Rettungskräfte und Polizeibeamte greifen in Notfällen nur selten auf die Notfallpass-App auf den Handys zu, das zeigt eine SWR-Abfrage in der Region Heilbronn-Franken. Dabei wäre genau das die Idee dahinter: Wenn sich jemand bei einem Unfall verletzt, wäre es praktisch für die Rettungskräfte, schnell Gesundheitsdaten abzurufen oder einen Notfallkontakt zu verständigen. Und ein Handy haben die meisten dabei.
Was ist der Notfallpass genau?
Beim Notfallpass ist es möglich, Name und Nummer von einem Telefonkontakt einzugeben. Zudem kann man medizinische Infos wie Blutgruppe, Medikamente oder Allergien angeben oder auch, ob man Organspender ist.
Die Infos sind dann so gespeichert, dass jeder sie einsehen kann, ohne das Handy zu entsperren. Statt Gesichtserkennung oder PIN-Code tippen Rettungskräfte oder Ersthelfer einfach auf den Button "Notfall". Der dient auch dazu, einen Notruf abzusetzen, ohne das Handy zu entsperren.
Wie erstelle ich den Notfallpass?
Die Einrichtung unterscheidet sich etwas von iPhone zu Android. Auch innerhalb der Samsung-Geräte kann es etwas anders sein, auch abhängig von der Android-Version. Eine allgemeingültige Anleitung ist deshalb nicht einfach. In neueren Android-Versionen sollte es einen Standard-Menüpunkt geben, unter "Einstellungen – Sicherheit und Notfälle". Beim iPhone gibt es die App "Health", über die man den Notfallpass einrichten kann.
Alltagstest: Was berichten die Rettungskräfte?
Bei einer SWR-Abfrage bei verschiedenen Rettungskräften heißt es, man kenne den Rettungspass zwar, es gehöre aber eher nicht zum Standard, bei einer Person nach dem Handy zu suchen. Der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes sagt, bei einer akuten Versorgung zählen erst einmal Messungen und Werte der Notärzte. Denn bei medizinischen Angaben im Notfallpass wisse man nicht, ob diese noch aktuell sind.
Wenn die Person aber versorgt ist und im Krankenhaus liegt, können die Angaben für die weitere Versorgung interessant sein. Da unterscheidet sich die Vorgehensweise auch nicht von der sogenannten Notfalldose im Kühlschrank. Die enthält ähnliche Infos wie der Notfallpass, sie befindet sich aber analog in der Küche.
Eine andere praktische App ist die "Region der Lebensretter". Medizinisch geschulte Personen können die App herunterladen und werden dann in Notfällen in unmittelbarer Nähe per Smartphone zum Einsatzort gelotst:
"Region der Lebensretter"-App hat geholfen "Erster Geburtstag": Mann feiert nach Herzstillstand mit Retterin
Vor einem Jahr erlitt Raimund Recht einen Herzstillstand. Nur durch extrem schnelle Hilfe und die App "Region der Lebensretter" überlebte er. Nun feierte er seinen "ersten Geburtstag", wie er sagt.
Das wichtigste Feature des Notfallpasses scheint die Kontaktadresse zu sein. Die nutzt zum Beispiel auch die Polizei. Auf den Dienststellen in Künzelsau (Hohenlohekreis) und Neckarsulm (Kreis Heilbronn) gab es bereits Fälle, bei denen die Beamten die Angehörigen von verletzten Unfallopfern verständigen konnten. Die Nummern fanden sie im Notfallpass.
Der Notfallkontakt wird übrigens auch in anderen Situationen genutzt: bei gefundenen Handys. Die Polizei konnte bereits einige dieser unkompliziert zurückgeben, weil eine Kontaktnummer im Notfallpass eingespeichert war. Das Handy muss auch dann nicht entsperrt werden.
Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Im Notfallpass stehen sensible Daten, die im Grunde jeder einsehen kann, der das Handy in der Hand hält. Das ist zwar Sinn der Sache, aber auch die Krux. Die Rechtsabteilung der Polizei Heilbronn hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Sie ist zu dem Schluss gekommen: Wer seine Daten dort explizit eingibt, damit sie angezeigt werden, ist auch damit einverstanden, dass Dritte sie lesen können.