"Wir sind total enttäuscht, total leer." So beschrieb Freiburgs Stürmer Michael Gregoritsch seinen Gemütszustand nach dem Spiel. "Wir haben uns natürlich etwas erhofft, vor allem nach dem Hinspiel, aber heute waren wir leider deutlich schwächer und deswegen sind wir verdient raus", fasste der Österreicher das Spiel zusammen. Im Achtelfinal-Hinspiel hatte er noch das 1:0-Siegtor gemacht und so eine gute Ausgangslage für das Spiel in London geschaffen.
Fehlerhafte Defensive, harmlose Offensive
In den entscheidenden Momenten sei der Sport-Club nicht gut genug gewesen, sagte Gregoritsch. Damit meinte er die fehleranfällige Defensive der Breisgauer. Bereits in der 9. Minute gingen die Gastgeber in Führung. Lucas Paquetá konnte den Ball ungestört zur 1:0-Führung einschieben. Im Gegenzug verpasste Freiburgs Roland Sallai den direkten Ausgleich. "Wir haben vielleicht den ein oder anderen Ansatz gehabt, kommen dann vor das Tor, aber waren nicht so gefährlich", meinte Vincenzo Grifo. Der Sport-Club habe keine Lücken und Räume gefunden. Stattdessen konnten die Londoner noch vor der Halbzeitpause auf 2:0 erhöhen. In der zweiten Hälfte agierte Freiburg dann mehr und mehr chancenlos. West Hams Aaron Cresswell hatte vor dem 0:3 Zeit und Platz abzuschließen, weil kein Freiburger nah genug bei ihm war. Dem 0:4 war ein nahezu ungestörter Solo-Lauf von Mohammed Kudus vorausgegangen. Er traf auch zum 0:5-Endstand und besiegelte den bitteren Abend der Freiburger.
Matthias Ginter: West Ham "eine Nummer zu groß"
Damit kassierten die Freiburger ihre höchste Niederlage auf internationaler Bühne. Auch weil sie einfach "keinen guten Tag" hatten, sagte Verteidiger Matthias Ginter. Im Gegensatz zum Hinspiel, wo Freiburg einen wahnsinnigen Aufwand betrieben habe, um ein Tor zu schießen, sei West Ham einfach extrem effizient gewesen. Die Niederlage sei "sehr, sehr schmerzhaft", dennoch blickt Ginter insgesamt zufrieden auf die Freiburger Auftritte in der Europa League: "Wir haben eigentlich - bis auf heute - eine gute Runde gespielt. Wir haben in der Saison drei Niederlagen gehabt, dreimal gegen West Ham, das ist dann vielleicht doch noch eine Nummer zu groß. Aber grundsätzlich sind wir jetzt zweimal ins Achtelfinale gekommen."
SC-Sportvorstand Jochen Saier sah das ähnlich: "Es tut schon weh. Aber wenn man die gesamte Reise betrachtet, finde ich, da haben wir aus unseren Möglichkeiten das Maximale herausgeholt. Wir haben in der Gruppenphase ja schon erlebt, dass wir hier einen sehr schwierigen Auftritt hatten." In den entscheidenden Momenten, das müsse man anerkennen, habe der SC es nicht verteidigen können und verdient verloren. "Aber wenn man das Bild ein bisschen größer zieht, finde ich schon, dass es bislang eine sehr gute Reise war."
Verlängert er oder hört er auf? Streichs Entscheidung nächste Woche
Vor dem Spiel hatte Christian Streich angekündigt, nächste Woche zu verkünden, ob er seinen Vertrag als Cheftrainer verlängert. Nach dem Spiel gab sich Jochen Saier zu dem Thema gewohnt gelassen. Wie all die Jahre sei es jetzt eigentlich auch nichts Besonderes. Die Entscheidung sei auf der Zielgeraden. "Von dem her müssen wir jetzt einfach abwarten. Dann werden wir sehen, wie es ausgeht." Geht es nach den Spielern, soll Christian Streich gerne noch mindestens ein Jahr dranhängen. So hofft Matthias Ginter, dass er weitermacht, ergänzt aber auch: "Klar ist natürlich, wenn jemand zehn oder 15 Jahre in dem Profibereich arbeitet: Das ist schon kräftezehrend. Deswegen ist es uns allen bewusst, dass früher oder später der Tag kommen wird, wo er aufhört. Aber wir hoffen natürlich alle, dass der Tag noch ein paar Jahre nach hinten verschoben wird."
Ob das Achtelfinal-Rückspiel in London das letzte europäische Spiel der Freiburger mit Christian Streich als Cheftrainer war, ist also fraglich. Ob sich der Sport-Club für die kommende Saison überhaupt qualifiziert, zeigt sich in den anstehenden Bundesliga-Wochen. Im Liga-Alltag erwarten die Freiburger am Sonntag Tabellenführer Leverkusen. Es bleibt also nicht viel Zeit, dem bitteren Abend in London nachzutrauern.