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Gut zehn Jahre nach dem Phantomtor: Keine "Phantomschmerzen" bei der TSG

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Plötzlich lag der Ball im Tor der TSG Hoffenheim und niemand wusste so recht, wie er dorthin gekommen war: "Torschütze" Stefan Kießling nicht und Schiedsrichter Felix Brych auch nicht. Erst die TV-Bilder brachten Aufklärung. Am Samstag trifft die TSG nun wieder auf Leverkusen.

Mit Rückkehrer Andrej Kramaric geht die TSG Hoffenheim ins Spiel gegen Bayer Leverkusen. Es ist das Duell, in dem vor rund zehn Jahren Stefan Kießling sein legendäres Phantom-Tor erzielte. Bei der TSG Hoffenheim ist mittlerweile Gras gewachsen über die Episode.

"Es gibt keine Phantomschmerzen, es gibt vielleicht ein Phantomlächeln", sagte ein gute aufgelegter Alexander Rosen im Gespräch mit SWR Sport. "Ich habe es mir mittlerweile nochmal angesehen und es war wirklich eine skurrile Situation damals", so der Geschäftsführer Sport weiter. Groll hegt in Hoffenheim auf jeden Fall niemand mehr wegen der Geschichte.

Kießling will nichts mehr zum "Tor" sagen

Als Protagonist des Phantom-Tors will Stefan Kießling heute lieber nichts dazu mehr sagen. Fest steht: Es war eine der kuriosesten Szenen der Bundesliga-Geschichte. Für alle damals Beteiligten und viele Fans ist der 18. Oktober 2013 unvergessen: Vor zehn Jahren erzielte der Leverkusener Stürmer im Sinsheimer Stadion einen Kopfball-Treffer durch ein Loch im Außennetz.

"Ich war im ersten Moment natürlich überrascht. Denn ich habe im ersten Moment gedacht, der geht nicht rein", sagte der sagte der Phantom-Tor-Schütze unmittelbar nach dem Spiel. "Ich habe mich auch weggedreht, deswegen konnte ich den End-Einschlag nicht sehen." Auch der damalige Hoffenheim-Coach Markus Gisdol empfand die Szene als "sehr kurios".

Koen Casteels glaubt zunächst an einen Stellungsfehler

Kießling hat nicht gejubelt. Die Hoffenheimer Abwehrspieler hatten sich aber lautstark über das vermeintliche Gegentor geärgert. "Aufgrund dessen, dass wir nicht großartig protestiert haben, wurde ich auch ein wenig verunsichert", sagte Eugen Polanski. Der damalige Hoffenheim-Keeper Koen Casteels suchte die Schuld zunächst bei sich: "Ich hatte auch ein komisches Gefühl, als der Ball neben mir vorbei ging. Aber dann denkst du eigentlich eher an einen Stellungsfehler von dir selber, dass die rechte vielleicht ein bisschen zu offen war, als dass du denkst, da ist ein Loch im Tor."

Schiedsrichter Felix Brych vom Hoffenheimer Frust irritiert

Doch Schiedsrichter Felix Brych zeigte auf den Punkt: "Ich kleine Zweifel. Aber die Spieler-Reaktionen waren eindeutig: Es gab überhaupt keine Anzeichen, dass es irgendwie ein irreguläres Tor hätte sein können. Also habe ich Tor gegeben." Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen ist heute davon überzeugt, dass das denkwürdige Tor den Fußball nachhaltig verändert hat.

Kießlings Phantom-Tor als Initialzündung für die Torlinien-Technik

"Die Situation war auf jeden Fall sehr skurril. Aber so bitter diese Niederlage und vor allem der Spielverlauf für uns damals auch war, so sehr hat dieses zweite Phantom-Tor der Bundesliga-Geschichte den Grundstein für die heutige Torlinien-Technik gelegt, die nur rund ein Jahr nach dem vermeintlichen Kießling-Treffer von den Liga-Vertretern beschlossen wurde", sagte der 44-jährige Rosen.

Die Zuschauer bei der Partie TSG Hoffenheim gegen Bayer Leverkusen (1:2) nahmen Kießlings Aktion unterschiedlich wahr. Manche erlebten es wie Rosen: "Ich war erleichtert, dass der Ball offensichtlich vorbeiging, doch auf einmal fing ein Leverkusener mit etwas Zeitverzögerung an zu jubeln." Die Fernsehbilder zeigten dann schnell, auf welch irregulärem Weg der Ball im Tor gelandet war. Doch Videoassistenten, die sich die Bilder noch einmal anschauen und den Unparteiischen auf Fehler hinweisen, gab es damals noch nicht.

Brych und Kießling unter Druck

So wurde der Treffer von Schiedsrichter Brych gegeben. Der Münchner musste sich ebenso wie Kießling danach viel öffentliche Schelte anhören. "Das war nicht so toll für mich, da hat sogar meine WM-Teilnahme gewackelt. Der Druck war wochenlang sehr hoch", erinnerte sich Brych. Kießling, so hieß es seiner Zeit, hätte einen Fair-Play-Preis gewinnen können - wenn er auf dem Platz eingeräumt hätte, dass er nur das Außennetz getroffen hat.

Stefan Kießling hat das Phantom-Tor gegen die TSG Hoffenheim erzielt.
Phantom-Torschütze Stefan Kießling stand noch Monate später im Kreuzfeuer der Kritik und musste so manchen Spott über sich ergehen lassen.

Trotz der eindeutigen TV-Aufnahmen gab das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dem Einspruch der Hoffenheimer und der Forderung nach einem Wiederholungsspiel nicht statt. Der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz berief sich zehn Tage später auf die Tatsachenentscheidung des Referees, die im FIFA-Reglement vorgegeben ist.

Kein Wiederholungsspiel für Hoffenheim

Kießling blieb auch in dem von großem Medien-Interesse begleiteten DFB-Verfahren in Frankfurt/Main bei seiner Darstellung, die Situation nicht gesehen zu haben. Brych hatte nach eigenen Angaben "den Ball aus den Augen verloren". Auch seine Assistenten konnten ihm nicht helfen.

Stefan Kießling hat das Phantom-Tor gegen die TSG Hoffenheim erzielt.
Phantom-Tor-Schütze Stefan Kießling traf beim DFB-Sportgericht auf Hoffenheims Alexander Rosen.

"Ich würde heute genauso urteilen, wenn wir den Sachverhalt so zu prüfen hätten, wie er vor zehn Jahren vorgelegen hat. Durch die Einführung des Videoassistenten kann es solche Irrtümer heute nicht mehr geben", sagte Lorenz. Kießling, der damals von Bundestrainer Joachim Löw keine Berücksichtigung gefunden hatte, musste sich bei der öffentlichen Verhandlung zudem noch diesen Scherz von Lorenz anhören: "Jetzt haben Sie endlich mal eine Einladung vom DFB bekommen."

Hoffenheim mit Geldstrafe für das kaputte Netz

Aber auch die Hoffenheimer mussten sich was anhören. "Wer mit einem defekten Netz in ein Bundesliga-Spiel geht, muss sich nicht wundern, wenn es ein defektes Ergebnis gibt", so der DFB-Richter. Am Ende hatte das löchrige Tornetz der TSG Hoffenheim sogar einen richtig guten Zweck: Es wurde 2014 versteigert und brachte 100.000 Euro zugunsten der Aktion "Ein Herz für Kinder".

Stefan Kießling hat das Phantom-Tor gegen die TSG Hoffenheim erzielt.
Die TSG Hoffenheim musste wegen des kaputten Netzes auch noch eine Geldstrafe zahlen.

Mit seinem Phantom-Tor hat Kießling allerdings kein Alleinstellungsmerkmal. Das erste - allerdings anderer Art - erzielte 1994 Thomas Helmer (58) für den FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg (2:1). Der Verteidiger hatte den Ball am Tor vorbei bugsiert, doch durch ein Missverständnis zwischen Schiedsrichter Harm Osmers und seinem Assistenten Jörg Jablonski wurde der Treffer anerkannt. Hier gab es allerdings später ein Wiederholungsspiel.

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