Kapitän verlässt den VfB Stuttgart

Erloschene Liebe und Fan-Wut: Waldemar Antons letztes "Heimspiel" in Stuttgart

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Autor/in
Michi Glang

Waldemar Anton wurde bei seiner Einwechslung im Viertelfinale der EURO 2024 gegen Spanien vom Stuttgarter Publikum ausgepfiffen - Grund dafür ist sein Wechsel zu Borussia Dortmund.

Als Waldemar Anton das Spielfeld betrat, war es erst einmal vorbei mit der guten Laune. Minuten zuvor hatten die Fans der deutschen Nationalmannschaft noch Florian Wirtz' späten Ausgleichstreffer im Viertelfinale der EURO 2024 gegen Spanien gefeiert. Doch plötzlich hallten gellende Pfiffe durch die Stuttgarter EM-Arena. Die Pfiffe der Fans waren nach wenigen Sekunden wieder verhallt - die Unterstützung der DFB-Elf war den meisten in diesem Moment dann doch wichtiger. Doch die Wut vieler Stuttgarter Fußball-Fans auf Waldemar Anton schwelte weiter.

Denn einen Tag vor dem dramatischen Viertelfinal-Aus des DFB-Teams bei der Heim-EM hatte VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth bestätigt, was sich über Wochen angedeutet hatte: Kapitän Waldemar Anton und Stürmer Serhou Guirassy wollten den VfB Stuttgart verlassen. Wenige Tage später war Antons Wechsel zu Borussia Dortmund fix. Guirassy wird dem Vernehmen nach bald folgen.

Kehrtwende bei Waldemar Anton

Während sich der Aufschrei um Guirassy in Grenzen hält, hat der sich andeutende Abschied von Kapitän Anton die Anhänger der Schwaben getroffen. Der 27-Jährige hatte noch im Januar seinen Vertrag langfristig verlängert und in den letzten Monaten mehrmals betont, wie sehr er zu schätzen wisse, was er am VfB hat.

Das alles scheint jetzt Makulatur zu sein. Welche Rolle die sportlichen Aspekte bei Antons Wechsel vom Vizemeister zum Champions-League-Finalisten gespielt haben, ist offen. Allerdings ließ Wohlgemuth durchblicken, dass Anton bei Borussia Dortmund deutlich mehr Geld verdienen wird: "Wenn jemand seine wirtschaftliche Situation derart signifikant verändern kann, dann wird derjenige das im Zweifel tun. Aber das ist das Prinzip Nahrungskette." Fakt ist, dass Anton bei den VfB-Fans seit Aufkeimen der ersten Gerüchte einen äußerst schweren Stand hatte.

Anton schon im Achtelfinale gegen Dänemark ausgebuht

Schon als der Innenverteidiger in den Schlussminuten des EM-Achtelfinals gegen Dänemark eingewechselt wurde, waren beim Public Viewing auf dem Stuttgarter Schlossplatz Buhrufe zu hören. Kurz nach Abpfiff gratulierte der VfB der Nationalmannschaft zum Einzug ins Viertelfinale - mit Verweis auf Antons Einwechslung. Was folgte, war eine Tirade der VfB-Fans. "Wir sind Stuttgarter und du nicht", war da unter anderem zu lesen.

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VfB-Trainer Sebastian Hoeneß bedauert Antons Wechselwunsch

Anton und der VfB - da geht etwas zu Ende, was lange Zeit nach einer stabilen Liebesbeziehung aussah. Der Abwehrmann war 2020 von Hannover 96 an den Neckar gekommen, mauserte sich schnell zum Stammspieler und legte eine rasante Entwicklung hin. In der abgelaufenen Spielzeit war Anton neben den Leverkusenern Jonathan Tah und Odilon Kossounou der stärkste Innenverteidiger der Bundesliga. Nach der Vizemeisterschaft bejubelten die VfB-Fans all ihre Helden, doch Anton war als Kapitän und Gesicht des Aufschwungs für sie einer der ganz Großen. Nun ist nichts mehr davon übrig.

Sebastian Hoeneß bedauert Antons Entscheidung, den Klub zu verlassen. "Ich werde zu Waldi nicht mehr allzu viel sagen. Aber eins werde ich nicht machen: ihn nachträglich beschmutzen. Der Waldi hat sich, seit ich da bin, mit Haut und Haaren mit allem identifiziert, was wir hier gemacht haben", sagte der VfB-Coach am Rande des Trainingsauftakts im Gespräch mit SWR Sport. "Er hat sich reingehauen und war ganz klar ein Bestandteil für die erfolgreiche Saison."

VfB Stuttgart "ein Stück weit vom Geschäft eingeholt"

Für Hoeneß war Anton "ein großartiger Kapitän", den er gerne weiter bei den Schwaben gesehen hätte. Dass es nicht dazu kommt, liege auch daran, dass der VfB "ein Stück weit vom Geschäft eingeholt" werde. Die großen Klubs wildern bei denen, die es zuletzt trotz geringerer finanzieller Mittel besser gemacht haben. Das war schon immer so.

Waldemar Anton und ein Treuebekenntnis an den VfB

Bei Anton sah es lange so aus, als würde er den Lockrufen anderer Klubs trotzdem widerstehen. Jetzt sieht er dann doch die Zeit für den nächsten Karriereschritt gekommen. Das ist legitim. Das sind die Emotionen der Fans aber auch. "Warum sollte ich ständig wechseln, wenn ich mich in einer Stadt oder bei einem Verein wohlfühle?", hatte Anton im April im "11Freunde"-Interview gefragt. Es klang wie ein Treuebekenntnis an den Klub, den er jetzt verlässt. Die Liebe ist erloschen, die Wut der Fans ist groß.

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Michi Glang