Ärger um Losverfahren für knappes Fördergeld

Grün-Schwarz uneins über Ausbau von Ganztagsschulen in BW

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Die Zeit drängt: Ab 2026 müssen Grundschulen Kindern eine Ganztagsbetreuung garantieren. In BW fehlen aber zehntausende Plätze und viel Geld für den Ausbau. Das sorgt für Zoff.

In der CDU gibt es nach SWR-Informationen Unmut über das Vorgehen des grün-geführten Kultusministeriums, die knappen Fördermittel des Bundes für die Ganztagsgrundschulen per Los zu verteilen. Es sei nicht akzeptabel, "Zuschussmittel zu verlosen. Staatliches Handeln zur Erfüllung von Pflichtaufgaben kann keine Lotterie sein", erklärte Albrecht Schütte, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Kultus- und Finanzministerium müssten eine andere Lösung finden, da sonst mehrere hundert Schulträger leer ausgingen.

CDU-Finanzpolitiker will dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr

Schütte fordert, dass Baden-Württemberg das unzureichend finanzierte Bundesprogramm über mehrere Jahre mit Landesgeld anfüttert, um den Anträgen der Kommunen gerecht zu werden. Bei der angespannten Haushaltslage sei zwar jede Ausgabe schwierig, aber "den dafür notwendigen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr kann und muss die Landesregierung zur Verfügung stellen", schreibt Schütte auf seiner Webseite. Dem SWR sagte der Finanzpolitiker auf Nachfrage, dazu stehe er weiterhin.

Falls Kultus- und Finanzministerium hier nicht lieferten, müsse im parlamentarischen Verfahren der Haushaltsberatung dringend nachgesteuert werden. Nach SWR-Informationen sind auch andere CDU-Landtagsabgeordnete und -Kommunalpolitiker verärgert über das Vorgehen des Kultusministeriums.

Kultusministerium hält Losverfahren für beste Lösung 

Beim von Theresa Schopper (Grüne) geführten Kultusministerium versteht man die Aufregung nicht. Das Los werde ausschließlich für die Reihenfolge bei der Prüfung der Anträge verwendet, das sei üblich und rechtssicher. Alternativ hätte der Fördersatz von 70 Prozent gesenkt werden können, aber diese Lösung habe man verworfen, heißt es dort. Das wäre nicht mehr sinnvoll gewesen.

BW hinkt beim Ganztag anderen Ländern weit hinterher

Von 2026 an haben Eltern bundesweit einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule für ihr Kind. Baden-Württemberg hinkt aber beim Ausbau im Vergleich zu anderen Bundesländern weit hinterher: Es müssen bis dahin laut Studien noch zehntausende Plätze geschaffen werden.

Bund gibt Anschubfinanzierung

Das Investitionsprogramm für die bauliche Erweiterung der Grundschulen kommt vom Bund, der auch den Rechtsanspruch von 2026 an beschlossen hat. Baden-Württemberg bekommt 380 Millionen Euro aus dem Topf. Die BW-Kommunen schätzen, dass Anträge in Höhe von 1,2 Milliarden Euro eingegangen sind. Hintergrund dieses hohen Bedarfs ist, dass die Ganztagsschule in Baden-Württemberg lange keinen hohen Stellenwert hatte. Bei den Grünen heißt es immer wieder, diese Altlast habe man früheren CDU-geführten Landesregierungen zu verdanken. Neben der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll der Ganztag auch dafür sorgen, dass Lerndefizite aufgeholt werden können. Vor allem die fehlenden Sprachkenntnisse von Kindern mit Migrationshintergrund sollen angegangen werden.

BW-Kommunen halten Rechtsanspruch für unrealistisch

Angesichts des absehbaren Geld- und Personalmangels weisen die Kommunen schon lange daraufhin, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung ab 2026 unrealistisch sei. Sie hatten auch das Losverfahren bei der Prüfung der Anträge heftig kritisiert. Laut Gemeindetag hatten die Kommunen der Landesregierung vorgeschlagen, dass die Schulträger zunächst in Vorleistung gehen und die fehlenden Fördermittel von Bund oder Land über die kommenden Jahre verteilt aufgebracht werden. Wenn das nicht möglich sei, müsse der Rechtsanspruch um mindestens fünf Jahre nach hinten zu verschoben oder ganz zurückgenommen werden.

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Dem Vernehmen nach ist in der grün-schwarzen Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ein weiterer Landeszuschuss schon länger im Gespräch. Zuletzt hatte sich die Haushaltslage in BW etwas entspannt. Im Etat 2025/2026 kann die Koalition etwa 1,3 Milliarden Euro für politische Schwerpunkte ausgeben. Doch ein großer Teil des Geldes ist schon gebunden. So sollen rund 250 Millionen Euro für das Sprachförderpaket in Kitas und Grundschulen fließen, zudem soll ein Investitionspaket für die Innere Sicherheit geschnürt werden. Zuletzt hatte es in der Koalition geheißen, es gebe für den letzten Haushalt vor der Landtagswahl 2026 zahlreiche Wünsche aus den Ressorts. Eine größere Finanzspritze für die Kommunen würde den Spielraum für die Ministerien deutlich einengen.

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