Industrie und Wirtschaft aufbauen

So kann die Politik der Wirtschaft und dem Mittelstand helfen

Stand
Moderator/in
Michael Lueg
SWR1-Moderator Michael Lueg
Gespräch mit
Jens Pohlmann, ProContur, Wittlich
Onlinefassung
SWR1

Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner planen zwei separate Industriegipfel für mehr Wachstum in der Wirtschaft. Wie ist die Stimmung im rheinland-pfälzischen Mittelstand?

Jens Pohlmann ist Geschäftsführer der Firma ProContur in Wittlich und ist gut mit anderen Firmen in Rheinland-Pfalz vernetzt. Er erzählt, wie es dem rheinland-pfälzischen Mittelstand aktuell geht und was er von den separaten Industriegipfeln hält.

Stimmung im Mittelstand ist verhalten

SWR1: Mit Blick auf die Zukunft, wie ist die Stimmung im rheinland-pfälzischen Mittelstand?

Jens Pohlmann: Die würde ich im Moment, wenn man es noch positiv ausdrücken will, als verhalten-skeptisch beschreiben. Da kann man schon sagen, dass eine Unsicherheit und ein bisschen Besorgnis da ist, was die Leute umtreibt. Eine große Unsicherheit und eine große Besorgnis, aufgrund fehlender Veränderungen.

SWR1: Was halten Sie denn davon, dass eine Regierung zwei Wirtschaftsgipfel - einmal der Kanzler und einmal der Finanzminister - macht?

Pohlmann: Ich habe früher mal Teamsport betrieben. Da war immer meine Erkenntnis, wenn die Leute nicht in eine Richtung rennen, dann funktioniert es nicht. Und genau so sehe ich das auch.

Stichwort: Ausbildung im Mittelstand

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In vielen Bereichen herrscht Azubi-Notstand. Zum Beispiel in der Gastronomie und im Handwerk. Mit Anreizen versuchen Ausbildungsbetriebe junge Menschen für ihre offenen Lehrstellen zu gewinnen.

SWR1: Wo klemmt es denn? Was ist aktuell die Situation? Was müsste bei den beiden ankommen?

Pohlmann: Wenn ich das nehmen darf, ist VW ein gutes Beispiel. Die sind natürlich weit entfernt vom Mittelstand. Aber es gibt eine Situation, die dafür sorgt, dass sie nicht zu einem Preis anbieten können, der für die Interessenten interessant ist.

Das Gleiche betrifft uns auch. Wir sind, glaube ich, in einer Kostenstruktur gefangen, die es nicht möglich macht, gegen internationale Wettbewerber zu konkurrieren. Das ist die Kostenstruktur beim Personal und Energie ist leider auch so ein Thema. Da ist ja auch nichts passiert. Also es gibt Kostenblöcke, die sie nicht wegkriegen. Das behindert einfach, dass etwas wachsen kann.

So könnte die Politik der Wirtschaft helfen

SWR1: Was ist Ihre Einschätzung? Mangelt es seit der Ampel-Regierung an der Unterstützung vom Staat oder gab es das vorher schon in der GroKo von Union und SPD?

Pohlmann: Das Wirtschaftswachstum ist seit vielen Jahren rückläufig. Wenn man auf eine Zehnjahres-Periode guckt, dann gab es nochmal ein kurzes Aufatmen. Ansonsten geht es ja schon lange stetig bergab.

Die Politik findet aus meiner Sicht nur sehr langsam die Erkenntnis, dass es nicht gut läuft.

Jetzt ist es gerade durch verschiedene Faktoren noch wesentlich schneller und rasanter geworden. Die Politik findet aus meiner Sicht nur sehr langsam die Erkenntnis, dass es nicht gut läuft. Die Welt dreht sich heutzutage so schnell und die Politik dreht sich gefühlt immer langsamer. Das passt nicht zusammen und darum passiert auch nichts.

SWR1: Was braucht der Mittelstand konkret und womit könnte die Politik den Betrieben jetzt helfen?

Pohlmann: Mit einer positiven Stimmung. Das wäre schon mal ein erster Schritt. Ich glaube daran, dass wir es schaffen müssen, dass die Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen mehr im Portemonnaie haben. Dann kann auch eine Kaufkraft entstehen.

Dann kann das Ganze von unten sich irgendwo wieder anfeuern. Aber so, wie es jetzt ist, gibt es eigentlich nur hohe Kosten. Wenn man eine Mindestlohnerhöhung macht, erhöhen sich sowieso sukzessive überall die Preise, weil die Firmen ihre Preise anpassen müssen.

Das Gespräch führte Michael Lueg.

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