Wer in Ispringen im Enzkreis eine Wohnung oder ein Haus sucht, hat es schwer. Die bekannten Immobilienportale spucken bei Mietwohnungen null bis zwei Ergebnisse aus. Will man ein Haus kaufen, ist die Auswahl ein wenig größer. Das Dorf Ispringen mit knapp über 6.000 Einwohnern hat laut Bürgermeister Thomas Zeilmeier kaum Leerstand auf dem Markt. Ein Neubaugebiet soll wieder mehr Angebote auf den Immobilienmarkt bringen.
Neubaugebiet am Rande von Ispringen - hier rumort es
Vögel zwitschern, die ersten Schneeglöckchen und Krokusse blühen und kündigen den Frühling an - hier auf dem Gebiet "Weglanden" sollen bald die Bagger rollen. Die rund sieben Hektar große Fläche am Rand von Ispringen soll zum Neubaugebiet werden. Über 70 Prozent der Fläche bestehen aus Ackerland von Landwirten. Der Rest sind Wiese und Gärten.
Immer öfter sieht man hier aber auch Menschen, die demonstrieren und Plakate anbringen. Eine Bürgerinitiative gegen das Neubaugebiet hat sich gegründet. "Stopp Weglanden" fordert einen Bürgerentscheid.
Bürgermeister: Brauchen junge Menschen in Ispringen
Ispringen ist mit einem Durchschnittsalter von 45,6 Jahren eine der ältesten Gemeinden im Enzkreis. Bürgermeister Zeilmeier sieht hier große Probleme in der wirtschaftlichen Zukunft der Kommune. Um langfristig zum Erhalt der Arbeitsplätze oder zum Erhalt der wirtschaftlichen, kulturellen und auch sozialen Infrastruktur beizutragen, sei es immer besser, wenn man eine altersgemischte Bevölkerung habe, erklärt er.
Dass Menschen, die am Ispringer Ortsrand wohnen, auch wirklich ihren Lebensmittelpunkt in die Gemeinde verlegen, bezweifelt Sybilla Hemsing-Lutzeier von der Bürgerinitiative. Sie selbst habe lang keinen Anschluss gefunden in Ispringen.
Befragung der Bürger über die Zukunft der Gemeinde
Dass jetzt ein Neubaugebiet entsteht, sei auch Wunsch der Bürgerinnen und Bürger. Für das Entwicklungskonzept wurden Menschen aus Ispringen gefragt, was sie sich für ihre Gemeinde in Zukunft wünschen. Und da stand neuer Wohnraum ganz oben. Auch wenn sich die Befragung zu Beginn der Corona-Pandemie schwierig war, wie Bürgermeister Zeilmeier berichtet.
Bürgerentscheid gefordert: "Stopp Weglanden" will das Neubaugebiet verhindern
Für Sybilla Hemsing-Lutzeier von "Stopp Weglanden" reicht diese Bürgerbefragung nicht aus. Die Bürgerinitiative will die Entscheidung des Gemeinderats für das Neubaugebiet nicht akzeptieren und alle Ispringerinnen und Ispringer befragen.
Ein weiterer Grund sei, dass eine Fraktion für das Neubaugebiet gestimmt hat, obwohl sie im Wahlkampf vor fünf Jahren noch mit dem Gegenteil geworben hatte.
Ältere Menschen sollen Wohnraum frei geben und sich verkleinern
Auch für die Beschaffung von neuem Wohnraum in Ispringen hat die Bürgerinitiative andere Ideen: So will sie die schon bestehenden Häuser und Bauflächen füllen, die aktuell leer stehen. Ihr Argument: Durch den demografischen Wandel, also die Tatsache, dass es immer mehr ältere und weniger junge Menschen gibt, würden auf absehbare Zeit mehr Häuser frei werden. Hier müsse die Gemeinde mehr Möglichkeiten schaffen, dass ältere Menschen, die allein in großen Häusern leben, sich verkleinern und ihre Häuser an junge Familien vermieten oder verkaufen.
Naturschutz als Argument beim Streit um Neubaugebiet
Ein weiteres Argument der Gegner des Neubaugebiets: Obwohl die Ackerflächen Monokulturen sind, würden dort viele Tiere leben, die in einer versiegelten Fläche wie einem Wohngebiet keinen Lebensraum mehr finden würden.
Ispringens Bürgermeister sieht neuen Bürgerentscheid kritisch
Bürgermeister Zeilmeier argumentiert, dass ein erstes Gutachten wenig Probleme beim Naturschutz gezeigt habe. Weitere Gutachten in diese Richtung würden gemacht werden, wenn die endgültige Entscheidung für oder gegen ein Neubaugebiet gefallen sei.
Auch bei dem Ansatz, dass ältere Menschen ihren Wohnraum für jüngere freigeben könnten, zeigt sich der Bürgermeister skeptisch. Laut Zeilmeier sei das in Ispringen aktuell nicht oft möglich, da keine kleineren Wohnungen leer stehen würden. Sein Ziel im Neubaugebiet: eine Mischbebauung mit betreutem Wohnen, Mehrfamilienhäusern und Einfamilienhäusern.
Genügend Unterschriften - Bürgerentscheid kommt am 9. Juni
Mehr als 600 Unterschriften hat die Bürgerinitiative inzwischen gesammelt. Nur knapp über 300 wären notwendig gewesen bei einer Gemeinde mit 6.000 Einwohnern und rund 4.000 Wahlberechtigten.
Der Gemeinderat hat die Unterschriften geprüft und einem Bürgerentscheid in der Gemeinderatsitzung am 7. März zugestimmt. Laut Gesetz ist die Gemeinde verpflichtet, den Bürgerentscheid innerhalb der nächsten vier Monate durchzuführen. Der Gemeinderat hat einstimmig entschieden: Der Bürgerentscheid über das Neubaugebiet soll am 9. Juni, gemeinsam mit der Europawahl und den Kommunalwahlen, stattfinden.