Leichtathletik

Sprinter Owen Ansah vor Olympia: "Ich geh da hin und mach mein Ding"

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Autor/in
Marcel Fehr
Marcel Fehr auf der CMT

Owen Ansah hat Geschichte geschrieben. Bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig knackte er die historische Zehn-Sekunden-Marke über 100 Meter und damit den Deutschen Rekord. Trotz Verletzungen und rassistischen Beleidigungen hat sich der 23-jährige Mannheimer ganz nach oben gekämpft.

Owen Ansah kann es bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig kaum fassen, was er da gerade auf die Tartanbahn gezaubert hat: 9,99 Sekunden. Zur Bestätigung schaut er nochmal auf die Anzeigetafel: Persönliche Bestzeit und Deutscher Rekord. Er ist der erste deutsche Sprinter, der die magische Zehn-Sekunden-Marke unterbietet. Aber nach dem Erfolg kam sofort der Dämpfer: Eine Welle an rassistischen Beleidigungen überrollt den 23-Jährigen Mannheimer in den sozialen Medien. Zum Glück prallen die Hasskommentare am Rekordsprinter weitestgehend ab. Owen Ansah gilt als Frohnatur und konzentriert sich auf die positiven Dinge.

Sprinter Owen Ansah vor Olympia: "Ich geh da hin und mach mein Ding" | SWR Sport

Owen Ansah sprintet in neue Dimensionen

Eine neun vor dem Komma ist eine Zeit, von der die meisten 100-Meter-Sprinter auf der Welt träumen. In Deutschland blieb diese Marke lange unerreicht. Bis zuletzt stand der Deutsche Rekord von Julian Reus bei 10,01 Sekunden. Owen Ansah, der für den Hamburger SV startet und in Mannheim wohnt und trainiert, knackte mit seinem Rennen bei den Deutschen Meisterschaften die Norm für die Olympischen Spiele in Paris, den deutschen Rekord und verbesserte seine bisherige Bestmarke um sieben Hundertstel.

Kurz nach seinem Rennen überrollte ihn eine Welle an medialer Aufmerksamkeit: Social Media, Tagesschau und Radio, überall wurde über die Fabelzeit berichtet. Es hat einige Tage gedauert, bis all das auch beim 23-Jährigen Mannheimer angekommen ist: "Alle schauen auf eine Zeit unter zehn Sekunden und dass ich jetzt der Erste bin, freut mich mega."

Rassismus auf Social Media

Die große Aufmerksamkeit hatte auch ihre Schattenseiten und sorgte vor allem in den sozialen Medien für viele rassistische Beleidigungen. Der Deutsche Leichtathletik-Verband plant momentan gegen die Kommentare Strafanzeige zu erstatten und kooperiert mit der Staatsanwaltschaft.

Owen Ansah selbst reagiert eher cool und gelassen: "Ich lese mir das gar nicht erst durch und konzentriere mich in meinem Leben auf die positiven Dinge. Trotzdem wünsche ich mir, dass die Leute, die das schreiben, einfach damit aufhören. Und dass sie ihre gerechte Strafe dafür bekommen."

Trainer Sebastian Bayer gibt zwar zu bedenken, ob das Verdrängen solcher Themen auf Dauer gut gehen kann, ist aber stolz auf seinen Schützling: "Ich finde es extrem stark, wie Owen damit umgeht. Es ist höchstwahrscheinlich schon sein ganzes Leben so, dass er von Menschen anders angeschaut wird als ein Weißer und er diesen versteckten Rassismus dadurch schon kennt." Auch von prominenten Sportlern, wie Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo bekommt er Unterstützung: "Es tut mir natürlich Leid, aber Owen geht sehr positiv damit um und man darf nicht vergessen, wie viele sich auch für seine Leistung gefreut haben."

"Mein größtes Vorbild ist mein Vater"

Die Goldmedaille bei den Deutschen Meisterschaften schenkte Owen Ansah seinem Vater. Der hatte sich kurz vorher zu seinem Geburtstag den Deutschen Meistertitel für seinen Sohn gewünscht. Zu seinem Vater hat der Rekordsprinter eine ganz besondere Verbindung: "Früher hätte ich vielleicht Usain Bolt als Vorbild genommen aber mein eigentliches Vorbild ist mein Vater. Er kam 1988 mit nichts als einer Tasche aus Ghana nach Deutschland. Von ihm habe ich mein Selbstbewusstsein bekommen."

Owen Ansah mit seinem Vater.
Owen Ansah mit seinem Vater.

Der Vater, der einst selbst Leichtathletik betrieb, baute sich in Deutschland eine neue Zukunft auf und gründete eine Familie mit drei Kindern. Seinem Sohn habe er das "Sprinter-Mindset" mitgegeben, erklärt Owen stolz: "Er hat mir beigebracht, mein Ding zu machen und mich nicht verunsichern zu lassen."

Mannheimer Elite-Trainingsgruppe

2019 schloss sich der gebürtige Hamburger der Mannheimer Trainingsgruppe des ehemaligen Weltklasse-Weitspringers Sebastian Bayer an. Owen Ansah empfindet es als Ehre, dass er bei ihm trainieren kann und darf. Denn die Gruppe um Bayer ist gespickt mit der Crème de la Crème der deutschen Sprinter und Springer. Unter anderem trainiert dort der beste deutsche Weitspringer Simon Batz und mit Lucas Ansah-Prepah und auch Julian Wagner weitere Top-Sprinter, die sich ebenfalls für die Olympischen Spiele qualifiziert haben.

"Ich bin nicht leicht zu trainieren, ich brauche jemanden, der sich gut um mich kümmert", erklärt der neue deutsche Rekordhalter. Vor allem in seiner Verletzungsmisere im vergangenen Winter hat das eine große Rolle gespielt. Nach einer Schambeinentzündung und einem Ermüdungsbruch konnte Owen Ansah für mehrere Monate nicht vernünftig trainieren. Dank Rückhalt von Coach Sebastian Bayer, seiner Trainingsgruppe und seinem christlichen Glauben habe er diese schwiergie Zeit überstehen können.

"Ich mag Fashion"

Das größte Laster seines Schützlings hat Trainer Sebastian Bayer schnell identifiziert: "Er kauft einfach viel zu viele Klamotten und muss lernen, dass Kleidung und Style nicht alles sind." Beide kommen dabei um ein Schmunzeln nicht herum. Owen Ansah gesteht: "Ja, das stimmt, ich mag Fashion. Aber ich habe versprochen, dass ich aufhöre, so langsam habe ich echt genug Klamotten."

Olympische Spiele: "Ich geh da hin und mach' mein Ding"

Ähnlich wie beim momentan weltbesten Sprinter Noah Lyles ist der Start Owen Ansahs größte Schwäche. Im Training arbeitet er intensiv an den ersten Metern. Sobald er mal Fahrt aufgenommen hat, weiß er, dass "ich hinten raus einer der Stärksten bin in Deutschland".

Sollte er seinen Start bei den Olympischen Spielen in Paris gut treffen, wäre ein Platz im Halbfinale möglich. Aber darüber macht sich Owen Ansah keine größeren Gedanken. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Das gilt auch für seinen ersten Einzelstart auf der olympischen Bühne: "Ich geh da hin und mach' mein Ding."

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