Symbolbild zu steigenden Heizkosten und Kosten für Heizung, Wärme, Öl, Gas und Energie durch die aktuelle Krise.

Erdgaspreis aktuell niedriger als im Sommer

Keine Entwarnung: Gaspreis für Verbraucher bleibt hoch

Stand

Der aktuell niedrige Preis für Erdgas kommt erst in zwei bis drei Jahren bei den Verbrauchern an. Die Energieversorger haben langfristig eingekauft. Zu einem hohen Preis.

Durch das milde Wetter sind in Baden-Württemberg und dem Rest Deutschlands viele Heizungen noch aus. Der Gasverbrauch ist dadurch aktuell sehr niedrig. Zusätzlich sind die Gasspeicher für den Winter schon gut gefüllt. Die sinkende Nachfrage sorgt auch für einen sinkenden Gaspreis an der Gasbörse. Aber eine Entwarnung in der aktuellen Krise ist das noch lange nicht.

Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm: Gas wird teurer

"Die Gaskunden bei uns in der Region brauchen keine Hoffnung auf einen niedrigeren Preis zu schöpfen", teilten die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) auf SWR-Anfrage mit. Von den plötzlich gesunkenen Tagespreisen für Gas auf den Großhandelsmärkten haben die SWU demnach nichts, da das Unternehmen das aktuell vorrätige Gas zu einem hohen Preis eingekauft habe.

Man beschaffe das Gas langjährig an den Märkten, teilweise bis zu drei Jahre im voraus, sagt SWU-Geschäftsführer Klaus Eder. Daher habe man die Preise bislang noch abfedern können, so Eder: Immerhin habe sich der Gaspreis teilweise um das zwanzigfache erhöht. Man müsse nun schauen, wie sich die Preise langfristig entwickelten, damit er eine Prognose abgeben könne.

Gas wird wohl nie wieder so günstig wie früher

Auch Andreas Reinhardt aus der SWR-Wirtschaftsredaktion sagt, es seien immer noch Preise, die ein Vielfaches über denen aus der Zeit vor dem Ukraine-Krieg lägen. Die alten Preise werde man wohl nicht wieder zurückbekommen, meint der Experte.

"Die Bundesnetzagentur sagt, Unternehmen und private Verbraucher müssen sich weiter auf deutlich gestiegene Gaspreise einstellen. Von Entwarnung spricht hier keiner", so Reinhardt.

Gaspreis an der Börse aktuell deutlich niedriger als noch im August

Aktuell liegt der Erdgaspreis an der Gasbörse (Stand 26.10.2022, 10:00 Uhr) mit 99,75 Euro die Megawattstunde deutlich unter seinem Höchststand von fast 340 Euro Ende August.

Nach der Abschaffung der Gasumlage durch die Bundesregierung und der zusätzlichen, zeitlich beschränkten Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Gas auf 7 statt 19 Prozent klingt das erstmal wie eine Entwarnung für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Dienstag aber deutlich gemacht, dass der starke Rückgang der Großhandelspreise für Gas erst mit einiger Verzögerung bei Bürgern und Unternehmen ankommen werde.

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Gaspreise sinken nur durch geringeren Mehrwertsteuersatz

Die Gaspreise sinken für die Verbraucherinnen und Verbraucher aktuell nur im Rahmen einer geringeren Mehrwertsteuer auf Gas, die rückwirkend zum 1. Oktober 2022 gesenkt wurde. So unter anderem bei den Stadtwerken Stuttgart oder den Stadtwerken Friedrichshafen.

Allerdings müsse man, so die Stadtwerke Stuttgart auf ihrer Internetseite, zwei weitere Umlagen (Gasspeicherumlage und Bilanzierungsumlage) an den Gesetzgeber abführen und bei der Kundschaft abrechnen.

Neue Preise zum neuen Jahr

Die Pressesprecherin der Stadtwerke Stuttgart, Karoline von Graevetz, sagte auf SWR-Anfrage, die Gastarife und die Abschläge der Kunden würden voraussichtlich zum 1. Januar 2023 angepasst. In welche Richtung, das entscheide sich mit der weiteren Entwicklung der Beschaffungspreise.

Klaus Eder, Geschäftsführer der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, geht da noch weiter. Er sagte dem SWR, die Gaspreise würden zum neuen Jahr deutlich steigen. Dann werde das Gas für Privathaushalte im Raum Ulm nochmal teurer.

"Das kann bis zu einer Verdoppelung der Endkundenpreise im neuen Lieferjahr führen!"

Stuttgarter Bäckerei in Sorge: Kosten steigen - Umsatz sinkt

Die steigenden Kosten bereiten vielen Privathaushalten und Unternehmen Sorgen. Energie und somit Kosten sparen sei manchmal nicht möglich, sagt Stefanie Sailer-Puritscher aus Stuttgart, Inhaberin einer Bäckerei: "Ich hab den Eindruck, dass in der Politik einfach niemand weiß, was in so einem Handwerksbetrieb abläuft, und dass die auch gar nicht wissen, dass wir Backöfen haben, die Energie fressen. Und das wir das gar nicht anders machen können."

"Wir haben echte Existenzangst!"

Neben dem steigenden Energiekosten seien auch die Rohstoffpreise explodiert und mit der Anhebung des Mindestlohnes auch die Lohnkosten, so die Stuttgarter Unternehmerin. Die Kunden würden zurückhaltender einkaufen, bemerkt sie.

Köche schlagen Alarm: "Insolvenzen werden drastisch ansteigen"

Auch der Gastronomie machen die höheren Gaspreise zu schaffen. Die beiden Vereine der Köche in Heilbronn und im Main-Tauber-Kreis haben deshalb einen gemeinsamen Brandbrief an die Politik veröffentlicht. "Insolvenzen werden drastisch ansteigen, wenn die Politik nicht sofort Maßnahmen zur Rettung unserer Branche auf den Weg bringt!", heißt es darin.

Dazu kämen die Auswirkungen der Inflation: So seien die Lebensmittelpreise um die Hälfte gestiegen, aber auch Küchengeräte und Inventar seien teurer geworden. Und die Preise für die Reinigung von Tischdecken oder Arbeitskleidung stiegen immer weiter. Dazu kämpfe man nach wie vor mit den Folgen der coronabedingten Einnahmeausfälle.

Michael Sättele, der Vorsitzende des Vereins der Köche im Main-Tauber-Kreis, fordert als Gegenmaßnahme eine Verlängerung der verminderten Mehrwertsteuer über das Jahresende hinaus. Die Situation sei sehr prekär, sagte er dem SWR.

Bundesnetzagentur: Ohne Gassparen gibt es eine Gasmangellage

Während in manchen Betrieben Gas einsparen nicht so einfach ist, liege der aktuelle Gasverbrauch für diese Jahreszeit "über den Daumen gepeilt 20 bis 30 Prozent unter dem langjährigen Mittel" so SWR-Wirtschaftsredakteur Andreas Reinhardt. Trotz eventuell sinkender Preise dürfe der Sparanreiz bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht nachlassen.

Die Bundesnetzagentur sagt, eine nationale Gasmangellage im Winter könne nur vermieden werden, wenn das Sparziel von mindestens 20 Prozent weiterhin erreicht werde. "Der aktuell sparsame Verbrauch liege aber nicht daran, dass wir so brav und tapfer sparen, sondern schlicht am warmen Wetter", meint Reinhardt.

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