Studie der Universität Heidelberg

Warum Brokkoli gegen Krebs helfen kann

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Brokkoli ist ein echtes Super-Food und sehr gesund. Unter anderem soll der Verzehr von Brokkoli gegen Krebs schützen. Professor Ingrid Herr von der Universität Heidelberg hat zu diesem Thema geforscht und Steffi Stronczyk hat sich mit ihr über die erstaunlichen Ergebnisse unterhalten.

SWR1: Was macht Brokkoli so gesund?

Ingrid Herr: Zum einen ist Brokkoli ein Gemüse mit vielen Ballaststoffen, Mineralien und Vitaminen. Zudem hat man auch entdeckt, dass es viele sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Einer davon, das Sulforaphan, ist ganz besonders interessant. Sulforaphan ist ein Stoff, den man schon relativ lange untersucht. Vor Jahren haben wir herausgefunden, dass Sulforaphan gegen aggressive Krebsstammzellen wirkt. Sulforaphan ist ein kleines bioaktives Molekül mit einer entzündungshemmenden Wirkung. Das ist ganz wichtig, weil Entzündung die Achillesferse von vielen Tumorzellen ist.

SWR1: Unter welchen Namen kennen wir das Sulforaphan?

Herr: Sulphorafan ist ein Senföl. Bisher weiß man, dass Brokkoli und eigentlich die ganze Kohl-Familie sogenanntes Senföl enthalten. Außerdem kennt man den Stoff vom Rettich oder vom Meerrettich, da sorgt das Senföl für den scharfen Geschmack. Im Brokkoli merkt man auch, dass Senföle enthalten sind, denn Brokkoli ist leicht bitter.

SWR1: Sie haben 2019 mit Krebskranken eine "Brokkoli-Studie" mit vielversprechenden Ergebnissen durchgeführt. Was und wie viel haben die Versuchspersonen verzehrt?

Herr: Aufgrund unserer experimentellen Forschung wollten wir das unbedingt an Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs prüfen. Die Patienten mussten täglich 15 Kapseln mit gefriergetrockneten Brokkoli-Sprossen essen.

SWR1: Könnte es Krebskranken also helfen, viel Brokkoli zu essen?

Herr: Das empfehlen wir zumindest. Denn wir wissen nicht, wie viel Brokkoli-Sprossen die Patienten essen sollten. Wenn man zu viel isst, kann das natürlich auch schädliche Nebenwirkungen haben. Mit der Zufuhr über die tägliche Ernährung ist man immer auf der sicheren Seite. Man muss nicht nur Brokkoli essen, sondern kann sich mit der ganzen Kreuzblütler-Familie helfen. Und man findet die Gemüse in jedem Supermarkt. Das ist also nicht nur Brokkoli, sondern auch Blumenkohl, Rettich, Radieschen, Kresse, Rucola, Senf, Rapsöl und so weiter. Also ganz viele verschiedene Gemüse-Sorten. Wenn man die täglich in den Speiseplan einbaut, denke ich, ist man auf der sicheren Seite. Das enthaltene Senföl wirkt entzündungshemmend und ich glaube, das kann man merken. Ich kann das zumindest bei mir gut beobachten.

SWR1: Wie nimmt man das Senföl am besten auf?

Herr: Ich schlage immer vor, das Gemüse frisch zuzubereiten. Bei den Nahrungsergänzungsmitteln mit Brokkoli-Sprossen gibt es inzwischen so viele Produkte auf dem Markt, dass man gar nicht weiß, welches Produkt da eigentlich gut ist und wie die Preise sich da rechtfertigen. Wir sagen: Jeden Tag frisch zubereiten ist immer noch am günstigsten und wahrscheinlich am hilfreichsten.

SWR1: Welche Art der Zubereitung empfehlen Sie?

Herr: Auch das wurde bereits genau erforscht. Man hat herausgefunden, dass die beste Zubereitungsart, um die Wirkung des Senföles zu erhalten, ein Anbraten in der Pfanne für 5 Minuten ist. Den Brokkoli also in kleine Röschen zerteilen und dann in einem guten Pflanzenöl für circa fünf Minuten knackig anbraten. So bleiben die Stoffe am besten erhalten. Wenn man den Brokkoli in Wasser kochen möchte, geht das auch. Aber man sollte bedenken, dass die aktiven Stoffe in das Kochwasser auslaugen. Dann sollte man mit dem Kochwasser eine Soße zubereiten, statt es einfach nur wegzuschütten.

SWR1: Empfehlen Sie Brokkoli oder Brokkoli-Sprossen auch zur Krebsvorbeugung?

Herr: In unserer Patientenempfehlung schlagen wir generell eine pflanzenbasierte Ernährung vor: Wenig Fleisch, viel Fisch und der Verzicht auf Alkohol und auf das Rauchen. Das ist auch die krebsvorbeugende Empfehlung zum Beispiel der Deutschen Krebshilfe. Dort wird auch empfohlen, Brokkoli und andere Kohlarten jeden Tag in den Speiseplan einzubauen und die eher schädlichen Lebensmittel und Getränke zu reduzieren. Das sollte bei Krebs präventiv sein. Aktuelle Studien sagen, dass ein gesunder Lebensstils ungefähr 30 Prozent vor Krebs schützt. Die restlichen Prozente liegen bei anderen Faktoren, die weniger beeinflussbar sind.

SWR1: Warum sind Brokkoli-Sprossen denn so viel gesünder als das ausgewachsene Gemüse?

Herr: Brokkoli synthetisiert das Sulphorafan nicht, um den Mensch von Krebs zu heilen, sondern um sich selbst zum Beispiel vor Fressfeinden zu schützen. Wenn eine Raupe oder ein anderer Schädling am Brokkoli knabbert, dann schmeckt das so bitter, dass die Raupe relativ schnell wieder aufhört. Und selbst Pilze oder Bakterien werden von den Senfölen im Brokkoli "abgeschreckt." Es wirkt also wie ein natürliches Antibiotikum. Brokkolisprossen haben den Vorteil, dass die Pflanze versucht, ihre Sprossen ganz besonders vor Fressfeinden und vor Bakterien zu schützen. Deshalb produzieren diese Sprossen vielmehr Senföl, als es der ausgewachsene Brokkoli tut.

SWR1: Brokkoli-Sprossen sind unlängst negativ aufgefallen, weil Sie mit dem EHEC-Erreger verunreinigt waren. Kann man Brokkoli-Sprossen bedenkenlos kaufen?

Herr: Da wäre ich auch vorsichtig. Die Sprossen ziehen durch die feuchtwarme Keimung natürlich gerne Durchfallerreger wie EHEC an. Aber, ich denke man riecht das. In dem Moment, in dem es etwas faulig riecht – das gilt auch für fertig abgepackten Salat – wenn das nicht mehr frisch riecht, dann würde ich das nicht essen. Und auch das Selbstkeimen auf der Fensterbank ist gefährlich. Man muss das im Warmen machen, dass es schnell geht, das da nichts fault. Wichtig ist auch, das die Samen, die man zum Keimen nimmt, astrein sind. Bei dem angesprochenen EHEC-Zwischenfall 2011 hat man herausgefunden, dass die Erreger bereits im Samen enthalten waren. Wenn man Brokkoli-Sprossen als gefriergetrocknete Sprossen, die man einnehmen kann kauft, dann sollte man unbedingt darauf achten, dass die Sprossen von einem unabhängigen Labor auf die mikrobielle Belastung kontrolliert wurden. Das also keine Salmonellen, keine EHEC-Erreger enthalten sind. Ich denke, das ist wichtig.

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