Neubau der Justizvollzugsanstalt Hinzistobel in Ravensburg.

Häftlinge sprechen von teils "radikalem Personal"

Vorwürfe an Ravensburger Gefängnis: Todesfall durch unterlassene medizinische Versorgung

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Karin Wehrheim
SWR-Redakteurin Karin Wehrheim Autorin Bild

Schlechte medizinische Versorgung, menschenunwürdige Beschimpfungen und eine teils "rechtsextreme Gesinnung" beim Personal - 80 Gefangene der JVA Hinzistobel haben massive Vorwürfe erhoben.

Ein Todesfall wegen möglicherweise unterlassener medizinischer Versorgung und eine angeblich rechte Gesinnung von Teilen des Anstaltspersonals: Diese Vorwürfe haben rund 80 Gefangene der Haftanstalt Hinzistobel in Ravensburg in einem Brief an mehrere Medien erhoben. Man könne dem "massiven psychischen Leidensdruck, der den Häftlingen von Mitarbeitern der Anstalt zugefügt wird, kaum noch standhalten", heißt es darin. Das Justizministerium als Aufsichtsbehörde will die Vorwürfe prüfen.

Vorwurf der Häftlinge: rechtsradikale Sprüche und Schikane

In dem Brief, der dem SWR vorliegt, ist von "zahlreichem rechtsradikalem und drogenabhängigem Personal" die Rede, das Insassen mit Sprüchen wie "Arbeit macht frei" und "Dreckskanacken" konfrontiere und sie schikaniere, anstatt sie zu resozialisieren.

Willkürlicher, maßloser, hemmungsloser und gesetzesloser können Mitarbeiter einer JVA kaum sein.

Vor allem aber fühlen sich die Häftlinge medizinisch schlecht versorgt. So sei ein Gefangener gestorben, weil eine Fuß-Infektion nicht vernünftig behandelt worden sei. Oft seien nur Schmerztabletten das Mittel der Wahl. Und auch der Psychologische Dienst funktioniere nicht.

Das Justizministerium ging auf die einzelnen Vorwürfe bislang nicht ein, will sie aber nach eigenen Angaben prüfen. Falls notwendig würden die erforderlichen Maßnahmen der Dienst- oder Fachaufsicht ergriffen, heißt es in einem Schreiben. Die Justizvollzugsanstalt Ravensburg behandele die Gefangenen entsprechend dem gesetzlich vorgegebenen Vollzugsziel der Resozialisierung.

Anhaltspunkte für nachteilige Abweichungen in Bezug auf die Justizvollzugsanstalt Ravensburg im Vergleich zu anderen Justizvollzugsanstalten des Landes liegen der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Fachaufsicht nicht vor.

Justiziministerium BW: Zuvor keine Kenntnis von Missständen

Man habe bis vor Kurzem ebenso wenig von dem Brief gewusst wie die Ravensburger Anstaltsleitung, so das Ministerium. Der Brief von rund 80 Gefangenen war an mehrere Medien gegangen, so auch an die "Südwest Presse". Sie hatte zuerst darüber berichtet.

Neubau der Justizvollzugsanstalt Hinzistobel in Ravensburg.
80 Gefangene der JVA Hinzistobel haben massive Vorwürfe gegen das Gefängnis erhoben.

Die Ravensburger Justizvollzugsanstalt Hinzistobel hat seit der Erweiterung im vergangenen Jahr Platz für 389 Häftlinge. Derzeit sei sie mit 409 Gefangenen überbelegt, heißt es im Schreiben des Justiziministeriums. Hintergrund der Überbelegung seien im Juni in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim kurzfristig erforderlich gewordene Baumaßnahmen, die jedoch im September/Oktober 2024 abgeschlossen sein sollen.

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