wartet man schon ungeduldig auf Nachschub. Dort wurde im sumpfigen Gelände gebaut, wozu man viele tausend Holzpfähle benötigte. „Die Holländer waren gierig nach dem Schwarzwälder Holz“, erzählt Plappert.
Und die Flößer, die machen sich mit gefülltem Geldsäckel auf zurück in die Heimat. Wenn sie die Einnahmen auf der langen Rückreise zu Fuß, per Kutsche oder später mit der Eisenbahn, nicht in den Kneipen entlang der Strecke ließen - zum Ärger der zu Hause wartenden Ehefrauen, wie Wolfgang Plappert erzählt.
Flößerei bringt Wohlstand in die Schwarzwaldtäler
Auch das kleine Calmbach lebte jahrhundertelang recht gut von der Holzwirtschaft. Von den weniger als 500 Bewohnern, die der Ort um 1800 hatte, habe jeder dritte hier sein Geld verdient. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten, so Plappert, seien in Calmbach mehr als zehn Sägemühlen in Betrieb gewesen.
Auch das Museum selbst zeugt vom einstigen Wohlstand. Es ist im sogenannten Goßweiler-Haus untergebracht, einem stattlichen Fachwerkhaus. Es gehörte dem Holzhändler Johann Philipp Goßweiler, einem der reichsten Bewohner des Enztals.
Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes verschwindet die Flößerei. 1913 fährt auf der Enz das letzte Floß. Traditionsvereine wie in Calmbach, Unterreichenbach oder Altensteig halten die Erinnerungen an die Flößerzeit wach. Und auch die Unesco-Liste trage jetzt dazu bei, dass dieser alte Beruf nicht in Vergessenheit gerate, freut sich Hobby-Flößer Bengs.