Nur noch 20 Tonnen Felchen haben die Berufsfischer im vergangenen Jahr aus dem Bodensee geholt. Die weitaus meisten Felchen in den Restaurants am See sind importiert. Felchen in Aquakulturen am Bodensee zu züchten, könnte eine Lösung sein. Allerdings liegt das Vorhaben, bis zu vier Netzgehege für Felchen im Bodensee vor Überlingen (Bodenseekreis) zu installieren, seit gut zwei Jahren auf Eis. Der Antrag dazu lag als Entwurf bereits im Landratsamt Konstanz vor. Eingereicht hatte ihn die Genossenschaft BodenseeRegioFisch mit dem Vorsitzenden, Martin Meichle aus Hagnau.
SWR-Reporterin Karin Wehrheim berichtet über den aktuellen Stand zum Thema Aquakulturen am Bodensee.
Netzgehege für Felchen im Bodensee kommen nicht
Die Genossenschaft BodenseeRegioFisch zog den Entwurf zurück, weil sowohl die Stadt Überlingen als auch die Bodenseewasserversorgung, Naturschutzverbände und andere Fischer sich gegen Aquakultur im Bodensee ausgesprochen hatten. Ihre Hauptkritik: Schlamm aus den Netzen, Futterreste, Kot, auch Krankheitskeime könnten in den Trinkwasserspeicher Bodensee gelangen. Familie Meichle sagte auf SWR-Anfrage, es sei nicht geplant, einen weiteren Vorstoß zu machen.
Fischzuchten im Bodensee-Hinterland sind keine Alternative
Bestehende Fischzucht-Anlagen im Hinterland des Bodensees produzieren andere Sorten: Forellen, Saiblinge, Karpfen, Äschen. Es gibt Betriebe in Singen, Tettnang, Ravensburg, Kißlegg und Wolfegg – das ist die nach eigenen Angaben größte Fischzucht Baden-Württemberg. Aber ob die Fischzuchten ihren Betrieb auf Felchen ausbauen könnten oder wollen, ist unklar. Das Problem ist nämlich: Blaufelchen sind nicht einfach zu züchten, sie reagieren empfindlich auf sogenanntes "Handling", also menschlichen Eingriff.
Eine andere Felchensorte wäre für die Zucht in Anlagen an Land eher geeignet: der Sandfelchen. Die Fischereiforschungsstelle Langenargen baut derzeit einen Stamm von Elterntieren auf, die für Züchtung geeignet sein könnten, aber das ist noch nicht abgeschlossen. Die meisten Bodenseefischer haben wenig Interesse, auf ihrem Grundstück große Betonbecken für Felchenzucht aufzubauen. Denn das ist aufwändig und teuer.
Felchen aus gründlich gereinigtem Wasser der Kläranlage
Ein erfolgversprechendes Pilotprojekt mit der Zucht von Felchen an Land hat es am Schweizer Ufer gegeben: Die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Altenrhein hat gemeinsam mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Zürich im geklärten Wasser der ARA, also am Ende der Reinigung, Fische großgezogen. Erst wenige Egli und Karpfen, die wurden geprüft und für schadstofffrei befunden, dann 1.300 Felchen, schließlich 5.000 Saiblinge. Es handelt sich um ein geschlossenes Kreislaufsystem, der Schlamm landet im Faulturm, das Wasser wird gereinigt und für die Fische wiederverwendet.
Die Betreiber der ARA Altenrhein schätzen, dass pro Jahr zwei Tonnen Fisch dort produziert werden können. Mehr noch: In den kommenden Jahren könnte jede zehnte Kläranlage in der Schweiz außer Betrieb gehen, weil die gesetzlichen Anforderungen verschärft worden sind. Dann stünden viele Klärbecken mit den notwendigen Messgeräten für Wasserqualität und Sauerstoffgehalt für die Zucht von Felchen zur Verfügung.