"Kein Bekenntnis zum Industriestandort"

Stellenabbau bei Bosch in Leinfelden-Echterdingen - Kritik von IG Metall

Stand
Onlinefassung
Matthias Roman Schneider
SWR Aktuell, Logo

Mehr als jede vierte Stelle von Bosch Power Tools soll in Leinfelden-Echterdingen gestrichen werden. Die IG Metall kündigte an, um jeden einzelnen Arbeitsplatz zu kämpfen.

Bei 560 Stellen soll innerhalb der Werkzeugsparte Power Tools des Technologiekonzerns Bosch in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) der Rotstift angesetzt werden. Die Beschäftigten vor Ort sollen laut SWR-Informationen schockiert gewesen sein, als sie am Mittwoch die Nachricht erhielten. Denn die Geschäftsleitung habe dem Vernehmen nach eigentlich Große Pläne für den Standort gehabt und zuletzt deutlich Personal aufgebaut.

Grund: Wettbewerbsfähigkeit am globalen Markt

Thomas Donato, Vorsitzender des Bereichsvorstands von Bosch Power Tools, erklärt in einem Statement gegenüber dem SWR, man habe sich sehr viele Gedanken über diese Entscheidung gemacht - sie sei dem Unternehmen nicht leicht gefallen. Aber im globalen Markt, müsse man die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig verbessern.

Aus Sicht der IG Metall beklage die Geschäftsleitung, dass zu hohe Kosten das Betriebsergebnis drückten. Tatsächlich habe Bosch Power Tools in den letzten Jahren Marktanteile in einzelnen Märkten verloren, so Max Czipf von der IG-Metall Esslingen. Deshalb wolle Bosch Power Tools jetzt schneller und effizienter werden, um besser auf den Markt und die Kunden reagieren zu können. "Menschen loszuwerden, von denen man in den letzten Jahren viele erst aus gutem Grund eingestellt hat, löst das Problem aber aus Sicht der IG Metall nicht", teilte die Gewerkschaft in einer Mitteilung mit, die dem SWR vorliegt. Gerade in der Corona-Pandemie, als die Branche der Elektrowerkzeughersteller von einer Sonderkonjunktur in den Baumärkten profitiert habe, sei man froh über jeden Mitarbeitenden gewesen. Dass es nun einen Abschwung gebe, sei abzusehen gewesen.

"Wir haben uns sehr viele Gedanken darüber gemacht und diese Entscheidung fiel uns auch nicht leicht. Aber im globalen Markt, der hart umkämpft ist, müssen wir nachhaltig unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern."  

Stellenabbau vor allem bei Forschung und Entwicklung

Die Streichungen sollen vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung, und der Verwaltung stattfinden. In der Produktion seien schon in den letzten Jahren drastisch Stellen abgebaut worden, sagte die IG Metall dem SWR.

Der Stellenabbau bei Bosch ist laut IG Metall kein Bekenntnis zum Industriestandort. Außerdem stört sich Czipf von der IG Metall daran, dass der Konzern seine Arbeitsfelder insbesondere nach China verlagere und sich dadurch "abhängiger" mache "von einem autokratischen Land". Das sei falsch, so Czipf. In einer Mitteilung riet die IG Metall des Weiteren der Geschäftsleitung, "einen langen Atem zu beweisen und das aufgebaute Know-how und Personal einzusetzen, anstatt abzubauen oder zu verlagern." Eine weitere Verlagerung von Know-how, insbesondere von Entwicklungskompetenz in sogenannte "Low-Cost-Länder" wie China, sei ein fatales Signal. Eine solche Entscheidung könne sich schon sehr bald rächen.

"Es ist kein Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland."

Jobs sollen ins günstigere Ausland verlagert werden

Es ist seitens Bosch die vierte Ankündigung dieser Art in kürzester Zeit. Der Konzern hatte seine Beschäftigten erst vor einer Woche darüber informiert, dass er weitere 500 Stellen abbaut. Konkret ging es dabei um die Sparte für elektronische Steuergeräte, also den Geschäftsbereich Mobility Electronics. Außerdem stehen darüber hinaus in den nächsten drei Jahren bei Bosch global 1.200 Arbeitsplätze auf dem Spiel, auch in Abstatt (Kreis Heilbronn) - davon 950 in Deutschland.

Einzelne Tätigkeiten sollen dem Konzern zufolge an kostengünstigeren Standorten im Ausland angesiedelt werden. Das soll den Angaben nach so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Als Beispiele nannte eine Bosch-Sprecherin Altersteilzeit- und Vorruhestandsangebote sowie Abfindungsvereinbarungen und die Vermittlung an andere Standorte der Bosch-Gruppe.  Zu den Plänen starten demnach nun Gespräche mit den Arbeitnehmervertretungen.

Abstatt

Autonomes Fahren läuft nicht wie erhofft Bosch plant Stellenabbau auch in Abstatt

Weil die Entwicklung beim autonomen Fahren stockt, will Bosch mehr Stellen abbauen als geplant. Laut "Handelsblatt" ist auch Abstatt betroffen.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Das macht Bosch Power Tools

Bosch Power Tools stellt unter anderem Elektrowerkzeuge, Gartengeräte, Messtechnik und Zubehör her. Zusammen mit den Haushaltsgeräten bildet die Sparte den Geschäftsbereich Consumer Goods, der 2022 rund 25 Prozent des gesamten Bosch-Umsatzes von etwas mehr als 88 Milliarden Euro ausmachte. Für die deutlich größere Autozuliefersparte wurden in den vergangenen Wochen mehrfach ähnliche Pläne bekannt. Dort will Bosch aktuell bis zu 3.200 Stellen streichen, unter anderem in der Antriebssparte sowie in Bereichen, die für Fahrzeugcomputer, Steuergeräte und die entsprechende Software zuständig sind.

Mehr zum Thema Stellenabbau bei Bosch

Leinfelden Echterdingen/Gerlingen

Jetzt auch Power Tools betroffen Bosch streicht erneut Hunderte Stellen

Nächster Stellenabbau bei Technologiekonzern Bosch: Nach dem Bereich Autozulieferung ist nun auch die Werkzeugsparte an der Reihe. Einzelne Tätigkeiten werden ins Ausland verlegt.

SWR Aktuell Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz SWR Aktuell

Schwieberdingen

Grund: Weniger Aufträge für Elektronik Bosch baut 500 weitere Stellen ab - Auch BW-Standorte betroffen

Es ist die dritte Ankündigung in kurzer Zeit. Diesmal geht es um die Sparte für elektronische Steuergeräte. Entlassen werden soll dort aber niemand.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Stuttgart

Bundeskanzler Scholz besucht Mercedes-Benz Kriselnde Autoindustrie in BW: Wie geht es weiter?

Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Mercedes-Benz und trifft auf eine Branche in der Krise. Nach einer Studie werden in BW bis 2030 rund 70.000 Jobs in der Autoindustrie wegfallen.

SWR2 Aktuell – Wirtschaft SWR2

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.