Helma Hofmeister-Jakubeit hat vor 28 Jahren das "Offene Tor" in Ettlingen ins Leben gerufen. "Bei der Frau Hofmeister-Jakubeit war es damals ein persönlicher Schicksalsschlag, weil sie ihren Mann verloren hatte", erzählt Christopher Bühl. Er ist selbst als Helfer fast seit Anfang an mit dabei. "Sie sagte sich damals, sie möchte nicht von ihren Kindern aus falschen Fürsorgegründen herumgereicht werden, sondern was Eigenes auf die Beine stellen."
Beim "Offenen Tor" in Ettlingen sind alle willkommen
Seitdem hat sich das "Offene Tor" an Heiligabend kaum verändert. Pünktlich um 17 Uhr werden die großen, schweren Holzflügel der "Scheune" des Diakonischen Werkes Ettlingen geöffnet. Insgesamt kämen knapp 100 Menschen zum gemeinsamen Essen, Kaffee und Kuchen, dem gemütlichen Beisammensein und zum Weihnachtslieder singen, erzählt Christopher Bühl. Alle sind willkommen. Es gibt nur eine Einschränkung: "Wenn wir zu voll sind, dann müssen wir auch mal das offene Tor schließen", sagt Christopher Bühl.
In manchen Jahren bilde sich sogar schon um 16:30 Uhr eine Schlange vor der Tür. "Das sind oftmals die Stammgäste, die wieder ihre Vorjahresplätze einnehmen wollen." Laut Christopher Bühl sind etwa 60 Prozent der Menschen, die an Heiligabend kommen, Stammgäste. "Die möchten gerne zusammen an einem Tisch sitzen."
Christopher Bühl: Kleine Dinge bleiben besonders hängen
Auch bei Christopher Bühl wurde der Weg zum "Offenen Tor" durch eine persönliche Entwicklung angestoßen. "Die Frage ist immer: Wie verbringt man den Heiligabend in einer intakten guten Familie oder wenn man dann alleine ist, was macht man da? Und da hat sich das einfach mal ergeben", sagt der ehrenamtliche Helfer. Zunächst half Christopher Bühl beim Fahrdienst für Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen aus dem Altersheim. Inzwischen leitet er moderativ durch den Abend.
In all der Zeit erinnert sich Christopher Bühl vor allem an die kleinen Dinge gerne. "Das sind Menschen, die etwas angespannt ankamen. Sich dann im Laufe des Abends entspannt haben. Ganz fröhliche Gesichter bekommen und das dann bei der Verabschiedung einfach herübergebracht haben, teilweise mit Freudentränen in den Augen, vielleicht auch wegen ihres eigenen Schicksals. Diese Dankbarkeit ist bei vielen ganz stark herübergekommen", erinnert sich Christopher Bühl.
Der engagierte Helfer schätzt nicht nur die offene Atmosphäre des "Offenen Tors", sondern auch die Vielzahl an schönen spontanen Momenten. "Eine Spanierin, gefühlt 1,55 Meter groß, konnte nur wenig Deutsch und sie hatte über viele Jahre, als sie bei uns hier noch Gast war, immer wieder darauf gedrängt, das spanische Weihnachtslied 'Feliz Navidad' vortragen zu dürfen. Und das kam einfach bei allen Gästen super an", freut sich Christopher Bühl.
Neue Familientradition zu Weihnachten
Luna Markgraf ist dieses Jahr zum ersten Mal als Helferin dabei. Sie und ihre Familie wollen an den Feiertagen mit einer neuen Tradition beginnen, weil sie die vergangenen Feste immer bei ihrer Oma verbracht haben, die in diesem Jahr verstorben ist. "Und dann wollten wir dieses Weihnachten nicht zu Hause sitzen und nichts machen", erzählt Luna Markgraf.
Ihre Oma hätte im benachbarten Hospiz wohnen sollen. So sind sie und ihre Familie auf die Diakonie Ettlingen und das "Offene Tor" aufmerksam geworden. Jeder von ihnen packt bei der Veranstaltung im Vorfeld jetzt mit an. "Mein Vater und meine Schwester sind da und helfen ein bisschen, wenn Hilfe gebraucht ist. Meine Mutter hilft dann noch am 24.12.."
"Es sollte mehr von diesen besonderen Angeboten geben"
Beate Rashedi hält in der Vorplanung alles zusammen. Die Dienststellenleiterin der Diakonie Ettlingen arbeitet seit 25 Jahren in dem Werk. Sie organisiert die Treffen der Helfer. Kümmert sich darum, dass alles bereitgestellt wird und schreibt die Einsatzpläne für den Abend. Am Abend selbst ist sie nur am Anfang da. Danach feiert sie mit ihrer eigenen Familie, hält sich aber jederzeit für den Abruf bereit.
Als Beraterin beim Diakonischen Werk Ettlingen schickt sie Leute, die sonst alleine wären, zur Veranstaltung. "Es freut mich immer, wenn ich im Nachhinein erzählt bekomme, dass die Menschen das wahrgenommen haben und beim nächsten Termin dann begeistert davon erzählen, dass es sich auf den Weg gemacht haben. Es ist erst einmal immer ein bisschen Wagnis", weiß Beate Rashedi.
Bei der Veranstaltung geht es der Diakonie darum, den Menschen Herberge zu geben, gerade an diesem besonderen Tag. "Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Einrichtungen seitens Kirche oder anderer Stellen, die das ganze Jahr über für Menschen da sind, den Mut haben, so ein Angebot an einem besonderen Tag anzubieten. Nicht nur jetzt an Weihnachten, sondern zum Beispiel auch an Ostern", so Beate Rashedi.