Nach dem Krieg untersteht der Rundfunk in Deutschland den Besatzungsmächten. Bis 1949 werden die Sender nacheinander in Anstalten des öffentlichen Rechts überführt. Wenige Tage vor der Übergabe, am 27.12.1947 erklärt Hans Bredow in einer Ansprache was das bedeuten soll: öffentlich-rechtlicher Rundfunk.
Rundfunk soll unabhängig vom Staat sein
Hans Bredow betont, dass der Rundfunk unabhängig vom Staat sein soll, warnt aber auch vor Einflussmöglichkeiten über die Gremien. Die Süddeutschen Rundfunkanstalten sollten hier für noch mehr Unabhängigkeit sorgen.
Angesichts der großen Unterschiede zwischen West- und Norddeutschland macht Bredow deutlich, dass er die Vereinigung in einer großen Anstalt wie dem NWDR für ungünstig hält und plädiert für eine Sendeanstalt im Westen.
„Sender sollen sich zusammenschließen“: Zwei Jahre später gibt es die ARD
Grundsätzlich sei es notwendig, dass die Sendeanstalten zwar unabhängig sind, aber sich zusammenschließen, um eine einheitliche Rundfunkstruktur zu gewährleisten. Damit nahm Bredow den Gedanken der ARD vorweg. Sie wurde dann am 9.6.1950 gegründet.
Der Nordwestdeutsche Rundfunk macht den Anfang
Den Anfang macht der in der britischen Besatzungszone sendende Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR). Seit Kriegsende war er die gemeinsame Rundfunkanstalt für die gesamte britische Besatzungszone mit Hauptsitz in Hamburg und einem Funkhaus in Köln. Er ging aus der Nordischen Rundfunk AG (NORAG) hervor und war 1950 Gründungsmitglied der ARD.
Nach dem Vorbild der BBC soll ein gebührenfinanzierter Rundfunk entstehen
Geprägt wurde der NWDR durch den Briten Hugh Carlton Greene: Er plante, eine Rundfunkanstalt nach dem Vorbild der britischen BBC aufzubauen, unabhängig von politischem Druck, kommerziellen Interessen und durch Gebühren finanziert.
In seiner Rundfunkansprache anlässlich der Übergabe des NWDR von der britischen Militärregierung in deutsche Hände zum 1. Januar 1948, berichtet Hans Bredow am 27.12.1947 vom Wiederaufbau des deutschen Rundfunks nach dem Krieg und der Konzeption einer unabhängigen Rundfunkanstalt.
„Freiheit und Selbstverwaltung“ für den deutschen Rundfunk
Bredow würdigt das Engagement von Hugh Carlton Greene, den zusammengebrochenen Rundfunk in der britischen Zone wieder aufzubauen und ihn wieder zu seiner einstigen Größe zu bringen, vor allem aber „die Schaffung eines Organisationsstatuts für den Nordwestdeutschen Rundfunk“, das die Übertragung an eine deutsche Verwaltung regelt und dem Rundfunk „Freiheit und Selbstverwaltung“ bringt.
Bredow will eine demokratische, kollegiale Verwaltungsstruktur
Hans Bredow fordert in seiner Ansprache ein besonderes Fingerspitzengefühl für die Ansprüche von Nord- und Westdeutschland. Zudem schlägt er vor, einen Verwaltungsrat nur mit Vertretern nichtamtlicher Organisationen zu besetzen und statt eines Generaldirektors ein kollegiales, demokratisches Direktorium zur Verwaltung der Rundfunkanstalt einzusetzen.
22.8.1930 Albert Einstein: Völkerversöhnung als große Chance des Rundfunks
Am 22. August 1930 spricht Albert Einstein auf der Funkausstellung in Berlin, die seit ihrem Beginn 1924 immer größer geworden ist. Eröffnet wird die 7. Funkausstellung von Reichsrundfunkkommissar Hans Bredow. Ihm ist es gelungen, Albert Einstein einzuladen und dazu zu bewegen, "aus seiner Studierstube" auf diese Veranstaltung zu kommen. Schließlich gehöre er der Allgemeinheit. Hans Bredow kündigt Einstein dem Publikum an. Einstein selbst spricht nach etwa anderthalb Minuten.
21.7.1948 Hans Bredow über die deutsche Rundfunkgeschichte
21.7.1948 | Drei Jahre nach Kriegsende hält Hans Bredow einen Vortrag an einer deutschen Universität. Ausführlich erzählt er, wie der Rundfunk in Deutschland zwischen den Weltkriegen entstanden ist – und welche Lehren sich daraus für den neu aufzubauenden Rundfunk der Nachkriegszeit ergeben. Er betont, dass es eine föderale Struktur braucht, um die kulturelle Vielfalt im Land abzubilden. Dass der Rundfunk nicht von Reklame leben soll. Interessant im folgenden Vortrag ist, dass er die Rundfunksituation in der NS-Zeit praktisch komplett ausklammert. Vielleicht, weil Bredow, der den Rundfunk in der Weimarer Zeit aufgebaut hat, von 1933 bis 1945 selbst buchstäblich außen vor war.
Am Tag der Machtergreifung Hitlers – war er von seinem Amt als Staatssekretär für das Telegrafen-, Fernsprech- und Funkwesen zurückgetreten. 16 Monate verbrachte er in der NS-Zeit im Gefängnis Berlin Moabit. Er wollte in die USA ausreisen, was ihm verweigert wurde. Umso mehr bringt er hier im Vortrag seine Freude zum Ausdruck, nach dem Krieg endlich wieder an einer Universität sprechen zu dürfen. Die einleitende Worte spicht der Medienjournalist und Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Rundfunkkunde Kurt Wagenführ – der später das bis heute bestehende Hans-Bredow-Institut in Hamburg mitbegründet hat. | Rundfunkgeschichte
25.11.1954 Hans Bredow: Der Weg zum Rundfunk
25.11.1954 | Interview mit Hans Bredow über die Anfänge des Rundfunks. Im Gespräch wird deutlich, welche Rolle der Erste Weltkrieg als Katalysator spielte. Bredow spricht auch über seine Motivation: Nicht politische Informationen standen für ihn im Vordergrund, sondern primär die Möglichkeit des Rundfunks, "die Einsamkeit aus dem Leben der Menschen zu verbannen." Bredow gibt dieses Interview dem Südwestfunk anlässlich seines 75. Geburtstags im November 1954. | Das Interview im Wortlaut: http://x.swr.de/s/130f
22.12.1920 / 21.3.1952 "Ur-Sendung" des deutschen Rundfunks: Das Weihnachtskonzert von 1920
22.12.1920 / 21.3.1952 | Ein wichtiges Datum der frühen Rundfunkgeschichte ist der 22. Dezember 1920. Erstmals wird ein Rundfunkkonzert gesendet, von der Station Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin. Initiator war der Techniker Erich Schwarzkopf, der bei diesem Konzert auch Geige spielt und das Programm ansagt.
Diese Ansage ist eine Nachaufnahme, die Erich Schwarzkopf später noch einmal eingesprochen hat. Es war auch noch kein regulärer, offizieller Rundfunkbetrieb; der begann erst im Oktober 1923. Aber es war schon eine Radiosendung.
In Königs Wusterhausen entstand noch vor dem Ersten Weltkrieg eine Militärfunkstation der Obersten Heeresleitung (OHL). Der Bau begann 1913, in Betrieb ging sie 1915.
Nach dem Krieg 1919 machen die Alliierten die Station zum Eigentum der Reichspost unter Ministerialdirektor Hans Bredow. Die Station wird vor allem dazu genutzt, Pressemeldungen zu telegrafieren, an Schiffe und ins Ausland. Gefunkt wurden also Morsezeichen, die in den rund 80 Empfangsstationen erstmal wieder in Texte umgewandelt werden mussten. Hans Bredow gab den Auftrag, das zu ändern. Aus der Funktelegrafie soll Funktelefonie werden – Sprache soll also direkt übertragen werden.
In der Station gab es einen Lichtbogensender, mit dem die Beamten in Königs Wusterhausen 1920 herumexperimentierten. Und hier setzt auch das Interview an, das Erich Schwarzkopf am 21. März 1952 gibt und in dem er erzählt, wie es zum ersten Rundfunkkonzert kam.
Im deutschen Reich war es nicht erlaubt, ohne Genehmigung Rundfunk zu empfangen. Begeisterte Resonanz kam deshalb vor allem aus dem Ausland.
Auch nach dem offiziellen Start des Rundfunks 1923 sendet Erich Schwarzkopf weiter Konzerte von Königs Wusterhausen. Doch kam es – so stellte er es später dar – zunehmend zu Unstimmigkeiten mit dem Postministerium. Die Folge: Am 24. Januar 1926 wurde das letzte derartige Konzert gesendet – mit folgender Absage:
"... Zum Schluss darf auch ich mich als Sprecher von Königs Wusterhausen verabschieden. Lange Zeit durfte ich von dieser Stelle aus zu Ihnen sprechen, sechs Jahre sind es gewesen. Zunächst nur hin und wieder an den großen Festtagen, die letzten drei Jahre an jedem Sonn- und Feiertag. Am vergangenen Sonntag hab ich Ihnen das letzte "Auf wiedersehen!" zurufen dürfen. Bewahren Sie auch fernerhin der Welle 1300 m die Treue. Ich grüße Sie zum letzten Mal mit treudeutschem Gruß: Deutschland über alles".
Der "treudeutsche Gruß" am Ende der Absage war damals eine durchaus gängige Formel. Und "Deutschland über alles" – die Zeile aus der ersten Strophe des Deutschlandliedes – war in der Weimarer Republik noch Bestandteil der Nationalhymne. | Rundfunkgeschichte
Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Der Fall Patricia Schlesinger: Wie muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern?
Die Kontrollgremien der Rundfunkanstalten müssen besser ausgestattet werden, meint der Medienjournalist Stefan Niggemeier.
Im Fall um die scheidende RBB-Intendantin Patricia Schlesinger stehen Vorwürfe von Vetternwirtschaft im Raum. Das befeuert die Debatte um bessere Kontrolle, aber auch die Grundsatzdebatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Allerdings muss die Antwort darauf nicht unbedingt lauten "weniger Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk". Das erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Eilders in dieser Folge.
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Host: Max Knieriemen
Redaktion: Pia Masurczak und Max Knieriemen