Ich muss zugeben, die Mainzer Philosophie hat mich bislang immer überzeugt - und es hatte ja auch fast schon etwas Familiäres, bei der Trainerwahl häufig auf eigenes Personal zurückzugreifen. Es begann am Rosenmontag vor 23 Jahren. Eckardt Krautzun wurde beim abstiegsbedrohten Zweitligisten entlassen - und ein gewisser Jürgen Klopp, damals verletzter Abwehrspieler, als Nachfolger präsentiert.
Was danach passierte, dürfte auch den eher weniger auf den FSV Mainz 05 fokussierten Fußballfans bekannt sein. Der spätere Welttrainer Klopp schaffte den Klassenerhalt und führte die Rheinhessen 2004 erstmals in die Bundesliga. Wo sich die Mainzer drei Jahre halten konnten.
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Die Riege der "internen" Lösungen: Tuchel, Schmidt, Schwarz, Svensson
Die Tradition mit dem eigenen Personal aber blieb. Nachdem der "Externe" Jörn Andersen trotz Wiederaufstieg kurz vor Saisonbeginn 2009 entlassen wurde, übernahm Thomas Tuchel. Er war mit der U 19, unter anderem mit dem späteren Weltmeister André Schürrle, kurz zuvor deutscher Meister geworden. Fünf Jahre blieb Tuchel in Mainz, dann trat er von sich aus zurück. Als danach auch das nächste Experiment mit einem Coach von außen, der Däne Kasper Hjulmand wurde nach nur sieben Monaten entlassen, scheiterte, rückte mit Martin Schmidt der Trainer der zweiten Mannschaft nach. Was zwei Jahre funktionierte.
Dann folgte mit Sandro Schwarz - ebenfalls für gut zwei Jahre - erneut der Coach der zweiten Garnitur. Der anschließende Fehlgriff mit Achim Beierlorzer wurde schließlich, nach zwei Interimslösungen, mit der Rückkehr des früheren Abwehrspielers Bo Svensson korrigiert. Eine Erfolgsgeschichte, die bis zum vergangenen November anhielt.
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Jan Siewert vor dem Aus?
Und jetzt? Ausgerechnet - wobei ich den Begriff eigentlich vermeide - also ausgerechnet am Rosenmontag steht der FSV Mainz 05 vor einer wieder einmal sehr wichtigen Entscheidung. Das erneute Experiment mit einem "Internen", Jan Siewert kam 2020 als Cheftrainer des Nachwuchs- Leistungszentrums nach Mainz, ist für mich gescheitert. Natürlich war es für den Sportvorstand Christian Heidel und für den als Sportdirektor zurückgekehrten Martin Schmidt aufgrund der sehr guten Erfahrungen nachvollziehbar, Siewert zu befördern.
Nach 11 Spielen ohne Sieg, aber auch nach den teilweise uninspirierten Leistungen des Personals auf dem Rasen, besteht aber dringend Handlungsbedarf. Noch stehen 13 Spieltage auf dem Programm, noch ist der Klassenerhalt machbar. Gut möglich also, dass den Worten von Martin Schmidt ("Wir müssen etwas ändern") bald auch Taten folgen werden.