Über 3.000 Schäden durch Behandlungsfehler

Medizinischer Dienst: "Deutschland tut nicht genug zur Fehlervermeidung"

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Frank Jenschar
Frank Jenschar
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SWR1

Über 3.000 nachgewiesene Behandlungsfehler hat es laut Statistik des Medizinischen Dienstes im vergangenen Jahr bundesweit gegeben.

Wir haben dazu mit Stefan Gronemeyer, dem Vorstandsvorsitzenden des Medizinischen Dienstes Bund, gesprochen.

Medizinischer Dienst geht von hoher Dunkelziffer aus

SWR1: Wie viele nachgewiesene Behandlungsfehler gibt es in der aktuellen Statistik für 2023?

Stefan Gronemeyer: Die Zahlen von 2023 zeigen vor allen Dingen drei Dinge.

Das Erste ist, dass viele Patienten von vermeidbaren Schäden, die durch Fehler entstehen, betroffen sind. Wobei man dazu sagen muss, dass laut Experten die Dunkelziffer mindestens noch dreißigmal mal höher ist als die Fälle, die wir jetzt gezählt haben.

Das Zweite ist, dass die Gutachten des Medizinischen Dienstes für die Betroffenen eine sehr wichtige Hilfe sind, um festzustellen, ob bei ihnen ein Behandlungsfehler als Ursache eines Schadens vorgelegen hat.

Und das Dritte ist, dass nach wie vor aus unserer Sicht Deutschland nicht genug zur Fehlervermeidung tut, denn auch in diesem Jahr sehen wir teilweise wieder die gleichen, auch schwerwiegenden Fehler.

Zum Beispiel Seitenverwechslungen bei Operationen oder Verwechslungen. Wir hatten im letzten Jahr einen Fall, wo eine junge Patientin an einer Zyste im Unterleib operiert werden sollte und stattdessen wurde eine Sterilisation durchgeführt. Dadurch ist die Frau jetzt natürlich unfruchtbar. Das sind schon sehr schwerwiegende Fehler, die da zum Teil passieren.

Ihre Rechte als Patient

SWR1: Wie geht jemand am besten vor, wenn er glaubt, an ihm wurde ein Behandlungsfehler vorgenommen?

Gronemeyer: Ganz wichtig ist auf jeden Fall, erstmal das Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt zu suchen und die eigenen Beobachtungen oder die Vermutungen dort zu besprechen. Wenn das nicht zu einem Ergebnis führt, dann besteht tatsächlich die Möglichkeit für gesetzlich Krankenversicherte sich an ihre Krankenkasse zu wenden und den Fall dort zu schildern. Die Krankenkasse hat dann die Möglichkeit, den Medizinischen Dienst mit einem Gutachten zu beauftragen. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes ist für gesetzlich Versicherte kostenfrei.

Gronemeyer fordert Never Event-Liste

SWR1: Wie kann man das denn ändern? Was soll die Politik tun?

Gronemeyer: Ganz wichtig wäre, dass wir uns in Deutschland erst einmal auf eine sogenannte Never Event-Liste verständigen. Das ist eine Liste, wo Ereignisse aufgeführt werden, die eindeutig vermeidbar sind (Never Events), wie zum Beispiel zurückgelassene OP-Materialien bei einer Operation oder Ähnlichem, das darf einfach nicht passieren.

Das ist in zahlreichen Ländern wie England, Amerika, Kanada schon längst der Fall. Und auch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, fordert eigentlich so eine "Never Event-Strategie" im Gesundheitswesen und es wäre gut, wenn die Politik so etwas auf den Weg bringen würde.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.

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