Jedes Jahr findet am ersten Sonntag im Oktober das Erntedankfest statt. Das christliche Fest wird dann vor allem in den katholischen Kirchen gefeiert - in den evangelischen Kirchen ist es oft schon am letzten September-Wochenende so weit. Mancherorts gibt es besondere Aktionen wie etwa Lebensmittelsammlungen für Bedürftige.
Bei einer nicht-repräsentativen Umfrage in der Heilbronner Innenstadt wird deutlich: Für viele der befragten Menschen spielt das Fest nach wie vor eine Rolle und ist für sie wichtig, um Dankbarkeit zu zeigen. Für andere ist die Bedeutung des Erntedankfests in der Gesellschaft verloren gegangen. Für die Landwirte und Landfrauen ist das Fest nach der eingefahrenen Ernte ein Tag, um in sich zu kehren.
Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg: "Bedeutung ist verloren gegangen"
Stefan Kerner, Vorsitzender des Bauernverbands Heilbronn-Ludwigsburg, ist der Meinung, dass die Bedeutung tatsächlich etwas verloren gegangen ist. Für die Landwirte sei es nach wie vor wichtig, im Oktober nach der Ernte das Erntedankfest zu feiern. Für ihn habe es "schon etwas Schönes und vielleicht auch Spirituelles, dass man kurz in sich kehrt", sagt Kerner. Das Fest sei zudem wichtig, dass die "klassische" Gesellschaft mitbekommt, dass alles immer verfügbar ist und welche Arbeit dahinter stecke.
Die Landfrauen im Main-Tauber-Kreis feiern den Erntedank mit einem Fest im Kurhaus Bad Mergentheim. Geschäftsführerin Elsbeth Friedrich-Dreher betont, dass die Landfrauen ihren Ursprung in der Landwirtschaft haben und für sie die Themen Familie und Ernährung im Mittelpunkt stehen. Jeder sei angewiesen auf eine gute Ernte, sagt sie. Den Trend zur Nachhaltigkeit und dass Menschen sich Gedanken darüber machen, wo die Lebensmittel herkommen, findet sie sehr wichtig.
Umfrage: für die einen wichtig, für die anderen bedeutungslos
Doch ist es tatsächlich so, dass die Dankbarkeit für die geernteten Lebensmittel bei vielen Menschen nicht mehr vorhanden ist? "Es geht um die Nahrung, die wir zu uns nehmen und die Bauern, die das erarbeiten", sagt ein Mann aus Heilbronn.
Seine Frau sagt, sie seien keine Kirchengänger, aber es sei trotzdem wichtig, daran zu denken, dass Erntedankfest ist und "man dankt für die Früchte der Natur und auch für die Mühe, die sich die Kirche macht." Sie findet es gut, dass es diese Tradition noch gibt. Eine andere Heilbronnerin ist an diesem Tag besonders dankbar für vieles, nicht nur für die ausreichenden Lebensmittel, sondern auch für das Gute, was ihr widerfährt, ihre Gesundheit und die ihrer Familie. Sie war für das Erntedankfest auch im Gottesdienst.
Eine Frau, die zum Erntedank in der Kilianskirche war, erinnert sich an das Erntedankfest in ihrer Kindheit: "Da sind immer die schönsten Gaben aus dem Garten in die Kirche gebracht worden."
Erntedank "nicht mehr so wie früher"
"Ist heute Erntedankfest?" - Einige der Befragten wussten nicht, dass diesen Sonntag Erntedankfest ist, da es für sie keine Bedeutung habe - es sei "nicht mehr so wie früher", sagt ein Fußgänger. Früher hätten viel mehr Menschen selbst Obst und Gemüse angebaut und dadurch eine Verbindung zur Natur gehabt - in seinen Augen ist das heute verloren gegangen und somit auch der Erntedank sinnlos. Auch ein Tourist ist dieser Meinung, da die Lebensmittelindustie derart industrialisiert sei, dass man gar nicht mehr darüber nachdenke "wo das eigentlich alles herkommt". Er selbst habe ein kleines Feld gemietet, um selbst Gemüse anzupflanzen.
Meist positive Erntebilanz für 2024
Die Getreide- und Ölsaatenernte ist leicht unterdurchschnittlich in diesem Jahr, so Kerner. Es gebe in diesem Bereich keine Missernten. Der viele Regen in diesem Jahr hätte den Böden sehr gut getan, habe aber auch immer mal wieder zu Ernteerschwernissen geführt. Die Obsternte sei weitestgehend gut gewesen. Im Wein- und Gemüseanbau, wie etwa bei den Zuckerrüben, seien einige vom Spätfrost Ende April schwer getroffen worden - das sei aber regional sehr unterschiedlich. In Summe müsse man aber allgemein mit der diesjährigen Ernte zufrieden sein, so Kerner weiter.