Justiz soll entlastet werden

BW setzt bei Klimaaktivisten und Randalierern auf Schnellverfahren

Stand

Ob Silvesterrandale oder Klima-Verkehrsblockaden - die Landesregierung setzt auf Expressverfahren. Bei einfachen Sachverhalten sei das möglich, sagt die Justizministerin.

Wer an Silvester randaliert oder als Klimaaktivist oder -aktivistin Straßen blockiert, muss mit beschleunigten Verfahren rechnen. Das hat Justizministerin Marion Gentges (CDU) mitgeteilt.

"Verkehrsblockaden von Klimaaktivisten sind grundsätzlich geeignet, im beschleunigten Verfahren behandelt zu werden", sagte die Ministerin. Voraussetzung für Expressverfahren seien ein leicht zu führender Nachweis und ein nicht allzu komplizierter Sachverhalt. "Beide Voraussetzungen liegen bei diesen Straftaten vor", so Gentges.

Gentges: Klebt sich jemand fest, ist Beweislage klar

Beschleunigte Verfahren seien eine Option, schneller zu verhandeln und die Strafe sofort folgen zu lassen. In Baden-Württemberg seien sie an mehreren Standorten etabliert und Staatsanwaltschaften sowie Gerichte personell verstärkt worden.

"Klebt sich ein Aktivist oder eine Aktivistin auf der Straße fest, muss nicht mehr viel ermittelt werden", sagte Gentges. "Die Beweislage ist klar. Nach Feststellung der Personalien eignet sich eine solche Tat gut für schnelle Sanktionen." Eine schnelle Strafe könne auch eine abschreckende Wirkung haben. "Grundsätzlich gilt: Wenn die Strafe der Tat auf dem Fuße folgt, ist sie effektiver, als wenn ein längerer Zeitraum dazwischen liegt."

Hehres Ziel rechtfertige keine Straftaten

Die Aktivisten strebten natürlich nach einem Ziel, das auch die Gesellschaft erreichen wolle, sagte Gentges. Aber: "Ein noch so hehres Ziel rechtfertigt nicht das Begehen von Straftaten." Es gebe zahllose Möglichkeiten, seine Meinung zu äußern, zu demonstrieren und so auf Missstände aufmerksam zu machen. "Das ist ein hohes Gut, das wird auch hoch geschützt", sagte die Ministerin. "Aber mit Straftaten auf politische Ziele aufmerksam zu machen, und seien es auch noch so berechtigte Anliegen, das ist ganz sicher der falsche Weg."

Gentges kritisierte auch das Argument des legitimen letzten Mittels, das Aktivistinnen und Aktivisten oft formulieren. "Die Klimaaktivisten nehmen eine überlegene Moral für sich in Anspruch und kommen doch über plumpe Straftaten nicht hinaus", sagte die Ministerin. Damit erwiesen sie nicht nur dem Klimaschutz einen Bärendienst, sondern beschädigten auch die Demokratie.

Opposition für Expressverfahren

Zur Möglichkeit, schnelle Verfahren bei Klimaaktivisten und -aktivistinnen anzuwenden, sagte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Nico Weinmann: "Es steht zu hoffen, dass die Landesregierung diesen Worten nun auch Taten folgen lässt und es nicht bei wohlklingenden Absichtsbekundungen bleibt." Die AfD sieht Schnellverfahren als "ausgezeichnete Möglichkeit, der Geiselnahme von Autofahrern durch sogenannte 'Straßenkleber' Einhalt zu gebieten".

Schnelle Haft nach Silvester-Randale

Vergangene Woche hatte das Amtsgericht Heilbronn einen 30 Jahre alten Mann in einem schnellen Verfahren zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Er hatte an Silvester randaliert und Polizisten angegriffen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte das schnelle Handeln der Justiz begrüßt. "Baden-Württemberg ist nicht Berlin", teilte der CDU-Politiker am Sonntag mit. "Bei uns läuft es anders, an Silvester und im Umgang damit. Bei uns gilt: Silvesterradau - im neuen Jahr Bau."

Modellprojekte seit 2020

Mit Urteilen am selben oder teils dem nächsten Tag will die Justiz vor allem den zeitraubenden und kostspieligen Ablauf bei kleineren Delikten umgehen. Schnelle Entscheidungen vor Gericht sollen nicht nur Staatsanwaltschaften und Gerichte, sondern auch Opfer, Zeugen und Beschuldigte entlasten. Für all diese Gruppen gilt laut Ministerium die Auffassung, dass Strafverfahren und die Ungewissheit ihres Ausgangs eine Belastung darstellen.

In einer Vielzahl der beschleunigten Verfahren wird spätestens am Tag nach der Tat ein Urteil gesprochen. Als Modellprojekte laufen sie bereits seit 2020 in Freiburg, Mannheim und Stuttgart. Später kamen zwei weitere Standorte in Offenburg (Ortenaukreis) und Karlsruhe hinzu. Seit Beginn des Jahres kann auch in Heilbronn entsprechend entschieden werden. In der Zeit der Pandemie hatte es nach Angaben des Ministeriums weniger geeignete Fälle und auch nur wenige Verhandlungen gegeben.

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SWR

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