Begonnen hat die Weltkarriere von Jürgen Klinsmann in den 80er Jahren beim VfB Stuttgart. Dabei beeindruckte von Anfang an weniger sein überragendes Talent als der Wille und der Enthusiasmus, mit dem der Angreifer ans Werk ging. Fünf Jahre lang war sein mitreißender Torjubel im Stuttgarter Neckarstadion prägend. Das schwäbische Juwel mit dem Torriecher war am Neckar aber irgendwann nicht mehr zu halten - trotz der elterlichen Bäckerei Klinsmann in Botnang, wo er noch gelernt hatte, echte schwäbische Brezeln zu backen.
Klinsmann war immer einer, der vorangegangen ist. Sein Ehrgeiz, gepaart mit seinem Torriecher, bescherten ihm als Spieler eine Weltkarriere. Inter Mailand, AS Monaco und Tottenham Hotspur, FC Bayern und Sampdoria Genua hießen die weiteren Stationen. Und egal, wo er war: Klinsmann traf.
In der englischen Premier League verpassten ihm gegnerische Anhänger schnell einen Spitznamen. "The Diver" - Der Taucher wurde Klinsmann wegen seines angeblichen Hangs zu Schwalben genannt. Bei seinem nächsten Treffer nahm Klinsmann Anlauf und warf sich - die Arme ausgebreitet - auf den Boden und rutschte auf dem Bauch Richtung Kurve. Der Taucher hatte wieder zugeschlagen. Mit dieser einen selbstironischen Aktion hatte er die Herzen der Fans auf der Insel gewonnen.
Klinsmann - der Welt- und Europameister
Mit der Nationalmannschaft feierte Klinsmann die größten Erfolge. 1990 wurde er unter Teamchef Franz Beckenbauer in seiner Wahlheimat Italien Weltmeister. Sechs Jahre später sicherte sich mit dem DFB-Team den Europameister-Titel in England. Trainer war damals Berti Vogts.
Beckenbauer und Vogts haben ihn sicherlich auch für seine eigene Trainerkarriere geprägt. Als Teamchef der DFB-Elf initiierte er 2006 das Sommermärchen. Es ist wohl das größte Vermächtnis seiner Karriere. Aus einem scheinbar frustierten Land mit einer chancenlosen Nationalmannschaft wurde binnen weniger Wochen ein weltoffenes, feierndes Deutschland mit einem Team, das auch sportlich das Land mitriss.
Klinsmann zuletzt in Südkorea tätig
Es war gleichzeitig Auftakt und Höhepunkt seiner Trainerkarriere. Seine Station FC Bayern wurde zum Missverständnis. Als Nationaltrainer der USA stellte er zwar die Weichen für eine sportlich erfolgreiche Zukunft, musste aber 2016 seinen Hut nehmen.
Bei Hertha BSC wurde er 2019 zunächst von Investor Lars Windhorst in den Aufsichtsrat berufen und später als Trainer eingestellt, um den sportlichen Niedergang zu verhindern. Es folgte eine Posse, die in Klinsmanns Facebook-Video gipfelte, in dem er seinen Abschied verkündete. Zuletzt trainierte Klinsmann die Auswahl Südkoreas, wurde dort nach dem Halbfinal-Aus beim Asien Cup im Februar entlassen.
Viel gesehen, viel erlebt, viel gewonnen: Nun wird Jürgen Klinsmann 60 Jahre alt. Anzusehen ist es ihm kaum. Der Blondschopf wirkt noch immer vital wie im November 1987, als er mit einem Fallrückzieher gegen den FC Bayern das Tor des Jahres erzielte. Bei allen Erfolgen auf internationaler Ebene: Fans des VfB Stuttgart werden beim Namen Klinsmann immer zuerst an dieses Tor denken.