Es ist schon eine kleine Basketball-Sensation: Der Deutsche Meister ratiopharm Ulm blamiert sich zuhause im württembergischen Derby gegen den Drittletzten der Tabelle, gegen Aufsteiger Tübingen, und ist bei der 76:97-Niederlage chancenlos. Die forsch aufspielenden Tübinger zeigen eine hoch fokussierte Vorstellung und gewinnen verdient auch in dieser Höhe. Damit vermiest der Aufsteiger dem Meister einen besonderen Abend, der eigentlich sehr feierlich werden sollte. Am Ende feierte der Aufsteiger.
Es sollte mit der Ehrung von Klublegende Per Günther am Samstag ein unvergesslicher Abend in der ausverkauften ratiopharm-Arena werden. Der wurde es dann auch - aber anders als gedacht. Vor dem Spiel wurde die besondere Leistung des ehemaligen Kapitäns, der 14 Jahre lang für Ulm gespielt hatte, gewürdigt. In einer feierlichen Zeremonie hat der Verein das Trikot der legendären Nummer Sechs unter die Hallendecke gezogen. Der anwesende Per Günther wurde von den 6.000 Fans gefeiert.
Tigers Tübingen kommen ohne große Mühe zum Ulmer Korb
Doch danach kam aus Ulmer Sicht ein Trauerspiel. Schon in den ersten Minuten kamen die Tübinger viel zu leicht direkt unter den Ulmer Korb. Bis zum Stand von 8:8 lieferte Trevion Williams noch beständig für den Meister ab. Alle Ulmer Punkte waren von ihm. Doch dann setzten sich die mutigen Gäste ab. Nach drei erfolgreichen Distanztreffern führten die Tigers 26:14. Tübingen wirkte frischer, spielte forsch auf, lag nach dem ersten Viertel 31:23 in Front.
Auch im zweiten Abschnitt waren die Hausherren defensiv oft zu schläfrig. Der Tübinger Aufbauspieler Jhivvan Jackson konnte geradezu ungestört durch die Ulmer Abwehr spazieren und für das 42:30 aus Tübinger Sicht sorgen. Nur selten gelangen den Ulmern gute Passstafetten, wie auf Thomas Klepeisz, der per Dreier auf 46:54 und damit auf zwölf Zähler Rückstand für sein Team verkürzen konnte. Bis zur Halbzeit kassierte der Deutsche Meister 56 Punkte vom Aufsteiger - Ausdruck einer desolaten Abwehrleistung.
Ratiopharm Ulm ohne Energie und Willen
In der zweiten Hälfe waren die Ulmer vor allem mit Einzelaktionen erfolgreich, während die Tübinger durch geschicktes Zusammenspiel punkteten. Ersek stand frei an der Dreierlinie. Kurz darauf traf Seric einen gut herausgespielten Halbdistanzwurf. Der Ulmer Trainer Anton Gavel musste beim Stand von 61:77 die nächste Auszeit nehmen. Doch auch danach waren es die Tübinger, die mehr Elan zeigten und jedem Ball hinterher hechteten. 69:83 nach drei Vierteln aus Ulmer Sicht.
Macht der Meister im letzten Viertel ernst? Wenigstens ein Aufbäumen? Das Gegenteil traf ein. Das Ulmer Spiel blieb blutleer. Die Würfe gingen nicht rein. Die Tigers krallten sich mit ihrer bissigen Defensive immer wieder den Ball und trafen weiterhin hochprozentig mit einer überragenden kämpferischen und taktischen Teamleistung. Spielmacher Jhivvan Jackson war nicht mehr zu stoppen. Am Ende gab es für die Ulmer nichts mehr zu feiern. Da half auch kein Per Günther mehr in der Halle. Die Freude der Tübinger über ihren Coup nach einer grandiosen Leistung war dafür fast grenzenlos.