SWR1: Wie geht es Ihnen, wenn Sie sehen, was gerade in und mit der SPD passiert?
Kurt Beck: Das ist ganz sicher keine erfreuliche Entwicklung, die wir derzeit haben. Aber die objektiven Voraussetzungen für Politik auf Bundesebene sind auch so schwierig wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Wir haben in Europa wieder einen Krieg, den wir zwar Gott sei Dank nicht unmittelbar führen müssen, der uns aber mittelbar sehr herausfordert, denn Putin darf nicht damit Recht bekommen, dass er ein anderes Volk überfällt.
SWR1: In Rheinland-Pfalz funktioniert die Ampel, im Bund nicht. Es läuft nicht rund und viele arbeiten auch daran, immer wieder zu betonen, dass es nicht rund läuft. Gleichzeitig gewinnt die AfD extrem. Macht Ihnen das Sorgen?
Beck: Letzteres ja. Ersteres insofern, als dass ich glaube, dass der Unterschied in der Tat zwischen Ampelpolitik in Rheinland-Pfalz und im Bund zu sehen ist. Dass man in Rheinland-Pfalz aufeinander Rücksicht nimmt, dass man weiß, man hat mit Menschen zu tun, die einen politischen Auftrag haben. Und Kompromisse müssen so sein, dass man sich gegenseitig noch in die Augen schauen kann.
In Berlin, das habe ich selber erlebt, ist es oft so, dass man sich nicht mal das Schwarze unter den Fingernägeln gönnt. Dann wird natürlich am Ende auch ein solcher Stil zum Hemmnis für politische Lösungen.
SWR1: Um der AfD etwas entgegenzusetzen, wird über vieles gerade nachgedacht. Vielleicht die Partei zu verbieten, ihr die staatliche Finanzierung zu kappen oder auch neuerdings das Bundesverfassungsgericht als Kontrollinstanz der Demokratie besser zu schützen. Was halten Sie von all den Vorschlägen?
Beck: Ich glaube, dass es jetzt darauf ankommt, vor allen Dingen politisch klar aufzutreten. Die Demonstrationen, an der ganz, ganz viele Menschen teilnehmen, machen mir Mut. Die politische Auseinandersetzung ist im Vordergrund.
Diese anderen Instrumentarien, die die Verfassung kennt, würde ich derzeit in der Schublade lassen – mit Ausnahme der Absicherung des Bundesverfassungsgerichts. Das halte ich für eine vernünftige und richtige Initiative, dass dort nicht blockiert werden kann oder parteipolitischer Zwang mit 25 oder 30 Prozent der Wählerstimmen ausgeübt werden könnte.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Birgit Steinbusch.