In europäischen Nachbarländern wie Frankreich wird weiterhin Energie mit Atomkraftwerken erzeugt – das kommt auch Deutschland zu Gute. Warum die Debatte um einen Ausstieg dort anders aussieht, erklärt Werner Eckert aus der SWR Umweltredaktion.
SWR1: Haben wir weiterhin Atomstrom, auch in unseren Leitungen?
Werner Eckert: Ja, von Fall zu Fall haben wir das. Genauso wie die Franzosen unseren Windstrom in ihren Leitungen haben. Und die sind sehr dankbar dafür. Sie haben im vergangenen Jahr fast sechs Prozent unserer Stromproduktion in Deutschland netto abgegriffen, weil sie einfach so viele Probleme mit den Atomkraftwerken haben.
Wir haben auch weiter im europäischen Verbund die Kraftwerksleistung, die unsere Nachbarn haben. Zum Beispiel – das ist wichtig – wir tauschen mit Österreich viel Strom aus, weil wir bei Überschuss von Solaranlagen im Süden, zum Beispiel mittags, den Strom nach Österreich schaffen. Da werden die Pumpspeicherkraftwerke mit Wasser gefüllt und dann kriegen wir abends, wenn es dunkel wird, den Strom sozusagen zurück.
Andere Gesellschaft, andere Einstellung
SWR1: Die Bundesregierung nennt Atomkraft Hochrisikotechnologie. Warum sehen das denn die Franzosen nicht genauso?
Eckert: Sie haben eine andere Geschichte, das ist das eine. Sie haben vielleicht auch nicht so diesen Effekt von Tschernobyl erlebt, wie er in Deutschland damals psychologisch auch angekommen ist – als konkrete Gefahr. Ich denke, das macht den Unterschied aus. Atomkraft ist, wenn man das über die lange Zeit betrachtet, ja kein "Killer". Kohlekraftwerke haben sehr viel mehr Gesundheitsschäden verursacht in der Bevölkerung. Aber der maximale Schaden, der eintreten kann, ist eben immens. Das hat man zum Beispiel infolge von Fukushima gesehen und das bewerten Gesellschaften einfach unterschiedlich.
Viele Kraftwerke abgeschaltet
SWR1: Belgische und französische Kraftwerke fallen immer wieder durch Pannen und Risse auf. Wie marode sind die Kraftwerke? Oder anders gefragt, welche Meiler müssen uns am meisten sorgen?
Eckert: Die in der Nachbarschaft sind sicher, aber da sind ja nicht mehr so viele. Man muss immer sehen, ein Gutteil ist stillgelegt worden, Fessenheim zum Beispiel und auch etliche Blöcke in Doel und Tihange. Da sind noch einige wenige und die zum Teil vorübergehend stillgelegt sind, wie Cattenom zum Beispiel. Das sind welche, die müssen uns durchaus Sorgen machen, sagt jedenfalls die französische Atomaufsicht. Denn die hat sie ja nicht umsonst stillgelegt. In Frankreich gibt es massive strukturelle Probleme mit Rissen in etlichen AKW-Blöcken.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.
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