Der Protest der Kommunen im Land formiert sich: Gegen die drohende Schließung von mehreren Notfallpraxen in Baden-Württemberg wollen Vertreterinnen und Vertreter aller betroffenen Kommunen am Montag nach Stuttgart fahren. Busse kommen dann auch aus Ettlingen (Kreis Karlsruhe) und Calw. In der Landeshauptstadt will die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ihr reduziertes Standortkonzept bekanntgeben. Dagegen wollen die Städte protestieren.
Calwer OB Kling: "Pläne der KVBW absolute Frechheit"
Um die Schließungspläne der Kassenärztlichen Vereinigung zu stoppen, hat der Calwer Oberbürgermeister Florian Kling (SPD) den Gang vor den Kadi angekündigt. Im Gespräch mit dem SWR bezeichnete Kling die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg als eine "absolute Frechheit". Das Vorgehen der KVBW entbehre jeder demokratischen Grundlage. Die Politik werde einfach ignoriert, so Kling.
Enttäuscht äußerte sich der Oberbürgermeister auch über die Haltung von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Lucha. Es sei sehr wohl Aufgabe der Gerichte, die Absichten der Kassenärztlichen Vereinigung zu überprüfen. Dafür seien Gerichte doch da, so Kling. Auch der Calwer OB bezweifelt, dass die KV ihrem gesetzlichen Versorgungsauftrag noch gerecht wird.
17 Notfallpraxen in BW stehen auf der Kippe: Bürgermeister wehren sich
Die geplante Neustrukturierung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes könnte erneut das Aus für mehrere Notfallpraxen in Baden-Württemberg bedeuten. Nach SWR-Informationen sind 17 Standorte von der drohenden Schließung betroffen - darunter Ettlingen, Calw, Achern (Ortenaukreis) und Neuenbürg (Enzkreis).
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus Baden-Württemberg protestierten bereits am Donnerstag in einem Brief gegen die geplante Schließung der Notfallpraxen und übten darin auch Kritik an Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne).
Minister Lucha hält Pläne für rechtens Schließung von Notfallpraxen in BW: Bürgermeister wehren sich - Ärzte fordern Notfall-Gipfel
In einem Brief an BW-Gesundheitsminister Lucha wehren sich Bürgermeister gegen die Schließung der Notfallpraxen. Der Marburger Bund fordert nun einen Austausch aller Beteiligten.
Landräte: Wird die KV ihrem Auftrag noch gerecht?
Unterdessen haben auch 18 Landräte aus ganz Baden-Württemberg einen gemeinsamen Protestappell an das Sozialministerium und an Minister Lucha gerichtet. Die Landräte melden grundsätzliche Zweifel daran an, dass die KVBW überhaupt noch ihrem gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung nachkommt. Die zweite Streichrunde innerhalb eines Jahres sei der falsche Weg und stelle eine unkoordinierte Schwächung der Versorgung dar, heißt es in dem Schreiben der Landräte an Minister Lucha.
Medizinische Versorgung auf dem Land in Gefahr? Weiter Kritik an geplanten Schließungen von Notfallpraxen in BW
Baden-Württembergs Minister für den ländlichen Raum, Peter Hauk, sieht die medizinische Versorgung auf dem Land gefährdet. Er fordert Gesundheitsminister Lucha zum Handeln auf.
Die KVBW beziehe die Auswirkungen ihrer Maßnahmen auf die Notaufnahmen der Krankenhäuser und auf die Rettungsdienste nicht in ihre Überlegungen ein. Darüber hinaus würden Entscheidungen getroffen, ohne die für die Notfallversorgung mitverantwortliche Politik vor Ort zu beteiligen. Anstelle einer immer weiter gehenden Ausdünnung müsse das Ziel eine sinnvolle Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung sein, schreiben die Landräte. Der Brief ist unter anderem vom Karlsruher Landrat Christoph Schnaudiegel, dem Enzkreis-Landrat Bastian Rosenau und von Landrat Helmut Riegger aus dem Landkreis Calw unterzeichnet.