Weißstörche bilden auch in Oberschwaben und am Bodensee immer mehr Kolonien. So gebe es zum Beispiel in Isny, Zußdorf, Altshausen und Ebenweiler im Kreis Ravensburg Storchenkolonien mit bis zu zehn Nestern, sagt Ute Reinhard, Weißstorchbeauftragte für Südwürttemberg. Ähnlich große Kolonien gibt es in Riedlingen (Kreis Biberach) sowie in Göggingen und Ostrach (Kreis Sigmaringen). In Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) seien es bereits mehr als 20 Nester, so Ute Reinhard. Außerdem gibt es schon länger sehr große Kolonien in Salem (Bodenseekreis) und Radolfzell-Böhringen (Kreis Konstanz).
Einst waren Weißstörche in Deutschland fast ausgestorben. Inzwischen brüteten bundesweit rund 10.000 Paare, sagt Storchenexperte Kai-Michael Thomsen vom Michael-Otto-Institut des Naturschutzbunds Deutschland. In den vergangenen Jahren habe die Population im Westen Deutschlands stark zugenommen, so Thomsen. Auch in Oberschwaben ist die Zahl der Weißstörche laut Ute Reinhard überdurchschnittlich stark gestiegen.
Experten können sich Verhalten kaum erklären
Wissenschaftlich sei das Verhalten der Störche schwer zu untersuchen, man könne nur Vermutungen anstellen, sagt Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell (Kreis Konstanz). In den ersten Jahren versuche ein Brutpaar alles, um sein Revier gegen Neuankömmlinge zu verteidigen, gebe es aber schon mehrere Nester nebeneinander, ziehe das weitere magisch an. "Aber was da genau passiert, ist nicht ganz klar", sagt Wolfgang Fiedler.
Verändertes Zugverhalten der Störche
Die zunehmende Koloniebildung der Vögel könnte nach Ansicht von Fiedler auch mit einem veränderten Zugverhalten zusammenhängen. Die Zahl der Störche, die über die Westroute in die Winterquartiere fliegen, habe zugenommen. Etwa zwei Drittel von ihnen fliege gar nicht mehr bis nach Afrika, sondern überwintere großteils in Spanien. Diese Störche werden Westzieher genannt und haben bessere Überlebenschancen als die "Ostzieher", die viele Tausend Kilometer mehr zurücklegen - zum Beispiel bis nach Südafrika.
Das könnte wiederum Auswirkungen auf die Rückkehr der Störche nach Deutschland haben, vermutet er. Die "Westzieher", die eine kürzere Strecke zurücklegen müssten, könnten schon ab Mitte Februar auf dem Nest sitzen. "Dann wird der Druck größer, früher zurückzukehren. Wer zuerst auf dem Nest sitzt, hat immer Vorteile", so Fiedler.