Neue EU-Verordnung

Fahrgastrechte bei der Bahn: Das ändert sich

Stand
Moderator/in
Claudia Deeg
SWR1 RP Moderatorin Claudia Deeg

Neue Fahrgast-Verordnung der EU bei der Bahn: Bahnreisen in Europa soll attraktiver werden. Ob die Fahrgastrechte besser wurden, ordnet SWR Rechtsexperte Karl-Dieter Möller ein.

Menschen, die nicht so mobil sind, können jetzt einen Umsteigeservice für alle Fern- und Regionalzüge beantragen. Andererseits müssen Bahnunternehmen nicht mehr zahlen, wenn Züge wegen eines Sturms oder ähnlicher Umstände Verspätung haben.

Deutsche Bahn: Neue Fahrgastrechte-Verordnung

SWR1: Die Deutsche Bahn muss die neue Verordnung auch umsetzen. Also heißt das jetzt bei Sturm oder Bäumen oder Menschen auf den Gleisen habe ich künftig Pech?

Karl-Dieter Möller: Nein, das heißt es nicht. Solche außergewöhnlichen Umstände, wie sie die neue Fahrgastrechte-Verordnung vorsieht, sind nur wirklich dann gegeben, wenn es sich um Katastrophen handelt. Und dann muss die Bahn auch nicht mehr zahlen.

Wenn also beispielsweise durch Starkregen Bahngleise unterspült werden oder wie wir das Ereignis im Ahrtal hatten oder wenn irgendeine Explosion passiert. Das sind Ereignisse, für die die Bahn in Zukunft dann sagen kann, dafür haften wir nicht mehr, da müssen wir keine Entschädigung zahlen. Sie wird nicht bei jedem Wetter sagen können: Wenn es auf einmal etwas heftiger schneit, dafür haften wir nicht mehr. Das ist nicht gemeint.

Fahrgastrechte: Bahn haftet nicht mehr bei Notarzt-Einsätzen

SWR1: Aber wenn es einen Notarzteinsatz gibt?

Möller: Die neue Verordnung sieht drei Punkte vor, in denen die Bahn keine Entschädigungen mehr zahlen muss. Da sind einmal, was wir angesprochen hatten, die außergewöhnlichen Umstände. Das sind also Katastrophen, extreme Unwetter.

Dann gibt es den weiteren Punkt: Verhalten eines Dritten. Zum Beispiel, die Durchsage "Notfalleinsatz im Gleis" oder am Bahnhof. Das ist zum Beispiel dann durch das Verhalten eines Dritten tatsächlich hervorgerufen. Da hat die Bahn bisher haften müssen, wenn es zu Verspätungen von über einer Stunde kam. Da wird sie jetzt sagen können: Nein, das ist durch einen Dritten passiert, da hatten wir keinen Einfluss drauf und wir müssen keine Entschädigung bezahlen.

Und dann gibt es einen dritten und letzten Punkt. Das ist das Verschulden des Fahrgastes. Wir kennen das alle vor allen Dingen aus der Corona-Zeit, wo es Leugner gab, die keine Maske aufsetzen wollten. Die Bundespolizei musste gerufen werden, der Zug stand am Bahnhof und man kriegte eine Verspätung nach der anderen. Da war die Bahn bisher auch in der Haftung, das ist jetzt auch aus.

Die Bahn kann sagen: Das ist durch einen Dritten passiert, da hatten wir keinen Einfluss drauf. Da müssen wir keine Entschädigung bezahlen.

SWR1: In welche Kategorie fällt der Streik? Das ist ja auch immer wieder ein Thema.

Möller: Das ist eine Organisationsfrage der Bahn. Das sehen wir auch beim letzten Mal, wo die Bahn gesagt hat, an zwei Tagen machen wir überhaupt kein Bahnverkehr mehr. Das muss sie dann organisieren. Wenn es da tatsächlich durch Streiks zu Verspätungen von über einer Stunde käme, dann müsste sie dafür geradestehen und auch weiter Entschädigung zahlen.

Neue EU-Verordnung Bahn-Kunden erhalten seltener Entschädigung

Neuigkeiten aus Brüssel für Bahn-Kunden - eine neue EU-Verordnung tritt in Kraft. Was sich jetzt ändert, haben wir hier zusammengestellt.

Marktcheck SWR Fernsehen

Neue Fahrgastrechte-Verordnung: Bahn wie Flug

SWR1: Das Ganze erinnert ja so ein bisschen an die EU-Regelung bei Fluggastrechten. Da hat es sich doch eigentlich bewährt. Oder wie ist Ihre Einschätzung?

Möller: Das ist auch abgeschaut worden. Denn wenn man ganz ehrlich ist, muss man sagen, das ist doch ein bisschen ungerecht. Wenn da tatsächlich auf den Gleisen etwas passiert, wozu die Bahn eigentlich gar nichts kann, dann muss sie trotzdem haften. Natürlich hat das Nachteile für uns Verbraucher. Aber ich glaube, die sind zu verschmerzen, denn die Bahn bemüht sich doch, den Fahrgast einigermaßen zufriedenzustellen, das kann ich jedenfalls als Vielfahrer sagen.

Natürlich hat das Nachteile für uns Vebraucher. Aber die sind zu verschmerzen.

SWR1: Was ändert sich denn im Guten?

Möller: Einmal bei Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, die auf einen Rollstuhl, vielleicht auch auf einen Rollator angewiesen sind. Die mussten sich bisher 48 Stunden bevor sie mit der Bahn fahren wollten, anmelden. Das heißt, die konnten nicht spontan reagieren und sagen ich will übermorgen fahren. Da hat man jetzt die Zeit von 48 Stunden auf 24 Stunden gedrückt. Das heißt, man ist doch schon etwas spontaner in der Gelegenheit, jetzt ein Zug zu benutzen. Und da muss die Bahn auch das Personal zur Verfügung stellen.

Bahn: Mehr Fahrräder mitnehmen

Eine zweite Änderung: Die Bahn muss jetzt mehr Abteile für Fahrräder vorhalten. Das heißt also, wenn ich die Forderung richtig gelesen habe, müssen in Zukunft immer mindestens vier Fahrräder mitgenommen werden. Und die Deutsche Bahn, so hab ich gelesen, hat sich da auch schon drauf eingestellt. Bei den Bestellungen der neuen Züge werden jetzt auch immer mehr Fahrradabteile vorgesehen, sodass man also, wenn man auf Reisen geht, sein Fahrrad ganz umweltbewusst mitnehmen kann. Steigt aus der Bahn und steigt dann in den Sattel.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

Mehr zum Thema Bahnfahren

Koordinator Thomas Reutter zu #besserBahnfahren Das muss getan werden, damit möglichst viele auf ÖPNV umsteigen

Bei #besserBahnfahren können Sie uns von Ihren Erfahrungen mit der Deutschen Bahn berichten. Koordinator Thomas Reutter erklärt, was die Aktion bewirken soll.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Mehr Interviews

Einblicke in Marketingstrategien Warum wir gerne Adventskalender kaufen – und was die Hersteller davon haben

Ein Marken-Adventskalender kann bis zu 1.000 Euro kosten – lohnt sich das? Marketingexperte Prof. Kenning über den Reiz teurer Adventskalender und was die Hersteller davon haben.

Der Vormittag SWR1 Rheinland-Pfalz

Schlaflose Nächte und späte Entscheidungen Journalist Denis Trubetskoy über 1.000 Tage Krieg gegen die Ukraine

1.000 Tage, so lange dauert der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Der in Kiew lebende Journalist Denis Trubetskoy berichtet von der Lage vor Ort.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Landkreis Neuwied

Briefe an Politiker und die Deutsche Bahn Grundschüler in Erpel wehren sich gegen Bauschutt auf dem Sportplatz

In Erpel ist ein Sportplatz wegen Bauschutt der Bahn nicht mehr nutzbar. Wie sich die Grundschüler dagegen wehren, erzählt Lehrerin Andrea Bardelt.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz