Der Radwegnetz-Ausbau in Baden-Württemberg geht deutlich langsamer voran als geplant. Das zeigt die Antwort des Landesverkehrsministeriums auf eine Landtagsanfrage der SPD-Fraktion, die dem SWR vorliegt.
Der im März 2023 veröffentlichte Bedarfsplan umfasst 2.000 Kilometer Radwege bis 2040. Im ersten Jahr 2023 wurden aber nur rund zwölf Kilometer Radwege an Bundesstraßen und knapp 28 Kilometer an Landstraßen fertiggestellt. Das teilte das Ministerium Anfang November mit. Der Grund seien komplexe und zeitintensive Planungsprozesse. Auch bei den Radschnellwegen ist man noch weit von den Zielen entfernt. Von geplanten 350 Kilometern wurden bisher nur 19 Kilometer gebaut.
Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Jan-Peter Röderer, spricht gegenüber dem SWR von einer vernichtenden Bilanz für den BW-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Wenn es in diesem Tempo weitergehe, werde das Radnetz nicht 2040, sondern 2073 fertig sein.
ADFC sieht nur punktuelle Verbesserungen beim Radverkehr
Was Radfahren in Baden-Württemberg angeht, registriert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) punktuelle Verbesserungen, aber keine flächendeckenden Veränderungen. Im Fahrradklimatests des Verkehrsclubs hätten die Kommunen in Baden-Württemberg 2022 nur eine Durchschnittsnote von 3,9 erhalten. Viele Menschen, die sich für den Radverkehr einsetzen, kämpften oft gegen Windmühlen. "Es geht nur schleppend voran", bedauert Landesgeschäftsführerin Kathleen Lumma.
Als fahrradfreundlich gelten Städte und Kreise mit einem Radverkehrsanteil von über 20 Prozent. Das erreichen laut Verkehrsministerium etwa Freiburg, Karlsruhe, Heidelberg und der Ortenaukreis. Freiburg und Karlsruhe gehören gemeinsam mit Rutesheim und Tübingen laut ADFC auch bundesweit zu den fahrradfreundlichsten Städten. In Tübingen wurde beispielsweise zuletzt eine beheizte Radbrücke eingeweiht.
Interesse an Radverkehr laut Ministerium da
Das Landesverkehrsministerium verzeichnet eine stetig steigende Nachfrage der Kommunen nach Landesförderung. "Die Menschen erwarten heute nicht nur sichere und bequeme Radwege – sie fordern gerade in der Stadt eine Infrastruktur, die das Fahrrad als echtes Alltagsverkehrsmittel unterstützt. Und das fordern sie auch zurecht", so BW-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Fördertöpfe gibt es laut Ministerium viele. Aber: Wer als Kommune gefördert werden will, muss laut Städtetag einen Eigenanteil leisten - ein Problem, wenn das Geld knapp ist. Aus Sicht des ADFC hingegen fehlt meist nicht das Geld, sondern der Wille, dem Radverkehr Priorität einzuräumen. Im Vergleich zum Autoverkehr werde die Infrastruktur für das Rad "oft als verhandelbarer Luxus" angesehen.