Ein Hilferuf in den sozialen Medien hat es vergangene Woche deutlich gemacht: Das Tierheim Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) platzt aus allen Nähten. Die aktuell größte Herausforderung: die vielen Fundkatzen. Mittlerweile sind es knapp 80. Fast doppelt so viele, wie der Tierschutzverein eigentlich verkraften kann, und nach eigener Aussage so viele wie noch nie.
SWR-Reporterin Anouk Krafft war im Tierheim Bad Mergentheim zu Besuch und hat sich in der Stadt umgehört, was die Leute auf der Straße zum Aussetzen von Tieren sagen:
Auch viele kranke Katzen führen zu Aufnahmestopp
Dass so viele Katzen gefunden werden, liegt daran, dass aktuell wieder viele streunende Katzen Junge kriegen. Dazu kommt, dass im Tierheim ein Großteil der Vierbeiner von Giardien befallen ist, einem Dünndarm-Parasiten. Vor allem junge Katzen sind betroffen und müssen isoliert werden. Mehrmals täglich desinfizieren die Tierpflegerinnen die Gehege. Das sei sehr aufwendig und nehme viel Zeit in Anspruch, so Jasmin Paul, die zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins Bad Mergentheim, der das Tierheim betreibt. Weil die kranken Tiere nicht vermittelt werden können, musste ein Aufnahmestopp verhängt werden.
Nächste Herausforderung: Sommerferien
Gleichzeitig bahnt sich eine weitere Herausforderung an: Die Sommerferien stehen vor der Tür. Für das Tierheim bedeutet das weniger Adoptionen und noch mehr ausgesetzte oder zurückgelassene Tiere. Vor allem Hunde würden gerne mal an Raststätten "vergessen", so Paul. Bei Katzen sei das sogar eher ein Dauerthema, immer wieder würden ausgesetzte Katzen gefunden. Wegen des Aufnahmestopps wird deshalb aktuell nur in absoluten Notfällen versucht, abgegebene Tiere noch bei einem Tierarzt unterzubringen. Doch das gelingt nicht immer. Wer ein Tier gefunden hat und es abgeben möchte, kommt deshalb erstmal auf eine Warteliste.
Das Tierheim bittet außerdem um Mithilfe: Wer ein Tier findet, soll es niemals einfach so einfangen, sondern sich erst einmal mit dem Tierheim in Verbindung setzen, sagt Paul. Irgendwie finde sich dann immer eine Lösung.
Betriebsgenehmigung bis zum Umzug
Spätestens im nächsten Jahr wird das Tierheim in einen Neubau umziehen. Dass es bis dahin überhaupt noch geöffnet haben darf, liegt nur daran, dass es neben dem Tierheim in Wertheim das einzige im Main-Tauber-Kreis ist und wegen des hohen Bedarfs eine extra Betriebsgenehmigung bekommen hat. Denn eigentlich entspricht es nicht den aktuell geltenden Tierschutzbestimmungen: Teilweise bröckelt der Putz oder die Hundezwinger laufen mit Wasser voll. Das ist auch der Grund, weshalb neu gebaut wird.
Fehlende Hilfen aus der Politik bringen Tierheime an die Grenzen
Grundsätzlich sind aktuell viele Tierheime am Limit. Schuld daran sei vor allem die Politik, so Paul. Finanziell gebe es kaum Unterstützung. Eine Katzenschutzverordnung mit Kastrations- und Registrierungspflicht, wie sie der Deutsche Tierschutzverein vergangenes Jahr gefordert hatte, kam auch nicht. Stattdessen würde die Verantwortung dafür an die Kommunen abgegeben, die aber ganz andere Sorgen hätten. Tierschutz sei schon immer das "Stiefkind" der Politik gewesen, kritisiert Paul.
Auch Heilbronner Tierheim hat zu kämpfen
Der Ärger über die fehlende Unterstützung aus der Politik ist nicht nur in Bad Mergentheim zu spüren. Auch das Heilbronner Tierheim komme an seine Grenzen, so die Vorsitzende des Tierheims Heilbronn, Anja Fischer. Und das, obwohl es verhältnismäßig groß ist. Pro Jahr werden dort rund 1.000 Katzen aufgenommen - alleine am Montag hat es wieder vier Anfragen gegeben. Viele der abgegebenen Katzen sind weder kastriert noch geimpft. Ohne finanzielle Hilfe sei das kaum zu stemmen. Die Stadt Heilbronn prüfe derzeit eine Katzenschutzverordnung, in Möckmühl und Weinsberg (beide Kreis Heilbronn) gibt es sie schon. Dem Tierheim würde sie auf jeden Fall sehr helfen, sagt Fischer.