Waldemar Anton

Kapitän will den VfB verlassen

Erloschene Liebe und Fan-Wut: Waldemar Anton vor letztem "Heimspiel" in Stuttgart

Stand
Autor/in
Michi Glang
Interview
Andreas Köstler

Im EM-Viertelfinale gegen Spanien betritt Waldemar Anton die Stuttgarter Arena voraussichtlich das letzte Mal als VfB-Profi. Sein Wechselwunsch sorgt für Diskussionen.

Einen Tag vor dem Viertelfinal-Kracher am Freitag (18 Uhr im Ersten und im Audiostream auf sportschau.de) bestätigte VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, was sich über Wochen angedeutet hatte: Kapitän Waldemar Anton und Top-Torjäger Serhou Guirassy haben den Klub darüber informiert, den VfB zu verlassen.

"Das sind die Fakten, andere Fakten gibt es nicht. Das heißt, beide sind aktuell Spieler des VfB Stuttgart und so gehen wir auch mit ihnen um", sagte Wohlgemuth im Gespräch mit SWR Sport. Wie lange sie das noch seien, darüber wolle er nicht spekulieren. Sowohl Guirassy als auch Anton sollen eine Ausstiegsklausel im Vertrag haben. Bei beiden Profis gilt ein Wechsel zu Borussia Dortmund als wahrscheinlich.

Kehrtwende bei Waldemar Anton

Während sich der Aufschrei um Guirassy in Grenzen hält, hat der sich andeutende Abschied von Kapitän Anton die Anhänger der Schwaben getroffen. Der 27-Jährige hatte noch im Januar seinen Vertrag langfristig verlängert und in den letzten Monaten mehrmals betont, wie sehr er zu schätzen wisse, was er am VfB hat.

Das alles scheint jetzt Makulatur zu sein. Was nun ausschlaggebend für den Wechselwunsch ist - ob sportliche oder finanzielle Aspekte - darüber lässt sich nur spekulieren. Fakt ist, dass Anton bei den VfB-Fans seit Aufkeimen der ersten Gerüchte einen äußerst schweren Stand hat.

Als der Innenverteidiger in den Schlussminuten des EM-Achtelfinals gegen Dänemark eingewechselt wurde, waren beim Public Viewing auf dem Stuttgarter Schlossplatz Buhrufe zu hören. Kurz nach Abpfiff gratulierte der VfB der Nationalmannschaft zum Einzug ins Viertelfinale - mit Verweis auf Antons Einwechslung. Was folgte, war eine Tirade der VfB-Fans. "Wir sind Stuttgarter und du nicht", war da unter anderem zu lesen und noch einer der harmlosen Kommentare.

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VfB-Trainer Sebastian Hoeneß bedauert Antons Wechselwunsch

Anton und der VfB - da geht etwas zu Ende, was lange Zeit nach einer stabilen Liebesbeziehung aussah. Der Abwehrmann war 2020 von Hannover 96 an den Neckar gekommen, mauserte sich schnell zum Stammspieler und legte eine rasante Entwicklung hin. In der abgelaufenen Spielzeit war Anton neben Leverkusens Jonathan Tah und Odilon Kossounou der stärkste Innenverteidiger der Bundesliga. Nach der Vizemeisterschaft bejubelten die VfB-Fans all ihre Helden, doch Anton war als Kapitän und Gesicht des Aufschwungs für sie einer der ganz Großen. Nun ist nichts mehr davon übrig.

Sebastian Hoeneß bedauert Antons Entscheidung, den Klub zu verlassen. "Ich werde zu Waldi nicht mehr allzu viel sagen. Aber eins werde ich nicht machen: ihn nachträglich beschmutzen. Der Waldi hat sich, seit ich da bin, mit Haut und Haaren mit allem identifiziert, was wir hier gemacht haben", sagte der VfB-Coach am Rande des Trainingsauftakts im Gespräch mit SWR Sport. "Er hat sich reingehauen und war ganz klar ein Bestandteil für die erfolgreiche Saison."

Für Hoeneß war Anton "ein großartiger Kapitän", den er gerne weiter bei den Schwaben gesehen hätte. Dass es nicht dazu kommt, liege auch daran, dass der VfB "ein Stück weit vom Geschäft eingeholt" werde. Die großen Klubs wildern bei denen, die es zuletzt trotz geringerer finanzieller Mittel besser gemacht haben. Das war schon immer so.

Waldemar Anton und ein Treuebekenntnis an den VfB

Bei Anton sah es lange so aus, als würde er den Lockrufen anderer Klubs trotzdem widerstehen. Jetzt sieht er dann doch die Zeit für den nächsten Karriereschritt gekommen. Das ist legitim. Das sind die Emotionen der Fans aber auch. "Warum sollte ich ständig wechseln, wenn ich mich in einer Stadt oder bei einem Verein wohlfühle?", hatte Anton im April in "11Freunde" gefragt. Es klang wie ein Treuebekenntnis an den Klub, den er jetzt verlässt. Die Liebe ist erloschen, die Wut der Fans ist groß.

Beim EM-Viertelfinale gegen Spanien kommt Anton nun wohl ein letztes Mal als VfB-Profi in die Stuttgarter Arena. Als im zweiten Gruppenspiel gegen Ungarn Chris Führich und Deniz Undav eingewechselt wurden, wurden sie mit Applaus begrüßt. Bei Anton könnte das anders sein. Ein deutscher Nationalspieler, der von Teilen des eigenen Publikums ausgepfiffen wird? Bei der Heim-EM? Es wäre der unwürdige Schlusspunkt einer Beziehung, in der es lange Zeit so aussah, als gäbe es nur Gewinner.

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