Freie Arbeitszeiten und sein eigener Chef sein statt Nine-to-five-Job: Selbstständige haben viele Freiheiten, die sie als Vorteil sehen. Die Agentur für Arbeit Heilbronn erwartet, dass sich in den kommenden Jahren wieder mehr Arbeitssuchende selbstständig machen werden. Bereits in der Vergangenheit versuchte sie, durch das Mittel der Ich-AG möglichst viele Arbeitslose in die Selbstständigkeit zu bringen.
Zahl der Start-up-Gründungen steigt
Neueste Zahlen belegen auch: In Deutschland sind trotz Wirtschaftsflaute wieder mehr Unternehmen gegründet worden. Nach Angaben des bundesweiten Start-Up-Verbands wurden vergangenes Jahr knapp 2.800 Start-ups gegründet. Das sind elf Prozent mehr als im Jahr davor. Die meisten neuen Firmen arbeiten im Bereich Software. Zugleich beobachtet der Verband seit 2021 jedoch eine steigende Zahl von Insolvenzen. In der aktuellen Konjunkturflaute seien vor allem Online-Händler betroffen.
Selbstständigkeit - was ist das überhaupt?
Selbstständigkeit ist nicht gleich Selbstständigkeit. Laut Bundesfamilienministerium gibt es Gewerbetreibende, Land- und Forstwirtinnen und -wirte sowie Freiberufliche. Selbstständigkeit kennzeichne sich dadurch, dass diese Menschen auf eigene Rechnung Waren oder Dienstleistungen anbieten und damit Geld verdienen.
Selbstständige haben ein unternehmerisches Risiko. Sie setzen Arbeitskraft und Kapital ein, um beispielsweise Waren einzukaufen oder die Transport- und Produktionsmittel zu organisieren.
Freiheiten der Selbstständigkeit
Auf der anderen Seite haben Selbstständige viele Freiheiten. Sie können sich ihre Kundinnen und Kunden selbst aussuchen. Und sie bieten ihre Produkte oder Dienstleistungen so an, wie sie es möchten. Viele Selbstständige lieben diese Freiheiten. Auch die Freiheit, den Tag selbst zu planen und sich einen freien Tag zu nehmen, wann es einem selber gut passt. Oder eben später mit der Arbeit anzufangen und auszuschlafen.
Dennoch bringt die Selbstständigkeit auch Nachteile. Wenn Selbstständige krank oder im Urlaub sind, bekommen sie kein Geld. Die Paarberater Stolla aus Forchtenberg (Hohenlohekreis) beispielsweise hatten 2019 fünf Monate kaum Einnahmen. Paarberaterin Daniela Stolla war nach einem Schlaganfall im Krankenhaus. Außerdem schwankt das Gehalt. Krankenversicherung, Pflegeversicherung und eventuell Arbeitslosenversicherung müssen komplett selbst übernommen werden.
Paarberater aus Forchtenberg "Der Schritt in die Selbstständigkeit macht einem erst mal Angst"
Matthias Stolla war 21 Jahre Zeitungsredakteur, bis er Paarberater wurde. Zusammen mit seiner Frau berichtet er von Vorteilen und Herausforderungen der Selbstständigkeit.
Existenzgründung: Aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit
Eine besondere Form der Unterstützung bei dem Weg in die Selbstständigkeit bietet der Gründungszuschuss. Er soll Menschen bei ihrer Existenzgründung finanziell unterstützen. Der Zuschuss ist deshalb nur für diejenigen, die Arbeitslosengeld 1 (ALG) beziehen. Laut Agentur für Arbeit sollen schwankende Einnahmen in der Anfangszeit ausgeglichen werden.
Mehr Anträge für Zuschüsse in Krisenzeiten Finanzspritze für die Selbstständigkeit: Wie Arbeitslose unterstützt werden
Der Gründungszuschuss soll Menschen von der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit helfen. Die Agentur für Arbeit Heilbronn erwartet in den kommenden Jahren mehr Anträge.
Ich-AG: Der Start einer Gründerwelle
Der Vorgänger des Gründungszuschusses war das Modell der Ich-AG. Von 2003 bis Juli 2006 konnten sich Arbeitslose selbstständig machen. Die Förderung fand großen Zuspruch. Denn die Hürden waren niedriger als beim heutigen Gründungszuschuss.
Doch die Ich-AG war nach fast drei Jahren schon wieder Geschichte. Ihr Ruf bei Politik und Wirtschaft war schlecht, 2003 war „Ich-AG“ das Unwort des Jahres. Unter den Arbeitssuchenden kam das Fördermittel laut Medienberichten aber gut an, was die Kosten explodieren ließ. Deshalb wurde die Ich-AG zum 30.6.2006 wieder abgeschafft.
Jan Sachers aus Krautheim (Hohenlohekreis) war einer der Ich-AG-Gründer. Er bietet als Historiker Dienstleistungen rund um das Mittelalter an. Er ist froh, dass er durch die Förderung seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. „Ich will nicht ausschließen, dass ich auch selbst irgendwann auf die Idee gekommen wäre. Aber zu diesem Zeitpunkt, ohne die Förderung, hätte es mein Unternehmen niemals gegeben“, so Sachers im SWR-Interview.