Gegen Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung

Notfallpraxen in BW: Bürgermeister wehren sich gegen Schließungen

Stand

In einem Brief an BW-Gesundheitsminister Lucha wehren sich 18 Bürgermeister gegen die Schließung der Notfallpraxen. Lucha sieht keine rechtliche Möglichkeit einzuschreiten.

Nach der Ankündigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW), weitere Notfallpraxen in Baden-Württemberg nicht mehr zu öffnen oder zu schließen, gibt es nun Gegenwehr. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der betroffenen Kommunen haben sich in einem Brief an BW-Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) gewandt.

Bürgermeister kritisieren Schließung von Notfallpraxen in BW

"Das bisher von der KVBW im stillen Kämmerlein entwickelte Konzept ist seit der Vorstellung bei einem Abgeordnetenfrühstück bekannt. Ganz offensichtlich wurden aber auch die Abgeordneten vor vollendete Tatsachen gestellt", heißt es in dem gemeinsamen Brief, der dem SWR vorliegt. Und weiter: "Dies und die Kriterien, mit welchen die KVBW etablierte Strukturen zerschlagen will, sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar und gesamtpolitisch alarmierend."

Von Gesundheitsminister Lucha fordern sie zudem, sich jetzt rasch der Sache anzunehmen und nicht länger zuzusehen, wie die KVBW den ärztlichen Bereitschaftsdienst in den Städten und Gemeinden "an die Wand" fahre.

BW-Minister sieht keine rechtliche Handhabe

Minister Lucha weist dies zurück. "Die Rechtsaufsicht kann nicht einfach so etwas stoppen", sagte er einer Mitteilung zufolge. Mit entsprechenden Forderungen würden wider besseres Wissen in der Bevölkerung Erwartungen geschürt, "die jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren". So gebe es etwa keine konkreten Hilfsfristen und auch keine Vorgaben zur Erreichbarkeit von Bereitschaftspraxen. 

Gesundheitsminister Lucha teilte zudem mit, er habe die KVBW bereits vor Monaten darauf hingewiesen, dass dort, wo ein Angebot wegfallen werde, gute Alternativen entstehen müssten. Konkret sollten an den verbleibenden Standorten zusätzliche Kapazitäten aufgebaut, das telemedizinische Angebot massiv ausgebaut und ausreichende Kapazitäten für den Fahrdienst geschaffen werden.

17 Notfallpraxen in BW sollen geschlossen werden

Anlass der Kritik sind Pläne der KVBW, die Zahl der Notfallpraxen in Baden-Württemberg weiter zu verringern. Dabei geht es um 17 Notfallpraxen im Land. Weil zudem auch die Stadt Tettnang (Kreis Ravensburg) fürchtet, dass die dortige Notfallpraxis geschlossen werden könnte, haben den Brief 18 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister unterzeichnet. Acht Praxen hatte die KVBW bereits im Laufe des Jahres dauerhaft geschlossen.

 

Schließung der Notfallpraxen: Kritik an neuer Regelung für Erreichbarkeit

Eine Regelung, die von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern scharf kritisiert wird, bezieht sich auf die Fahrtzeit zu den Notfallpraxen. So sollen Informationen der Deutschen Presse-Agentur zufolge künftig mindestens 95 Prozent der Menschen im Land innerhalb von einer halben Stunde Fahrtzeit eine entsprechende Notfallpraxis erreichen können. Der Rest soll innerhalb von 45 Minuten vor Ort sein.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kritisieren diese Regelung scharf. Man wisse, dass die KVBW dieses Kriterium nur nachweisen könne, wenn der
Weg mit dem Auto und ohne Verkehrsbeeinträchtigungen zurückgelegt werde. "Dies ist eine massive Benachteiligung der älteren und wenig begüterten Bevölkerungsteile, die kein Auto (mehr) haben", heißt es in dem Schreiben an Lucha.

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Die Fahrzeit müsse auch für den öffentlichen Nahverkehr gelten: "Denn wir
sind uns doch sicher einig, dass Notfallversorgung nicht nur für
Autofahrer, sondern auch für Menschen ohne Kfz funktionieren muss."

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