Mordprozess am Landgericht Konstanz

Tödliche Schüsse in Markdorf: Täter muss lebenslang in Haft

Stand
Autor/in
Julia Kretschmer
Julia Kretschmer Portrait SWR Volontärin 2022

Im Mordprozess um tödliche Schüsse in Markdorf ist am Freitag das Urteil gesprochen worden. Der Angeklagte wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Im Prozess um die tödlichen Schüsse in Markdorf (Bodenseekreis) hat das Gericht den Angeklagten wegen Mordes, Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann im Januar seine 44-jährige Ehefrau in einem Geschäft, wie es hieß, "kaltblütig" erschossen hat. Der 48-Jährige hatte die Tat schon zu Beginn des Prozesses gestanden.

Mit dem Urteil blieb der Vorsitzende Richter am Landgericht Konstanz zwar unter dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft, die zusätzlich noch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert hatte, aber deutlich über dem Antrag der Verteidigung, die eine Verurteilung wegen Totschlages beantragt hatte.

Der Angeklagte habe in voller Absicht kaltblütig gehandelt, so der Vorsitzende Richter Arno Hornstein. Das Motiv: Der albanische Staatsbürger habe sich nach albanischem Gewohnheitsrecht in seiner Ehre gekränkt gefühlt, weil seine Ehefrau ihn verlassen habe. Damit nahm der Richter Bezug auf das Plädoyer des Verteidigers. Dieser hatte angeführt, sein Mandant sei "gefangen in den elendigen patriarchalen Strukturen". Hierzulande gelten aber deutsche Gesetze und kein albanisches Gewohnheitsrecht, machte der Richter klar. Von einer Affekthandlung könne keine Rede sein:  "Da gab es kein Zögern und kein gar nichts", so der Richter. Der Angeklagte selbst, der in Fußfesseln und Handschellen in den Gerichtsaal geführt worden war, nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld gefordert

Die Staatsanwaltschaft hatte am vierten Prozesstag am Donnerstag beantragt, den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Dem kam das Gericht in seinem Urteil nicht nach. Wird eine solche festgestellt, kann der Täter nur in Ausnahmefällen nach 15 Jahren freikommen.

Der Mord sei geplant gewesen, auch weil der Angeklagte das Taxi zum Tatort bereits am Vorabend bestellt habe, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Echte Reue habe der Angeklagte nie gezeigt. Die verletzte Ehre des Täters nach der Trennung seiner Frau ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft das Tatmotiv.

Verteidiger: Angeklagter war bei Tat betrunken

Neben Mord standen auch gefährliche Körperverletzung und der Verstoß gegen das Waffengesetz in der Anklageschrift. Der Strafverteidiger des Angeklagten hielt sein Plädoyer am Freitagvormittag. Er forderte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten wegen Totschlags, fahrlässiger Körperverletzung und einem Verstoß gegen das Waffengesetz. Da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat unter Alkoholeinfluss gestanden hatte und mutmaßlich unter Entzugserscheinungen von Kokainkonsum stand, sei seine Schuldfähigkeit vermindert gewesen.

Zusätzlich hatte der Strafverteidiger eine Unterbringung in einer forensischen Klinik für die ersten drei Jahre der Haftzeit gefordert, damit der Angeklagte eine Therapie für seine Drogen- und Alkoholabhängigkeit machen könne.

Angeklagter hatte die Tat gestanden

Der Angeklagte ließ Anfang Juli vor Gericht eine schriftliche Erklärung durch seinen Anwalt vorlesen. Darin gestand er, seine 44-jährige Ehefrau mit mehreren Pistolenschüssen getötet zu haben. Er habe an dem Tag schon morgens Schnaps getrunken, sei auf Kokainentzug gewesen und habe in dem Geschäft eigentlich nur mit seiner Frau sprechen wollen, weil diese ihm den Umgang mit seinem elfjährigen Sohn verweigert habe.

Dann sei er durchgedreht und habe geschossen. Die Waffe, so behauptete der Angeklagte in seiner Erklärung, habe er schon länger besessen - nicht um seine Frau zu töten, sondern weil er in seiner Heimat Albanien in eine Familienfehde verwickelt sei und man ihm Blutrache angedroht habe.

Markdorf

Mordprozess am Landgericht Konstanz Angeklagter gesteht tödliche Schüsse auf Ehefrau

Vor dem Landgericht Konstanz hat am Donnerstag ein 48-jähriger Mann gestanden, im Januar seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in einem Ladengeschäft in Markdorf erschossen zu haben.

SWR4 BW am Donnerstag SWR4 Baden-Württemberg

Mann soll Trennung nicht akzeptiert haben

Die Frau lebte seit der Trennung von ihrem Mann mit ihrem elfjährigen Sohn in Markdorf und arbeitete in einem Geschäft für Haushalts- und Schreibwaren. Nach den Schüssen auf seine Frau soll der Angeklagte zu einer Zeugin gesagt haben: "Jetzt hat sie das, was sie verdient hat." Laut Staatsanwalt habe der Mann die Frau als seinen Besitz angesehen. Die Trennung habe ihn in seinem Selbstverständnis gekränkt. Aus Sicht des Staatsanwalts ist das ein klassischer Fall von Femizid.

Frau hatte Ehemann schon vorher angezeigt

Nach der Tat soll der Mann in ein Taxi gestiegen sein, um sich zum Polizeiposten Pfullendorf fahren zu lassen. Dort wurde er festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Er soll bereits vor der Tat gewalttätig gegenüber seiner Frau gewesen sein. Sie hatte ihn mehrfach angezeigt. Es war ihm im Vorfeld der Tat verboten worden, sich seiner Frau anzunähern.

Mehr zur Tat in Markdorf und zum Thema Femizid

Markdorf

Ehemann wird Mord vorgeworfen Anklage nach tödlichen Schüssen in Markdorf erhoben

Ende Januar ist in Markdorf eine 44-jährige Frau erschossen worden. Nun hat die Staatsanwaltschaft Konstanz Anklage gegen den 47-jährigen Ehemann erhoben. Sie wirft ihm Mord vor.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Markdorf

Tatverdächtiger in U-Haft Frau in Markdorf erschossen: Ermittlungen dauern an

Nach dem Tötungsdelikt in Markdorf im Bodenseekreis laufen die Ermittlungen zu den Hintergründen und dem Tathergang. Die Spurensicherung am Tatort sei abgeschlossen, so die Polizei.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Einsatz gegen Gewalt an Frauen Femizide: Was Menschen in BW dagegen tun

Fast jeden Tag versucht in Deutschland ein Ehe- oder (Ex-)Partner, eine Frau zu töten. Aktivistinnen sehen ein strukturelles Problem. Härtere Strafen aber seien nicht die Lösung.

Südbaden

24 Femizide 2022 in BW Femizide und häusliche Gewalt in Freiburg und der Region

In Südbaden sind in den ersten sechs Monaten des Jahres vier Frauen Opfer eines Femizids geworden.

SWR4 BW aus dem Studio Freiburg SWR4 BW Südbaden

Stand
Autor/in
Julia Kretschmer
Julia Kretschmer Portrait SWR Volontärin 2022

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.