Kaum ist Vita Eisfeld auf dem Trainingsgelände angekommen, umgibt ihn schon eine Traube vorfreudiger Kinder. Es ist Freitagnachmittag auf dem Fußballplatz im Mainzer Stadtteil Lerchenberg. Ein Mädchen sagt, "Vita, ich habe meine Jacke vergessen." Ein anderer Junge fragt, ob es heute ein Abschlussspiel im Training gibt. Der Vorstandsvorsitzende nimmt sich Zeit für jede Frage, zeigt den Kindern Lösungen auf und sammelt nebenbei noch eine leere Chipstüte auf und entsorgt sie im Müll. Vita Eisfeld ist ein Tausendsassa.
Sein Anspruch: Fußballplatz als Wohlfühlort und Begegnungsstätte
Diese ersten Minuten auf dem Trainingsplatz zeigen in beeindruckender Weise, mit welcher Leidenschaft, Hingabe und mit welchem Anspruch Vita Eisfeld den Verein FC livingroom Mainz leitet. Er kennt jedes der 60 Kinder mit Namen, das ist für den 38-Jährigen selbstverständlich. Er will, dass sich jede und jeder im Verein und auf dem Fußballplatz willkommen fühlt.
FC livingroom Mainz: "Wir wollen auch anders sein"
Nächstenliebe, Respekt und Fairness. Das sind die wichtigsten Prinzipien des Vereins, der einen christlichen Spirit lebt. Vita Eisfeld erzählt, er besuchte früher am Wochenende zuerst den Gottesdienst und stand danach auf dem Fußballplatz. Dabei hat er zwei völlig unterschiedliche Welten erlebt. So entstand vor zwölf Jahren, "jung und naiv", wie er heute sagt, der Gedanke, einen Verein zu gründen, der anders sein will. "Wir sind kein reiner Fußballverein nach dem Motto 'Hier ist der Bierkasten. Jetzt haben wir gewonnen oder verloren, egal.' Sondern wir wollen was bewegen."
Er verspricht, dass beim FCL jedes Kind und jeder Erwachsene kommen kann und Fußball spielen kann. Auch die, die vielleicht nicht die Möglichkeit haben, weil sie verhaltensauffällig sind, weil sie eine geistige oder körperliche Beeinträchtigung haben, oder sie sich eine Mitgliedschaft in einem Verein nicht leisten können. Das zu ermöglichen, geschieht oft still und leise, weil es den Betroffenen unangenehm ist. Vita Eisfeld spürt das und handelt entsprechend empathisch und mitfühlend.
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Einsatz für benachteiligte Kinder
Der 38-Jährige erzählt, wenn im November ein neues Kind mit kurzen Hosen auf dem Trainingsplatz steht, muss er bedacht nachhaken. Er habe das Kind leise gefragt: "Hey, hast du die lange Hose nicht gefunden oder was ist los?" Dass das Kind dann antwortete, es habe keine, zeigt, wie wichtig diese Vereinsarbeit an der Basis ist. "Das sind Dinge mitten in Mainz, mitten in Deutschland, wo wir sagen: 'Wenn wir die Möglichkeit haben, als Verein da entgegenzuwirken, dann machen wir das super gerne. Und dann ist das viel mehr wert als drei Punkte am Sonntag."
Deshalb stellt der Verein auch Trainingskleidung. Wenn Vita Eisfeld bei der Ausgabe der Kleidung an die neuen Spieler die leuchtenden Augen der Kinder (und auch die Dankbarkeit der Eltern) sieht, erfüllt ihn das: "Die Arbeit in der Wirtschaft bringt das nötige Kleingeld zum Leben, die Arbeit mit den Kindern erfüllt mein Herz durch und durch."
Eine Mutter, die am Spielfeldrand auf ihren Sohn wartet, sagt, Vita Eisfeld bringe "einfach unglaublich viel Herz" auf den Fußballplatz. "Ich glaube, er denkt viel nach, aber er handelt einfach, und das sind die Leute, die wir brauchen. Und das sind die Leute, die uns Integration bringen. Eine andere Mutter, die ein Kopftuch trägt, ergänzt: "Ich fühle mich hier immer wie in einer großen Familie." Der FC livingroom Mainz sei eine Chance für sie und ihre Kinder, sich zu integrieren, sie weiß die uneingeschränkte Hilfsbereitschaft der Vereinsspitze zu schätzen.
Vereinsarbeit im Hintergrund - von Mitgliedsanträgen und Kooperationen
Kaum zu Hause angekommen, stehen bei Vita noch zwei Anrufe auf der To-do-Liste, dabei ist er Ende Oktober erst Papa geworden und hat einen Vollzeitjob als Kundenbetreuer. Kooperationen müssen geschmiedet, Sponsoren angefragt oder Konflikte moderiert werden. Das ganze kostet ihn zwei bis vier Stunden am Tag. Ohne seine Ehefrau Anita, das betont Vita Eisfeld immer wieder, ist ein solch intensives Engagement nicht möglich. Sie hält ihm den Rücken frei, unterstützt seine Arbeit und kann auch irgendwie nicht anders: "Sein Herzblut steckt drin. Ich kann niemandem verbieten, wofür er Feuer und Flamme ist." Sie weiß, wie wichtig ihm der Verein ist. Und trotzdem, auch ans Aufgeben hat er schon gedacht. Es gebe Tage, an denen es echt hart sei. Weil er mit der Arbeit nicht hinterherkommt oder viele Spieler im Training fehlen. Aber diese Tage gebe es zum Glück nicht so oft!"
Vorbild und Motivator im Verein
Seinen Spirit und diese Energie steckt viele im Verein ein. Nur so ist es möglich, einen Verein mit fast 200 Mitgliedern ehrenamtlich zu leiten. Vita sei auf jeden Fall auch ein "Workaholic", sagt Vorstandskollege Adrian Schubert. Er erlebe Vita Eisfeld als aufopferungsvoll. Ein Trainer im Verein, Clemens von Cramon-Taubadel, sagt: "An Vita ist das Besondere, dass er einfach vor Tatenkraft strotzt. Und da ist er einfach ein sehr gutes Vorbild für uns."
Übrigens spielt er auch noch in der aktiven Mannschaft, das genießt er total, aber: "Das ist tatsächlich meine letzte Saison, das ist auch ein Versprechen an die Frau und an die Familie." Der Mannschaft wird er dann fehlen, denn sein Trainer versichert: "So wie Vita als Vorstandsvorsitzender brennt, brennt er auch auf dem Platz für den Verein. Manchmal muss man ihn fast ein bisschen bremsen. Aber er bringt auf jeden Fall immer vollen Einsatz, das habe ich noch nie anders gesehen."
Träumen erlaubt: Vita Eisfeld hat noch viele Ideen
Er möchte noch mehr Möglichkeiten für Begegnung schaffen. Zum Beispiel, dass die wartenden Mütter, parallel zum Fußballtraining der Kinder, ein Sportangebot bekommen, dass es eine Krabbelgruppe für die wartenden kleinen Geschwisterkinder gibt oder Seniorensport für die Großeltern, die zum Abholen kommen: "Kurzum, eine Wohlfühloase, wo jegliche Generation zusammenkommen und aktiv Sport machen können." Das müsse übrigens nicht immer nur Fußball sein. "Hauptsache zusammen kommen und sich begegnen."
Auch als nach Trainingsende nochmal Kinder seinen Namen rufen, er eigentlich schon zu Hause bei seinem neugeborenen Sohn sein wollte, nimmt er sich Zeit für die Fragen der Kinder, gibt jedem Kind eine Antwort und bestellt Grüße an die Familie zu Hause. Es sind diese Kleinigkeiten, die den Kindern das Gefühl geben, dass sie hier auf dem Fußballplatz gesehen werden. Auch den Kindern, die dieses Gefühl im Alltag vielleicht nicht so oft bekommen.