Das Heilbronner Volksfest steht in den Startlöchern, der Talmarkt in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) ist zu Ende gegangen. Dabei hatten Besucherinnen und Besucher, aber auch Beschickerinnen und Beschicker mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen - etwa dem Wetter oder der Fußball-EM als Konkurrenzveranstaltung. Die Schausteller leiden zudem - wie viele Branchen - unter Personalmangel und spüren noch die Folgen der Pandemie. Eine Schaustellerin, die seit Jahrzehnten nach Bad Wimpfen kommt und auch in Heilbronn ist, gibt deswegen aber nicht auf.
Klösterliche Erinnerungen an die Kindheit
Roswitha Henn-Nickel und ihre Familie betreiben die sogenannte Kinderschleife, ein kleines Karussell für Kinder. Den Betrieb leitet ihr Vater. Ihre erste Erinnerung an den Talmarkt stammt aus dem Jahr 1971. Damals hatten sie als Fahrgeschäft einen kleinen Kinderflieger. Viele Erinnerungen verbinden sie mit dem Markt: "Ich komme nach Bad Wimpfen, ich komme nach Hause", sagt sie.
Publikum in Bad Wimpfen besonders freundlich
Tatsächlich ist die Familie, die größtenteils aus dem Raum Kaiserslautern kommt, in ganz Deutschland unterwegs. In Baden-Württemberg sind sie zudem auf dem Stuttgarter Frühlingsfest und auf den Volksfesten in Ulm und Heilbronn. In Bad Wimpfen aber seien die Menschen freundlicher und zuvorkommender, meint Henn-Nickel. Hier würden sogar Kinder "bitte" und "danke" sagen. Das höre man inzwischen sehr selten.
Wetter und EM machten es dem Talmarkt schwer
In diesem Jahr lief der Talmarkt in Bad Wimpfen schlecht. Marktmeister Jochen Großkopf sprach sogar davon, dass die Stimmung "am Boden" war. Henn-Nickel pflichtet bei: Das Wetter hätte nicht schlechter sein können. Am Samstag waren es beinah 37 Grad, am Sonntag hat es geschüttet. Zudem haben viele Menschen Fußball geschaut, statt den Jahrmarkt besucht.
Sie sind dennoch mit einem blauen Auge davon gekommen, so Henn-Nickel. Denn trotz der Widrigkeiten hatten viele Besucherinnen und Besucher den Weg zum Fest gefunden und für Umsatz gesorgt - wenn auch weniger als erwartet. Außerdem blickt sie schon optimistisch nach vorne: Am Freitag beginnt das Volksfest in Heilbronn, dort ist die Familie mit der Kinderschleife in einer größeren Variante dabei.
Schausteller kämpfen mit Pandemie-Folgen, Inflation und Personalmangel
Trotzdem ist es weiter schwierig: Während der Corona-Pandemie fielen Volksfeste komplett aus. Auch die Schaustellerinnen und Schausteller kämpfen mit gestiegenen Kosten. Sie passen ihre Preise an, was wiederum die Besucherinnen und Besucher spüren. "Schon ein teures Vergnügen", sagt etwa eine Mutter vor dem Fahrgeschäft. Ein weiteres großes Problem, das auch andere Wirtschaftszweige kennen, ist der Personalmangel.
Die Herausforderung liegt darin, Mitarbeitende zu finden, sagt Henn-Nickel und weiß: "Schaustellerarbeit ist hart. Fahrgeschäfte auf- und abbauen, von zu Hause weg sein. Das will heute keiner mehr." Anderswo verdient man sein Geld leichter, sagt sie. Auch per Anzeige im Kassenhäuschen suchen sie Verstärkung.
Sie selbst kann sich nichts anderes vorstellen, als mit Menschen Kontakt zu haben und strahlende Kinderaugen zu sehen. Ihr Vater hatte sie zwar "gezwungen", eine Lehre zur Steuerberaterin anzufangen, erzählt sie lachend, die hatte sie aber abgebrochen, weil sie zu "ungezogen" war.
Henn-Nickel: Kirmes wird es immer geben
Trotz der Probleme wie Inflation und Personalmangel bleibt Henn-Nickel aber optimistisch. Auch dass der Talmarkt in diesem Jahr schlecht gelaufen ist, nimmt sie gelassen zur Kenntnis. Die Schausteller seien da, um den Menschen Freude zu bereiten. Selbst wer knapp bei Kasse ist, kann das Treiben, die Lichter und die Menschen auch gratis beobachten und sich amüsieren. Sie glaubt: Kirmes wird es immer geben.