SWR1: Warum macht Sie persönlich diese Konstellation glücklicher, als nur mit einem Partner zusammen zu sein?
Susann Dietzmann: Ich lebe schon seit sehr langer Zeit nicht monogam. Und es macht mich glücklich, dass ich diese beiden Menschen in meinem Leben habe und mit denen Beziehungen führe, die es möglich machen, dass auch noch andere Menschen in meinem Leben treten können, mit denen ich Beziehung führen kann.
SWR1: Sie haben erzählt, sie verstehen sich alle gut, machen auch zusammen Urlaub. Sind Sie trotzdem nie eifersüchtig?
Dietzmann: Nein. Eifersucht gehört irgendwie auch mit dazu. Ich war es jetzt sehr, sehr lange nicht mehr. Ich nehme meine Eifersucht immer als ein Zeichen dafür, dass irgendein Bedürfnis, was ich habe, nicht befriedigt ist. Die Eifersucht gibt mir dann ein kleines Signal und sagt: "Hallo, irgendetwas stimmt hier nicht." Und ja, dann schaue ich, was mir gerade fehlt.
SWR1: Was sagen Sie Menschen, die in ihre Beratung kommen und das mal ausprobieren wollen? Wie öffnet man eine monogame Beziehung?
Dietzmann: Zum Großteil wünschen sich die Menschen, die zu mir kommen, häufig eine Öffnung in einer bestimmten Beziehungskategorie. Viele wünschen sich erst mal eine offene Beziehung hinsichtlich sexueller Freiheiten. Das ist ein bisschen ein Unterschied zu den polyamoren Modell, wo es dann letztendlich auch um Gefühle geht, die man dann mit anderen Menschen teilt und Pläne macht. Man muss sich bewusst sein, dass sich einiges verändern wird, auch in der bestehenden Beziehung. Und man muss Lust haben auf Veränderungen bei sich selbst und dem wie die Beziehung gerade so läuft.
SWR1: Mit welchen Problemen kämpfen Polyamore besonders?
Dietzmann: Die eine große Herausforderung ist natürlich, dass wir die ganze Zeit mit Monogamie medial und im Umfeld konfrontiert sind. Es gibt also wenig Vorbilder in anderen Beziehungsformen gibt. Man hat wenig Austauschmöglichkeit mit anderen in seiner Umgebung, da die Meisten erst mal so mit Unverständnis reagieren. Ich empfehle allen, die in diese Richtung gehen wollen, sich auf jeden Fall Vertrauensperson auch außerhalb der eigenen Beziehungskonstellationen zu suchen. Vielleicht auch gute Freunde, die man schon lange hat, denen man sich dann doch mal offenbaren und vielleicht auch dazu sagen kann, dass man jetzt nicht unbedingt über das Modell diskutieren möchte, aber es doch ganz ohne Sorgen teilen will. Im Internet gibt es auch mittlerweile sehr viele Informationen und Gruppen bei Facebook, Telegram, wo man sich gut austauschen kann.
SWR1: Wie ehrlich sollten Polyamore mit ihren Partnern sein?
Dietzmann: Das kommt drauf an. Ich finde es wichtig auszuhandeln, wie viel Transparenz gewünscht ist, also was einen von den anderen Beziehungen überhaupt interessiert. Dabei auch zu respektieren, dass vielleicht andere Beziehungs-Partnerinnen nicht unbedingt möchten, dass man mit dem jeweils anderen Partner über die eigenen Probleme in der Beziehung spricht. Was ich sehr wichtig finde ist, dass man gegenüber allen Partner in dem Sinne ehrlich ist, auf welchem Stand die andere Beziehung ist. Das ist wichtig, damit man auch als Partner bewusst sich entscheiden kann: Ja, okay, da kann ich das mittragen. Ich denke, dass Absprachen total wichtig sind und Vereinbarungen, die man trifft, die letztendlich auch flexibel sind, wenn sie dann mal nicht mehr passen.
Das Gespräch führte Frank Harbeck.