Gebäude in Schutt und Asche, tausende Tote - der Angriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 hat das Stadtbild und vor allem die Menschen in Heilbronn verändert. Rund 60 Prozent der Stadt wurden bei dem Luftangriff der britischen Royal Air Force zerstört, über 6.500 Menschen verloren ihr Leben. Noch heute, 80 Jahre später, prägt dieses Ereignis die Stadt. Seit 1945 wird der Toten gedacht - am Mittwoch ist der 80. Jahrestag.
Auch den historischen Stadtkern mit damals vielen Fachwerkhäusern hat Heilbronn im Bombenhagel und Feuersturm in dieser Nacht verloren. Heute noch sind die Spuren an Heilbronns Architektur sichtbar. Schnell wurde der Stadtkern nach dem Krieg wieder aufgebaut, um Wohn- und Geschäftsräume zu schaffen. Historische Gebäude aus den vergangenen Jahrhunderten sind kaum erhalten, nur einzelne Gebäude wie das Rathaus wurden wieder aufgebaut. Baustile aus unterschiedlichen Jahrzehnten der Nachkriegszeit bestimmen heute das Stadtbild.
Immer weniger Zeitzeugen leben in Heilbronn
Noch immer leben Menschen in Heilbronn, die in dieser Nacht Familie, Freunde oder Bekannte verloren haben. Einer der Überlebenden ist Hans Müller, er saß als Achtjähriger in einem Keller etwas außerhalb des Stadtkerns, als die Flieger mit den Bomben kamen. Müller, ehemaliger Leiter des Sozial- und Jugendamtes Heilbronn, ist in der Stadt aufgewachsen. Achtzig Jahre später erinnert er sich im SWR-Interview an die Nacht und die Zeit um den 4. Dezember.
Die Bombennacht begann wie viele andere, die Sirenen waren längst Alltag. Wieviel schlimmer der Angriff am 4. Dezember über Heilbronn hereinbrach, wurde vielen, so auch Müller, erst in den Tagen und Wochen danach bewusst. An die Nacht selbst kann er sich kaum erinnern, mit Schwester und Mutter verbrachte er sie im Keller des Wohnhauses. Ob er Angst hatte, weiß er heute nicht mehr - so viel aber: Neben seiner Mutter hat er sich wohl sicher gefühlt. Andere Nächte seien schlimmer gewesen, erzählt er. Als eine Bombe in der Nachbarschaft einschlug beispielsweise, bebte das ganze Haus.
Menschen, die er kannte, starben bei dem Bombenangriff
Das Ausmaß des Angriffs wurde Müller erst später bewusst: Dass es in der Bombennacht viele Opfer gab. Menschen, die Müller kannte, waren gestorben. Dass die ganze Stadt, sein Zuhause, in Schutt und Asche lag.
Momentan leben noch rund 1.200 über 90-Jährige in der Stadt, heißt es von der Stadtverwaltung. 23 Menschen sind über 100 Jahre alt, wobei nicht alle zwangsläufig auch damals in Heilbronn waren. Es gibt noch rund 7.500 Menschen, die zwischen 80 und 89 Jahre alt sind.
Aufwendige Forschung: Stadtarchivar hat Heilbronner Geschichte "geschrieben"
Als eines der wichtigsten Ereignisse in Heilbronn ist der verheerende Angriff auf die Stadt auch Teil der Ausstellung über die Heilbronner Stadtgeschichte im Stadtarchiv. Der ehemalige Leiter Christhard Schrenk hat über Jahrzehnte die Geschichtsschreibung und die Forschung zu den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg mit vorangetrieben. Insbesondere zur Bombennacht und dem anschließenden verheerenden Feuer am 4. Dezember hat Schrenk geforscht.
Dabei hat er auch maßgeblich dazu beigetragen, Aufklärungsarbeit zu betreiben und Mythen zu widerlegen. Mit seinem Team hat er schon vor Jahrzehnten begonnen, auch internationale Quellen zu untersuchen. Aus britischen Militärunterlagen wird beispielsweise ersichtlich, wie akribisch der Angriff auf Heilbronn geplant und ausgeführt wurde.
Militärisches Geschick der Briten statt rachsüchtigem "Bombenkarle"
In Heilbronn gab es lange Zeit die Erzählung, dass der sogenannte "Bombenkarle" ein Heilbronner Jude war, der sich an der Stadt rächen wollte und mit großer Ortskenntnis die Bomben besonders präzise platzierte. Tatsächlich, so ergaben die Nachforschungen, waren es das militärische Geschick und die technische Ausrüstung der Briten, die die zielgenauen Angriffe ermöglichten.
Gedenktag mit vielen Veranstaltungen
Zum 80. Jahrestag des Angriffs wurde in Heilbronn mit mehreren Veranstaltungen der Toten gedacht und an die Bombennacht erinnert, unter anderem auf dem Ehrenfriedhof im Köpfertal. Die Ansprachen hielten Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) und Prälat Ralf Albrecht, das Schlussgebet sprach Dekan Roland Rossnagel. In der Ehrenhalle am Rathaus weiht Oberbürgermeister Harry Mergel die neue Inschrift zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Im Museum im Deutschhof öffnet am Mittwoch die Ausstellung "Gewalt Krieg Zerstörung oder Kein Frieden Nirgendwo" und in der Kilianskirche gibt es ein Gedenkkonzert des Philharmonischen Chors Heilbronn.