Im vergangenen Jahr ist in Baden-Württemberg gegen fast hundert Polizisten wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus ermittelt worden. 94 Beamte seien betroffen gewesen, gegen 49 von ihnen seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden, teilte das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Gegen weitere zwölf Beschäftigte werde aktuell ein Disziplinarverfahren geprüft oder vorbereitet.
In einem Fall sei ein Beamter entlassen worden, in einem anderen sei ein Entlassungsverfahren eingeleitet worden. Mangels Beweislast oder wegen Verjährungsfristen sei in 31 Fällen kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
Hitler-Bilder oder hetzerische Inhalte in Chatgruppen geteilt
Der Verdacht gegen die 94 Beamten bezieht sich laut einer Sprecherin auf 26 Fälle. Der überwiegende Anteil stehe im Zusammenhang mit Äußerungen oder Mitgliedschaften in Chatgruppen, so das Innenministerium weiter. Vorgeworfen werde den Beamten etwa, nicht aktiv gegen das Einstellen extremistischer Bilder vorgegangen zu sein.
Im Jahr 2021 seien gegen 31 Polizistinnen und Polizisten Disziplinarverfahren wegen des Rechtsextremismus-Verdachts eingeleitet worden. Mit verantwortlich für den deutlichen Anstieg der Zahl unter Verdacht geratenen Beamten und Beamtinnen ist ein Polizei-Skandal, der im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit geraten ist. Bei diversen Polizeipräsidien in Baden-Württemberg waren Chatgruppen aufgeflogen, in denen unter anderem Hitler-Bilder oder hetzerische Inhalte geteilt worden waren. Mindestens zehn Präsidien und Einrichtungen der Polizei waren betroffen. 70 Beamte waren als Teilnehmer der Chats identifiziert worden.
Verschärfung des Landesdisziplinargesetzes im Gespräch
Polizei und Innenministerium hatten Aufklärung versprochen. "In der Polizei Baden-Württemberg gilt eine klare Null-Toleranz-Strategie gegenüber jedem Gebrauch eines verfassungsfeindlichen Symbols, gegen jedes extremistische, rassistische, diskriminierende und antisemitische Vergehen", hatte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) gesagt.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Oliver Hildenbrand, forderte in jedem einzelnen Fall eine eindeutige Antwort und klare Konsequenzen. Die Grünen setzten sich für eine Verschärfung des Landesdisziplinargesetzes ein. Demnach soll der Diensteid künftig um eine explizite Abgrenzung vom Nationalsozialismus ergänzt und das Verbreiten von rechtsextremistischen Inhalten als schweres Dienstvergehen gewertet werden.