Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Manuel Hagel hat die Wahlrechtsreform der Bundesregierung scharf kritisiert und würde sich wünschen, dass das Land dagegen klagt. "Eine Landtagsfraktion kann nicht vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Landesregierungen können das", sagte Hagel der Deutschen Presse-Agentur. Dafür müsste die CDU aber den grünen Koalitionspartner mit ins Boot holen - die Grünen könnte das in die Bredouille bringen, denn sie sitzen im Bund in der Ampel-Regierung und sind somit an der Reform beteiligt.
Wahlrechtsreform-Klage: CDU bräuchte Zustimmung der Grünen
Wenn ein Gesetz derart nach Verfassungsgericht schreie, dann erwarte er, dass sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) das sehr genau anschaue und alle Optionen prüfe, so Hagel. "Auch wenn das für so manchen Grünen schmerzhaft sein mag, Ministerpräsident Kretschmann hat ja auch schon mehrfach gezeigt, dass die Parteicouleur nicht erste Triebfeder seiner Handlungen ist", sagte der CDU-Politiker. "Diese Souveränität ist gut für unser Land. Darauf setze ich auch dieses Mal. Wenn es nach mir geht, sollte Baden-Württemberg mit Bayern zusammen klagen."
Kretschmann und Grünen-Fraktion erteilen Hagels Vorschlag eine Absage
Auf die Unterstützung des Ministerpräsidenten dürfte Hagel allerdings wenig hoffen. Eine Sprecherin von Kretschmann sagte dazu am Montag: "Der Ministerpräsident hat bereits deutlich gemacht: Es ist nicht die Aufgabe der Exekutive, Wahlrechtsreformen zu machen oder zu bewerten - noch dazu solche im Bund." Im Übrigen stehe es auch Parteien offen, den Rechtsweg zu beschreiten, sagte sie.
Auch die Grünen im Land zeigten sich zurückhaltend. Ein Sprecher der Fraktion teilte mit: "Wir Grünen sehen das anders - für uns ist das kein Thema. Eine Klage gegen die Wahlrechtsreform im Bund steht nicht auf der gemeinsamen Agenda unserer Koalition."
Bayern kündigte Klage gegen Wahlrechtsform des Bundestags an
Die bayerische Staatsregierung hat bereits angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Wahlrechtsreform zu klagen. Auch die Unions-Fraktion im Bund will klagen. Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte die Reform jüngst als "Schwächung des Südens" kritisiert. "Das ist eine Reform, die der Demokratie mehr schadet als sie der Demokratie nützt", sagte er. "Hier wird ein neues Wahlrecht geschaffen, in dem diejenige oder derjenige, der vom Volk gewählt wird, unmittelbar und direkt, dann nicht mehr ins Parlament einzieht."
Hagel: "Reduktion der Wahlkreise und Listenmandate wäre richtig gewesen"
Hagel kritisierte nun, die Ampel habe sich ein Wahlrecht nach eigenem Gusto zusammengezimmert. "Eine einfache gleichmäßige Reduktion der Wahlkreise und Listenmandate wäre das Richtige und Klarste gewesen, um das zu tun, was ja dringend nötig war: den Bundestag zu verkleinern", sagte er. Der Vorschlag sei offenbar chancenlos gewesen. "Vielleicht, weil der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil in Niedersachsen in einem der Wahlkreise gewählt ist, der einer solchen Reform als erstes zum Opfer gefallen wäre." Hagel sagte weiter, dieses Wahlrecht sei auf "Enttäuschung und Täuschung der Wähler" angelegt. "Viele Wahlkreissieger werden nicht in den Bundestag einziehen - das ist eine noch nie da gewesene Ignoranz des Wählerwillens."
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer hatte zuletzt als Kompromiss vorgeschlagen, die Fünf-Prozent-Hürde auf vier Prozent zu senken. Zum geplanten Wegfall der Grundmandatsklausel sagte er, dieser habe "aus allen Richtungen zu erheblicher Kritik geführt, die wir ernst- und aufnehmen müssen". CSU-Chef Markus Söder erteilte diesem Vorschlag allerdings bereits eine Absage.