Nun wurde das kleine, engagierte Team aus Annweiler-Gräfenhausen von den Vereinten Nationen (United Nations, UN) in New York ausgezeichnet. Was das Projekt ausmacht, hat sie uns im Interview erzählt.
SWR1: Erstmal herzlichen Glückwunsch! Von einer weltweiten Bildungsreform kann man sprechen, oder?
Felicitas Heyne: Ja, das ist schon so gedacht. Durchaus, was wir da machen, ist eine riesige digitale Wissensplattform im Internet. Die meisten kennen sicherlich Wikipedia. Es ist im Grunde genommen das Gleiche. Nur mit dem Unterschied, dass unseres nicht zum Lesen gedacht ist, sondern zum Hören. Und zwar in ganz vielen Sprachen, in denen es Wikipedia gar nicht gibt.
SWR1: Das Projekt richtet sich an Frauen und Mädchen im globalen Süden. Was genau wollen Sie mit diesem Frauenprojekt erreichen?
Heyne: Ganz richtig. Es ist für Frauen und Mädchen im globalen Süden gedacht. Denn es ist ja auch heute leider immer noch so, dass in ganz vielen Ländern gerade Mädchen, Hunderte Millionen von ihnen, nicht oder höchstens ganz kurz in die Schule gehen dürfen. Die müssen stattdessen schon ganz früh im Haushalt helfen, in der Familie, auf den Feldern.
Es ist immer noch so, dass zwei von drei Menschen auf der Welt, die nicht oder kaum lesen können, weiblich sind. Wenn so eine Frau eben nie richtig lesen gelernt hat, dann kann sie ja nicht mal eben in einem Buch oder im Internet zu Themen wie Krankheiten oder Ähnlichem nachschauen, so wie Sie und ich das ganz selbstverständlich tun würden. Unter anderem deswegen stirbt alle sechs Sekunden auf dieser Welt ein Kind unter fünf Jahren, oft an ganz banalen Sachen wie Durchfall.
SWR1: Wie sieht das Wissen konkret aus, das Sie an die Frauen und Mädchen weitergeben?
Heyne: Es ist wirklich ganz praktisches Alltagswissen. Solches, das diesen Frauen nützlich ist. Also mein Mann sagt immer gerne, "Durchfall statt Dostojewski". Das ist natürlich sehr plakativ. Aber man kann schon sagen, Gesundheit ist natürlich ein Riesenthema. Wirklich ganz einfaches Wissen, das für uns ganz selbstverständlich ist, aber für diese Frauen halt nicht. Zum Beispiel, dass man bei Durchfall mehr trinken muss, nicht weniger. Das ist etwas, was diese Frauen häufig nicht wissen. Im Gegenteil, die nehmen häufig Kindern, die Durchfall haben, das Wasser weg, weil sie sagen, wenn da hinten schon so viel Flüssigkeit herauskommt, dann gieße ich doch oben nicht noch mehr rein. Und was dann passiert, wissen wir alle.
Dann ist natürlich ein großes Thema Familienplanung und natürliche Empfängnisverhütung. Wie geht sowas beispielsweise? Woran erkenne ich, dass ich schwanger bin? Was ist dann wichtig? Und dann auch durchaus so ganz praktische, eher wirtschaftlich orientierte Themen wie zum Beispiel, wie kann ich in meinem Gemüsegarten oder auf meiner kleinen Plantage eine bessere Ernte erzielen, damit meine Familie mehr zu essen hat? Dass ich vielleicht auch ein bisschen was von dem Gemüse verkaufen kann und dadurch ein bisschen Geld verdienen kann? Also wirklich sehr handfeste Informationen.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.
Weitere Informationen über das Projekt finden Sie auf audiopedia-foundation.de