Als Geschäftsführerin des Arbeitskreises Häusliche Gewalt bei der Polizei Rheinland-Pfalz hat sie einige Tipps parat.
Dunkelheit schafft Unsicherheit
SWR1: Fühlen Sie sich als Frau selbst draußen im Dunkeln sicher?
Susanne von Essen: Grundsätzlich fühle ich mich sicher, aber natürlich kenne ich dieses Gefühl auch. Diese Unsicherheit, dieses mulmige Gefühl, wenn man alleine irgendwo unterwegs ist und es doch irgendwo ein bisschen dunkler ist, weil keine Lampen da sind.
Das Ganze ist tatsächlich statistisch nicht begründet. In der Wissenschaft gibt es sogar einen Begriff dafür, das nennt sich "Kriminalitätsparadoxon". Das heißt, dass die objektiven Zahlen dieses Gefühl eigentlich gar nicht rechtfertigen. Und da sind gerade Frauen leider stärker von betroffen.
Auf kritische Situationen vorbereiten
SWR1: Wie kann man sich auf dieses Gefühl der Angst vorbereiten? Empfehlen Sie Selbstverteidigungskurse oder Ähnliches?
von Essen: Vorbereitung ist grundsätzlich immer gut. Gerade in solchen Angst- und Stresssituationen reagiert der Körper auf einmal ganz anders, sodass man überwältigt ist und gar nicht weiß, was los ist. Da bieten sich Selbstverteidigungskurse an, um das einfach mal zu erproben. Dabei ist aber wichtig, dass die Selbstverteidigungskurse auch gewisse Dinge vermitteln, also das Thema Gewalt. Was ist Gewalt, Gewaltmythen, dass die Gefahr tatsächlich ganz oft im Nahraum ist.
Man sollte auch mit Körpersprache und mit Sprache arbeiten. Das kann man in so einem Selbstverteidigungskurs auch mal austesten. Wer selber mal angeschrien wurde, mit einem lauten "Stopp" oder auch mal schreien durfte, der merkt, was das mit einem macht. Und er merkt, dass das auch gar nicht so einfach ist, laut ein "Stopp" und "Halt" und "Gehen Sie" rauszuhauen.
SWR1: Ist es eine gute Strategie, ein gewisses Selbstbewusstsein auf der dunklen Straße auszustrahlen?
von Essen: Gerade, wenn man alleine unterwegs ist, ist es wichtig, sehr aufmerksam zu sein. Das heißt, die Umgebung beobachten, Geräusche wahrnehmen. Von daher raten wir auch immer eher davon ab, Kopfhörer zu tragen, denn dann kriege ich meine Umwelt nicht mehr mit. Wenn mir dann einer nachlaufen sollte, dann merke ich es vielleicht zu spät und kann in dem Moment auch nicht mehr reagieren.
In Gefahrensituationen Distanz schaffen
SWR1: Wie handelt man am besten als Frau, wenn sich jemand nähert? Aggression, Widerstandsfähigkeit ausstrahlen oder lieber schnell abhauen?
von Essen: Ganz wichtig ist es, in so einer Situation Distanz zu schaffen. Wenn man wirklich das Gefühl hat, es ist eine Gefahr, sollte man in dem Moment auch laut auf sich aufmerksam machen. Hier ist es auch wichtig, die Person zu siezen und zu sagen, "Jetzt hauen Sie ab", "Lassen Sie mich in Ruhe", sodass es für Außenstehende direkt ersichtlich ist, dass die beiden sich gar nicht kennen. Denn manchmal hindert es Außenstehende daran, einzuschreiten. Sie denken, das ist ein Streit unter Bekannten.
Es gibt außerdem die Möglichkeit, sogenannte Schrillalarme zu nutzen. Das sind kleine Anhänger, da kann man einen Stift herausziehen und dann machen diese Alarme einen unwahrscheinlichen Lärm. Das macht auch sofort auf sich aufmerksam. Und natürlich kann man im Notfall die 110 anrufen und die Polizei verständigen.