Deswegen hat das neue Album "Long Player" so lange gedauert
SWR1: Sechs Jahre sind seit eurem letzten Album vergangen. Habt ihr euch bewusst so viel Zeit gelassen oder ging es nicht schneller?
Michi Beck: Es ging nicht schneller. Zwei Jahre war die Arbeit ausgebremst durch Corona. Es war eine ganz seltsame, unkreative Zeit, auch durch die Lockdowns. Das Nicht-Miteinander-Sein hat uns eher künstlerisch gelähmt, als dass es uns nach vorne gebracht hätte. Die zwei Jahre muss man fast davon abziehen. Während des Lockdowns hatten wir eigentlich unser 30-jähriges Bestehen, das mussten wir dann auch noch verschieben und die Stadiontour dazu.
Und dann ist es auch nicht so, dass man mit dem Schreiben schneller wird. Je länger wir das jetzt machen – wir sind tatsächlich alle Mitte 50 und die Band gibt es seit 35 Jahren – hast du schon eine Menge erzählt. Und was man rappt, muss ja auch immer noch echt sein, obwohl man wirklich ein Old-School-Rapper geworden ist.
Wir sind viel genauer geworden, hinterfragen alles doppelt und dreifach. Dann muss man seinen Sound finden und wo man sich damit platziert. Alle diese Fragen werden irgendwann immer komplizierter.
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SWR1: Der Titel "Long Player" kam auch noch auf den letzten Drücker, oder?
Beck: Nein, nicht auf den letzten Drücker. Ein Albumtitel wird immer gebraucht, bevor wir so weit sind, dass wir sagen können, wie es heißt. Man hat einen Titel gebraucht, um die Tour und die Kampagne zu planen und es müssen Plakate gedruckt werden. Smudo kam dann auf "Long Player".
Als die Platten früher nur auf Vinyl erschienen sind, hat man nur von LPs – als Longplayer – gesprochen. Das fanden wir im übertragenden Sinne auch einen schönen Hip-Hop-Begriff.
Wir sind wirklich "Longplayer im Game", weil wir das ganze Ding seit 35 Jahren machen. Und auch das Album hat so ein bisschen 80s- und 90s-Anleihen. Das wurde dann ein bisschen zum Motto. Als der Begriff da war, haben wir ihn mit Leben gefüllt. Man hat einen Albumtitel gebraucht und der Titel war dann auf einmal auch so ein bisschen Richtungsgeber.
Album "Long Player" und Single "Wie Weit"
SWR1: Was ist die Botschaft eurer Single "Wie Weit"?
Beck: "Wie Weit" ist eigentlich ein Lovesong aus einer "abgehangeneren Perspektive". Es ist etwas peinlich, wenn wir Mittfünfziger von der ersten Liebe oder vom überraschenden Gefühl des Verliebtseins reden.
Wir machen das ein bisschen sarkastischer und vielleicht reflektierter, in dem wir über die verschiedenen Aspekte von Liebe und einer neuen Liebe rappen, wenn man sie mit früher vergleicht und analytischer damit umgeht. Wir dachten, so etwas kann man auch mal als Gefühl festhalten.
Wir sprechen auch für eine Generation, die musikalisch nicht wirklich ein Sprachrohr hat. Dann dachten wir, es ist es auch einmal wert, aus so einer Perspektive einen Lovesong zu schreiben.
SWR1: Deine Kinder sind in so einem Alter, indem die Eltern etwas peinlich sind. Wie finden deine Mädels die Musik von Papa?
Beck: Da ich zwei Töchter habe, die eine 17, die andere bald 13 Jahre alt, ist es auch ganz gut, dass man nicht so ein peinlicher alter Mann wird. Zu Hause habe ich die absolute "Coolness-Polizei" und die lassen mir die ganze Sch*** nicht durchgehen. Das finde ich eigentlich ganz schön.
Musikalisch muss ich sagen, ist es ein bisschen schade, dass sie das nicht mehr so für sich entdecken ("diggen"), wie das letzte Album. Mit "Captain Fantastic" habe ich vor sechs Jahren noch unsere eigene Musik aus dem Kinderzimmer gehört. Jetzt ist es doch eher Lucio 101 oder reezy.
Das ist aber völlig okay, dass sie ihre eigene Musik hören, vor allem, wenn der Daddy auch noch Musik macht. Da will man ja sicher noch mehr davon befreien, als wenn man sowieso die Musik der Eltern hört. Sie hören sich natürlich das Album an und finden irgendetwas spannend oder auch weniger spannend. Aber das ist dann eher ein interessiertes Hören und nicht mehr im Kinderzimmer dazu tanzen. [...]
Thomas und Smudo spielen ihrer Familie schon während der Produktion die Songs vor. Das kann ich gar nicht, einen Song vorzuspielen, der noch gar nicht fertig ist und dann einen Kommentar zu kriegen, der mich nur verwirrt.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.