Drei Jahre ist es her: Da verabschiedete der Gesetzgeber das "Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität". Schon damals war es ein Ziel der Politik, Amts- und Mandatsträger besser zu schützen – gegen Angriffe, vor allem von Rechtsextremisten, im Internet und in der analogen Welt. Das Strafgesetzbuch wurde ergänzt oder geändert. Neue Absätze und Halbsätze kamen hinzu. Im Mittelpunkt der Änderungen standen die Paragrafen zur Beleidigung, Verleumdung und Bedrohung von Personen des politischen Lebens. Genau diese Paragrafen will die Politik auch jetzt wieder verschärfen, jetzt da sich im Wahlkampf brutale Angriffe auf Politikerinnen und Politiker häufen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser weist darauf hin, dass die Zahl der Angriffe auf Mandatsträger 2023 im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent gestiegen sei. Zu Recht spricht sie von einer "Eskalation antidemokratischer Gewalt".
Mehr Geld für die Justiz oder schärfere Gesetze
Schärfere Gesetze und daraufhin eine "Eskalation der Gewalt": Aber spricht das nicht gegen das Rezept, mit schärferen Strafgesetzen, den gesellschaftlichen Frieden wiederherstellen zu wollen? Schon bei den letzten Gesetzesverschärfungen warnte der Deutsche Richterbund: Allein um die neuen Gesetze gegen Hasskriminalität effektiv durchzusetzen, bräuchte die Justiz bundesweit mindestens 400 zusätzliche Richterinnen und Staatsanwälte. Und es ist überzeugend, wenn Konstantin Kuhle von der FPD jetzt anmerkt: Genug Polizeibeamte vor Ort und eine gut ausgestattete Justiz seien wirkungsvoller als neue Paragrafen.
Härtere Strafen – dennoch ein wichtiges Symbol
Dennoch finde ich, dass es wichtig ist, dass die Politik jetzt prüft, Gesetze zum Schutz von Amts- und Mandatsträgern zu verschärfen und Strafbarkeitslücken zu schließen. Gesetze sind an sich wichtig, auch wenn es mit ihrer Durchsetzung Probleme gibt. Denn Gesetze haben eine symbolische Wirkung. Gerade beim Strafrecht spricht man davon, dass die Gesellschaft mit dem Strafrecht einen Konsens ausformuliert, was überhaupt nicht geht im sozialen Zusammenleben. Und ein Regelwerk, das symbolisch abschrecken und so Straftaten verhindern soll. Dass Gewalt im politischen Raum überhaupt nicht geht, dieser Konsens wird aktuell rücksichtslos attackiert, und zwar von rechts außen. Es war der Nazi-Jurist Carl Schmitt, der die Politik definiert hatte als einen Kampf von Freund und Feind. Rechtsradikale und Rechtspopulisten definieren heute ihre politischen Strategien nach diesem Vorbild. Die Macht muss her, um jeden Preis. Dass zum Preis des so verstandenen politischen Kampfes auch Menschenleben gehören, muss seit dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke jedem klar sein. In seinem Fall war es eine gerade Linie, die vom Hass, den Rechtsextreme und AfD-Politiker geschürt hatten, zum Mord führte. Diese Logik der Gewalt ist in deutschen Debatten und auf deutschen Straßen angekommen. Eine Logik, die jetzt unbedingt durchbrochen werden muss. Mit schärferen Gesetzen, auch wenn sie vor allem symbolisch wirken.