Vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn läuft der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter, der im Raum Schwäbisch Hall zwei Seniorinnen getötet haben soll. Der 33-jährige Angeklagte aus Serbien soll auch einen Rentner in Ilshofen (Kreis Schwäbisch Hall) überfallen haben.
Außerdem gibt es noch den Fall einer weiteren toten Seniorin, der zum wiederholten Mal in den Fokus rückt, weil jetzt doch noch einmal weitere Indizien für ein Gewaltdelikt gefunden wurden. Es gibt Parallelen zu einem Fall, der jetzt vor Gericht verhandelt wird. Die Zusammenhänge sind komplex. Waren es doch drei oder vier Tötungsdelikte oder bleibt es bei den zwei Fällen, die derzeit vor dem Heilbronner Landgericht verhandelt werden?
Vier tote Seniorinnen und ein versuchter Raub
Es gibt insgesamt vier tote Seniorinnen im Raum Schwäbisch Hall, deren Fälle gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. Die erste ist bereits im Oktober 2020 in ihrer Wohnung überfallen und getötet worden. Da tappen die Ermittler bis heute im Dunkeln. Es gibt bisher keine ausreichenden Hinweise auf einen Täter.
Im Dezember 2022 starben zwei weitere Seniorinnen in Schwäbisch Hall. Der nächste Fall (14. Dezember) gilt bis heute als Unfall. Doch da ist ein neues Indiz von den Angehörigen gefunden worden, das die Ermittler ziemlich schlecht aussehen lässt, weil sie etwas Naheliegendes übersehen haben.
Der dritte Fall in Schwäbisch Hall ereignete sich nur eine Woche später (23. Dezember) und auch noch in unmittelbarer Nähe im gleichen Stadtviertel. Dieser Fall gilt als Mord aus Habgier und dafür steht der mutmaßliche Täter derzeit vor dem Heilbronner Landgericht.
Ebenso verhandelt wird dort das Tötungsdelikt, das im Januar 2023 an einer Seniorin in Michelbach an der Bilz (Kreis Schwäbisch Hall) geschah, einer Nachbargemeinde von Schwäbisch Hall. Hier lautet die Anklage Totschlag.
Also, einmal Anklage wegen Mordes, einmal wegen Totschlags und dann ein früher ungeklärter Fall und ein Fall, der als Unfall gilt. Darüber hinaus wird dem Angeklagten noch ein versuchter Raub an einem Rentner in Ilshofen vorgeworfen.
Unfall könnte doch ein Tötungsdelikt sein
Es steht schon wieder die Vermutung im Raum, dass die im Dezember in ihrer Wohnung tot aufgefundene Seniorin (14. Dezember) nicht durch einen Unfall, sondern durch Gewalt zu Tode gekommen sei. Das wird jetzt zum wiederholten Male untersucht, weil ein neues Indiz aufgetaucht ist. Angehörige haben wohl beim Räumen der Wohnung einen großen Fleck unter der Fußmatte entdeckt, der Blut sein könnte, und den Schwäbisch Haller Oberstaatsanwalt Harald Lustig informiert.
Der ist aus allen Wolken gefallen und zeigte sich, so wörtlich, "ziemlich verschnupft", dass die Kriminaltechniker den Fleck bei ihrer Untersuchung übersehen haben, obwohl der nur wenige Meter von der toten Frau entfernt zu finden gewesen sei. Es gibt in diesem Fall auch noch ein paar andere kleinere Ungereimtheiten in der Wohnung, die gegen einen Unfall sprechen könnten. Doch der Fall wurde anfänglich als natürlicher Tod bewertet, die Leiche freigegeben und eingeäschert.
Hinweise auf Fremdverschulden erfordern Nachermittlungen
Aber dann gab es schon früh die ersten Hinweise auf ein Fremdverschulden. Die Angehörigen informierten die Polizei. Die Wohnung wurde erneut untersucht und anhand der Bilder vom Tatort sollte ein Ulmer Gerichtsmediziner herausfinden, ob eine Gewalttat in Frage kommt. Ergebnis: Es sei von einem Verbrechen auszugehen.
Es wird nachermittelt, fragmentarische DNA-Spuren gesichert. Und die passen zwar zu dem Mann, der jetzt vor dem Landgericht Heilbronn steht, aber möglicherweise auch zu anderen Menschen. Für den Schwäbisch Haller Oberstaatsanwalt fehlt somit ein ausreichender Beleg für die Täterschaft. Jetzt, acht Monate nach dem Tod der Seniorin, wird ein großer Fleck unter der Fußmatte entdeckt. Der wird jetzt kriminaltechnisch untersucht. Wenn es Blut ist, dann wäre das schon wieder ein Indiz für weitere Ermittlungen in Richtung Straftat. Sollte es Spuren geben, die auf einen möglichen Täter hinweisen, dann könnte es noch eine Wendung in diesem Fall geben.
Weitere Kritik an der Polizeiarbeit vor Gericht
Im Fall der gewaltsam getöteten Seniorin in Schwäbisch Hall kurz vor Weihnachten 2022 sind auch Angehörige der getöteten Frau vor Gericht zu Wort gekommen. Und da gibt es Parallelen zu dem angeblichen Unfall der toten Seniorin eine Woche zuvor, zumindest was die Arbeit der Polizei angeht.
Auch hier wurde der Fall zunächst als natürlicher Tod eingestuft, obwohl die Rettungskräfte auf die ungewöhnliche Lage der Toten hingewiesen hätten und überall in der Wohnung Blut verteilt war. Der Bestatterin aus Oberrot (Kreis Schwäbisch Hall) kam die Sache von Anfang an, so wörtlich, "spanisch" vor. Deshalb alarmierten die Angehörigen wieder die Polizei.
In der Zwischenzeit hatte sich herausgestellt, dass Geld aus einer Kassette fehlt, in der Blutspuren waren. Die Beamten, die dann anrückten, hätten wohl sofort erkannt, dass es sich um eine Straftat handelt. Die Seniorin wurde daraufhin obduziert, der Rechtsmediziner stellte massive Kopfverletzungen durch Fremdeinwirken fest, die aber von den Ermittlern nicht erkannt wurden. Erst unmittelbar danach wird die Soko "Höhe" eingerichtet. Der Tatverdächtige wird Ende Januar in dem Schwäbisch Haller Stadtviertel nahe der Tatorte in einer Wohnung festgenommen.
Gericht braucht die Aussage des Rentners aus Ilshofen
Der Angeklagte schweigt vor Gericht. Der überfallene Rentner aus Ilshofen, aus dessen Angaben ein Phantombild erstellt wurde, das hauptsächlich zur Ergreifung des Tatverdächtigen geführt hat, sollte vor Gericht schon aussagen, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen. Derzeit wird geprüft, ob er per Video zugeschaltet werden kann.