Kerstin Scheidecker und Katja Tölle, Redakteurinnen der Zeitschrift Öko-Test, haben deshalb das Buch "Gibt’s das auch in Grün?" geschrieben, das beim nachhaltigen Einkaufen helfen soll. SWR Umweltredakteurin Stefanie Peyk hat mit den beiden gesprochen.
Hersteller können Herkunft der Zutaten verschleiern
Bei ihrer Recherche sind die Autorinnen auf viele Marketingtricks und gesetzliche Lücken gestoßen. So können Verbraucher ökologische oder auch menschenrechtliche Probleme gar nicht erst erkennen. Katja Tölle stört sich zum Beispiel daran, dass die Tomaten, die in Ketchup oder Tiefkühlpizza verwendet werden, oft aus China kommen. "Und da ist nicht nur der Transport ein Problem, sondern da arbeiten eben auch Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auf den Feldern, gerade in der Region Xinjiang, die überhaupt kein Geld für ihre Arbeit bekommen", erklärt sie. Sie will deshalb, dass die Politik für mehr Klarheit sorgt.
Marketing vertuscht Umweltschädlichkeit
Mit geschicktem Marketing verpasse die Konsumgüterindustrie umweltschädlichen Produkten einen grünen Anstrich und vertusche, was Verbraucherinnen und Verbraucher vom Kauf abhalten könnte. Etwa, dass für manchen Glitzer in Lippenstiften Kinder in indischen Minen arbeiten oder dass Kühe für Milch mitunter einen großen Teil des Jahres, oder sogar lebenslang, angebunden in Ställen stehen.
Mitautorin Kerstin Scheidecker ärgert sich beim Einkaufen häufig über Kosmetik-Verpackungen, die öko wirken, aber gar nicht öko sind. Eine Verpackung aus einer Papiermischung, beispielsweise aus Papier und Kunststoff, könne nach dem Gebrauch nur verbrannt werden, aber sie "kann nicht wiederverwendet werden. Das ist keine ökologische Verpackung".
Nachhaltiger Einkauf muss nicht immer teurer sein
Ein bekanntes Problem ist, dass nachhaltige Produkte – zum Beispiel Bio, Fair Trade oder Naturkosmetik – oft mehr kosten, als Produkte, bei denen soziale Verantwortung außer Acht gelassen wird. "Die Verantwortung für diesen faireren Einkauf wird auf die Verbraucherinnen und die Verbraucher abgewälzt", bemerkt Tölle. "Das ist ein Riesenproblem, und da sehen wir die Politik und die Industrie in der Verantwortung, da einzugreifen".
Gleichzeitig verspricht sie, dass öko nicht immer teurer muss. So lohne es sich, statt Mineralwasser, Leitungswasser zu trinken. Denn Mineralwasser "ist im Vergleich viel teurer, aber auch viel schlechter für die Umwelt. Und auch unser Leitungswasser ist sauber und gesund."
Buchtipp
Auch Ware vom Discounter schneidet im Öko-Test oft gut ab – zum Beispiel ein Orangensaft von Lidl. Von dem haben auch die Plantagen-Arbeiter in Brasilien was, sagt Katja Tölle: "In unserem Test Orangensaft haben wir plötzlich festgestellt, dass Lidl als Discounter da mit einem guten Beispiel vorangeht und über die Fairtrade-Prämie hinaus tatsächlich existenzsichernde Löhne zahlt." Im Angebot sei so ein Saft nur, weil er nachgefragt wird. Kundinnen und Kunden haben also auch Macht, so die Öko-Test-Autorinnen.
Das vollständige Interview mit den beiden Autorinnen können Sie oben anhören.