Beflügelt vom Umfragehoch der Bundes-AfD setzt sich die Rechtsaußen-Partei auch in Baden-Württemberg neue ehrgeizige Ziele. AfD-Landtagsfraktionschef Anton Baron will nach der nächsten Landtagswahl - wenn rechnerisch möglich - mit der CDU regieren. Dem SWR sagte Baron: "Ja, wir halten das für eine realistische Perspektive."
AfD will regieren und gestalten
Baron appellierte an die CDU, sich für eine Zusammenarbeit zu öffnen. "Ich kann nur raten, hier Gespräche zu führen." Die Alternative für die CDU sei, mit linken Parteien zu regieren. Die Schnittmengen seien mit der CDU am größten, auch wenn diese momentan den Grünen hinterherliefen. Der Anspruch für die AfD sei klar: "Wir wollen regieren, wir wollen gestalten."
AfD als Juniorpartner der CDU?
Der 35 Jahre alte Fraktionschef kann sich nach eigenen Worten auch vorstellen, als Juniorpartner in ein Bündnis mit der CDU einzusteigen. "Wir müssen einfach mal abwarten, wie weit wir auseinander sind, dann können wir uns immer noch überlegen, ob wir tatsächlich Gespräche aufnehmen wollen und mit der CDU gemeinsame Punkte finden und Koalitionsgespräche führen."
Populisten im Umfragehoch Anlaufstelle für Protest: Ein Besuch am AfD-Stand auf der Verbrauchermesse
Vor allem die höheren Preise und der Heizungsstreit der Ampel bescheren der AfD im Bund einen Aufschwung in den Umfragen. Auch in Baden-Württemberg will die AfD davon profitieren.
Der Fraktionschef weicht mit seinem Bekenntnis zu einer möglichen Koalition mit der CDU und der AfD als kleinerer Partner von der Parteilinie ab. Bisher hatte es immer aus der Parteispitze geheißen, die AfD wolle nur regieren, wenn sie auch den Ministerpräsidenten stellen kann.
Baron: BW-AfD profitiert von guten Umfragen der Bundes-AfD
Zuletzt hatten Umfragen die AfD im Bund bei 18 bis 19 Prozent gesehen, teilweise vor der Kanzlerpartei SPD. Baron zeigte sich überzeugt, dass die Landes-AfD von dem Aufwind profitieren werde. Die höheren Preise für Energie und Lebensmittel führten auch in Baden-Württemberg zu Frust. "Die Menschen und Bürger in Baden-Württemberg merken das langsam auch, dass das im Geldbeutel immer weniger wird."
CDU weist Kooperationsbereitschaft der AfD zurück
CDU-Landtagsfraktionschef Manuel Hagel wies die Annäherungsversuche der AfD zurück. "Christdemokraten und die AfD haben keine Schnittmengen", sagte er dem SWR. "Aber eines sage ich auch in aller Deutlichkeit: Ich lass mir meine Überzeugungen und die eigene Meinung nicht nehmen. Nur weil die AfD was nachplappert, heißt das nicht, dass alles automatisch falsch ist. Wenn wir der rechten Truppe dort auf den Leim gehen, bekommt die AfD die Deutungshoheit über die politische Debatte."
Hagel verwies auf den "Unvereinbarkeitsbeschluss" mit der AfD, wonach von den Kommunen bis zum Bund keine Zusammenarbeit und kein Zusammenwirken mit dieser "chaotischen Truppe" geben könne. Der Grund für den Aufwind für die Populisten sei bei der Ampel in Berlin zu suchen. "Je schlechter die Ampel handelt, desto mehr gehts mit der AfD nach oben." Man müsse die Probleme lösen und dafür sorgen, dass dieses Land funktioniert. "Das tun wir in der Landespolitik sehr gut, deswegen ist die AfD im Land nicht so stark wie im Bund."
FDP-Fraktionschef Rülke: AfD setzt nur auf Emotionen und macht Stimmung
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke führt die Stärke der AfD in den Umfragen auf die Krisen im Land zurück. "Die AfD hat keine Lösungen, sondern setzt nur auf Emotionen und macht Stimmung", so Rülke. Seine Strategie zur Bekämpfung der AfD sei konstruktive Oppositionsarbeit - das funktioniere in Baden-Württemberg besser als im Bund, wo die CDU keine echten Alternativen zur Regierungsarbeit anbieten könne. Das stärke die AfD.
Die guten Umfragewerte der AfD und ihre immer wichtiger werdende Rolle ändere nichts an der Haltung der FDP zu ihr: "Solange die AfD als Partei Antisemiten und Radikale wie Herrn Höcke in ihren Reihen duldet, verbietet sich für eine demokratische Partei jede Zusammenarbeit", so Rülke. Berührungspunkte der Parteien auf inhaltlicher Ebene, etwa bei der Ablehnung der Gendersprache oder in der Migrationspolitik, spielen für Rülke keine Rolle: "Wir erkennen keine Schnittmengen. Es ist nur so, dass die AfD gelegentlich dem zustimmt, was die FDP vorschlägt. Dagegen kann man sich nicht wehren."
Politikwissenschaftler sieht keine möglichen Koalitionen mit der AfD
Der Freiburger Politikwissenschaftler Michael Wehner hält die AfD auf absehbare Zeit für nicht koalitionsfähig. Die anderen politischen Kräfte könnten nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, die zumindest teilweise rechtsextrem sei, so Wehner. Die spannende Frage sei, wie sich die AfD in den kommenden Jahren entwickle: "Wird die AfD Höcke und Co. im Osten folgen oder einen gemäßigten Kurs einschlagen, für den die AfD in Baden-Württemberg eher steht?" Allerdings gebe es auch in Baden-Württemberg immer wieder rechtsextreme Ausschläge.
BW-Innenminister Strobl sieht bei AfD verfassungsfeindliche Bestrebungen
Bei der baden-württembergischen Landtagswahl 2021 war die AfD mit 9,7 Prozent kleinste Oppositionspartei geworden. Seit vergangenem Sommer wird sie vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet - weil es laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen gibt.