Während der Corona-Pandemie 2022 hatten es Kundinnen und Kunden schwer, an Fahrräder zu kommen. In der Bike Arena Bender in Heilbronn war das Lager fast komplett leer, Nachschub war nur schwer und mit langen Wartezeiten zu bekommen. Zwei Jahre später sieht die Situation ganz anders aus.
"Wir haben ein so volles Lager wie noch nie in unserer Firmengeschichte", sagt Geschäftsführer Ernst Bender - und das Unternehmen gibt es immerhin schon 70 Jahre. Für Bender aktuell kein großes Problem, für kleinere Betriebe kann das allerdings zu einem riesigen Problem werden. Für die Kundinnen und Kunden bedeutet es große Auswahl und viele Rabatte.
Volle Lager führen zu reduzierten Angeboten
Wenn man durch die volle Bike Arena Bender läuft, sieht man viele Fahrräder mit einem grünen Schild. "10 Prozent Rabatt" steht darauf. Eine der Folgen der vollen Lager. Was zu viel da ist, wird günstiger angeboten. Und auch die Online-Händler, die es laut Ernst Bender aktuell noch schwerer haben, bieten Preise an, "die unter die Gürtellinie gehen". Auch da muss man mit der Konkurrenz gehen.
Diese Entwicklung bestätigt auch Simon Jira, Geschäftsführer der Mott Radwelt in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis). Schriftlich teilt er mit: "Aktuell zum Saisonstart können Kunden [...] von kurzfristigen Angeboten deutlich besser profitieren als in den Vorjahren."
Es ist wieder eine Ausnahmesituation. Nach dem Rekordjahr 2020, in dem mehr Fahrräder und E-Bikes verkauft wurden als jemals zuvor, den Lieferengpässen vor allem 2022, sind die Lager jetzt fast schon überfüllt. Auch die Verkaufszahlen des Verbands der Deutschen Zweiradhändler (VDZ) und des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) belegen: Es werden weniger Räder verkauft als in den letzten fünf Jahren, auch wenn man sich etwa auch Vor-Corona-Niveau bewege.
Er komme mit seinem Lager gerade noch klar, sagt Ernst Bender, andere Betriebe wie auch Hersteller, hätten externe Lager anmieten müssen. Das bedeutet natürlich auch wieder Mehrkosten. "Der Markt ist eher schon überversorgt", so Ernst Bender.
Personalmangel vor allem bei den Mechanikerinnen und Mechanikern
Auch das Thema Personalmangel macht den Fahrradhändlern zu schaffen. Gerade Mechanikerinnen und Mechaniker seien schwerer zu finden denn je. "Die Händler stehlen sich die guten Leute gegenseitig weg", ist Bender überzeugt. Gerade der Trend zum E-Bike mit Technik, hydraulischen Scheibenbremsanlagen und Federelementen erfordere Mechaniker, die jahrelange Erfahrung haben, so Bender weiter.
Terminbücher voll, Kunden zeigen anderes Kaufverhalten
Entsprechend sind die Terminbücher schon jetzt bis in den Juni gefüllt. Das Geschäft läuft also. Doch es läuft anders als noch vor der Pandemie. Früher hätten die Leute vorausschauend gekauft, heute kurz entschlossen, berichtet Bender aus der Erfahrung der letzten Jahre.
Die Gründe dafür sieht er in den allgemein steigenden Lebenshaltungskosten und den vielen Krisen. Die geballten Kundenströme, gerade auch im Bereich der Fahrrad-Werkstatt, sind so allerdings oftmals schwieriger kurzfristig zu bewältigen.
Die Entlastung kommt, wenn auch langsam
Mit dem aktuellen Wetterumschwung mit fast schon sommerlichen Temperaturen würde aber langsam wieder mehr Kundschaft kommen. Auch die Hersteller hätten inzwischen reagiert, was nach und nach ebenfalls Entlastung bringe, erklärt Bender. Zum Teil seien die Bänder der Hersteller in diesem Winter zum ersten Mal seit langem auch mal ganz stillgestanden.
Mit 70 Jahren Unternehmensgeschichte im Rücken blickt Ernst Bender aktuell also nicht allzu sorgenvoll in die Zukunft. Er, Simon Jira von der Mott Radwelt und auch der VDZ gehen davon aus, dass sich die Lagerbestände bis zum nächsten Jahr wieder normalisieren werden. Allerdings wird sich das Verhältnis ändern, das spürt man schon jetzt.
Verdrängen E-Bikes die normalen Fahrräder?
2023 wurden erstmals mehr E-Bikes verkauft als normale Fahrräder. Das bestätigt auch Jira, der in seinem Geschäft in Bad Mergentheim vor allem auf elektrische Räder spezialisiert ist: "Der E-Bike-Anteil steigt stetig und ist mittlerweile weit über dem Bio-Bike-Anteil." Ernst Bender glaubt darüber hinaus, der Markt könne sich irgendwann dahingehend entwickeln, dass kaum noch ein Hersteller normale Fahrräder produzieren wird, da E-Bikes schlichtweg lukrativer seien.